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0011 - Der Irre mit der Teufelsgeige

0011 - Der Irre mit der Teufelsgeige

Titel: 0011 - Der Irre mit der Teufelsgeige
Autoren: Jason Dark
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Zimmer!«
    Die Stimme war nur ein Hauch, dicht am linken Ohr.
    Ich stieg eine enge Wendeltreppe hoch in die erste Etage. Das Haus war hier nicht gut abgedichtet, durch die Ritzen pfiff der Wind.
    Das Zimmer des Mädchens war nur eine Kammer. Ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl, ein Schrank. Auf dem Tisch stand eine runde Waschschüssel.
    Im Licht zweier Kerzen konnte ich mir das Mädchen genauer ansehen. Es war ungefähr achtzehn Jahre und auf eine wilde Art hübsch. Am schönsten war das rote lockige Haar. Es berührte fast die Schultern und umrahmte ein schmales, bleiches Gesicht. Das Mädchen trug ein bis zu den Waden reichendes Kleid aus grobem Stoff. Um die Schultern hatte es eine gestrickte Stola gelegt.
    »Woher kennen Sie mich?« fragte ich sie.
    Sie sah mich aus großen Augen an. Die Farbe schien grün zu sein. So genau konnte ich das allerdings im Kerzenlicht nicht erkennen.
    »Man hat viel über Sie gesprochen in den letzten Tagen«, gab sie zu. »Die Leute hier stehen unter dem Bann des Professors. Er macht sie mit seinem Geigenspiel verrückt. Er hat Schallplatten verteilt. Wir haben noch alte Grammophone. Dort lassen wir die Platten ablaufen. Und immer, wenn die Musik erklingt, ist es soweit. Dann müssen die Menschen in sein Haus kommen.«
    »Aber Sie nicht«, sagte ich.
    »Nein.«
    »Darf ich den Grund erfahren?«
    Sie senkte den Kopf. »Ich bin sehr gläubig, Mr. Sinclair. Immer wenn dieses teuflische Geigenspiel erklingt, stecke ich mir Watte in die Ohren und bete. Bisher ist alles gutgegangen. Ich weiß, dass der Professor mit dem Teufel im Bunde steht.« Sie trat auf mich zu und umfasste meine Arme in Höhe der Ellenbogen. »Bitte, Mr. Sinclair, retten Sie die Menschen hier. Ich flehe Sie an.«
    »Wie heißen Sie?« wollte ich wissen.
    »Monja. Monja Dunhill. Aber Sie können ruhig du zu mir sagen. Ich bin erst siebzehn.«
    »Okay, Monja. Wenn du mir hilfst, helfe ich dir auch, abgemacht?«
    »Ja, Mr. Sinclair.« Sie sah mich fest an, und in ihren Augen las ich ein unsagbares Vertrauen. »Wann wird das Geigenspiel wieder erklingen?«
    »Bald. Es müsste eigentlich gleich soweit sein. Dann legt mein Vater – er ist der Wirt hier – die Platte auf. Die Menschen verlassen anschließend geschlossen das Dorf und gehen zu dem Landhaus.«
    Ich lächelte hart. »Diesmal wird es eine Person mehr sein. Ich werde mich der Gruppe anschließen.«
    »Aber das ist gefährlich«, warnte Monja. »Ich…« Sie verstummte. Das Geigenspiel war aufgeklungen.
    Ich schob das Mädchen zur Seite und ging auf die Tür zu. »Jetzt drücke mir am besten nur die Daumen«, sagte ich. Dann schlich ich auf Zehenspitzen die steile Treppe hinunter…
    ***
    Meine Augen hatten sich inzwischen gut an die Dunkelheit gewöhnt. Je weiter ich mich dem Erdgeschoss näherte, um so lauter wurde das Spiel der Geige. Es war eine alte Platte. Sie leierte. Und da auch das Grammophon schon eine Menge Jahre auf dem Buckel hatte, war die Musik dementsprechend. Aber sie tat ihre Wirkung.
    Ich hörte das Schlurfen von Schritten und vernahm das Scharren von Stiefelsohlen. Die Menschen mussten wie die Tiere aus ihren Höhlen gekommen sein. Die Musik lockte sie. Diese schrillen, misstönenden Geigenklänge, die für das Ohr eines Normalsterblichen eine Qual bedeuteten.
    Ich blieb auf halber Treppe stehen. Drückte mich eng gegen die Wand. Unten schlug eine Tür. Dann hörte ich eine tiefe Männerstimme.
    »Sind die anderen soweit? Zarcadi wartet nicht gem.«
    Es war die Stimme des Wirtes. Eine Frau antwortete ihm. »Ja, wir können gehen.«
    Die Stimmen entfernten sich. Ich nahm an, dass die Menschen durch die Gaststube gingen. Ich hütete mich, ihnen sofort zu folgen. Unter keinen Umständen sollten sie mich entdecken. Dass die Wirkung des Kreuzes nicht von Dauer war, hatten mir die letzten Minuten gezeigt. Sobald das Spiel aufklang, zog die finstere Melodie die Menschen wieder in ihren Bann.
    Die Musik verstummte. Es wurde still.
    Ich wagte es und schritt auf Zehenspitzen die restlichen Stufen hinunter. Mit dem Handrücken drückte ich die Tür zum Gastraum auf, durchquerte ihn und erreichte die Straße.
    Wie ein Tuch lag die Dunkelheit über dem Ort. Von den Bergen her wehte ein kalter Wind. Die Temperatur war in den letzten Minuten gefallen. Es roch nach Schnee. Für diese Jahreszeit nichts Ungewöhnliches.
    Ich sah die Einwohner, wie sie sich dem Dorfausgang näherten. Ich war vom Westen her in die Stadt gekommen. Sie schritten in die
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