Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0005 - Der Scharfrichter

0005 - Der Scharfrichter

Titel: 0005 - Der Scharfrichter
Autoren: Horst Friedrichs
Vom Netzwerk:
fragte der ältere Kriminalbeamte.
    Zamorra schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ich bin nicht nachtragend. Und rachsüchtig schon gar nicht. Wenn Sie lediglich dafür sorgen würden, daß der Mann verarztet wird?«
    Die Beamten nickten erfreut. Den Papierkrieg schienen sie ebensowenig zu schätzen wie die meisten ihrer Kollegen überall auf der Welt. Sie waren froh, daß Zamorra ihnen das leidige Ausfüllen von Formularen ersparte.
    Als er ging, lag bereits die Dunkelheit über dem Burghof. Professor Zamorra sah die schwarz aufragenden Mauern, und er fühlte jäh die Drohung, die sich jetzt verstärkt auf ihn richtete. Aber noch kam jene Drohung nicht zum Ausbruch, noch hielten sich die Mächte der Finsternis zurück.
    Aber Zamorra wußte in diesen Augenblicken, daß er sie herausgefordert hatte.
    ***
    Die Harding-Farm war in gut fünf Minuten zu erreichen. Zamorra hatte sich den Weg vom Wirt des Gasthauses beschreiben lassen. Nicola hatte ihm eine Nachricht hinterlassen. Sie war mit einem Taxi in die Stadt gefahren, um Bill Fleming abzuholen, der kurz vor Mitternacht mit dem Zug aus Wolverhampton eintreffen würde.
    Der Mietwagen war fast nagelneu. Ein Austin 2200, dessen Sechszylindermaschine kaum hörbar summte. Dank der Flüssigkeitsfederung schwebte der schwere Wagen wie ein Brett über das Kopfsteinpflaster der Straße.
    Im Lichtkegel der Scheinwerfer erspähte Professor Zamorra die Abzweigung, die nach Südosten führte. Ein Hinweisschild war nicht zu sehen. Doch es gab nur diesen einen Weg in der näheren Umgebung. Er mußte zu der Farm führen.
    Zamorra nahm Gas weg und zog den Austin nach links. Den Blinker konnte er sich schenken. Um ihn herum war nichts als Dunkelheit. Während Zamorra die Geschwindigkeit bis zum Schrittempo verringerte, knirschte Schotter unter den Reifen. Steine prallten in unregelmäßigen Abständen gegen das Bodenblech des Wagens.
    Der Weg zog sich in sanften Kurven durch das hügelige Gelände. Zu beiden Seiten dehnten sich gepflügte Felder und saftige Weiden, die von Hecken und kleinen Wäldern begrenzt wurden. Zamorra konnte sich das Landschaftsbild gut vorstellen, obwohl er im Scheinwerferlicht nur wenig davon sah.
    Die Farm lag etwa zwei Meilen abseits von der gepflasterten Straße. Das Hauptgebäude und die Stallungen befanden sich in einer flachen Senke. Dicht belaubte, knorrige Eichen bildeten einen schützenden Ring um das Anwesen. Es gab keine Einzäunung, kein Hoftor, wie Zamorra es von den Bauernhöfen in Europa kannte.
    Zufrieden stellte er fest, daß hinter zwei Fenstern des Wohnhauses noch Licht brannte. Es war noch früher Abend. Im Grunde kam er zu keiner unpassenden Zeit.
    Als er den Wagen vor dem Haupteingang des Farmhauses ausrollen ließ, schlug der Hufhund an. Zamorra sah das zottige Tier aus einer Hundehütte neben der Gebäudeecke hervorschnellen. Nur eine Kette hinderte den Hund daran, sich auf den Wagen zu stürzen.
    Nachdem Zamorra den Zündschlüssel nach links gedreht hatte, schien das Kläffen an Lautstärke noch zuzunehmen. Der Wachhund geiferte förmlich. Die Kette schnitt ihm tief in den Hals. Schaum stand vor seinem gefletschten Gebiß.
    Seelenruhig stieg der Professor aus. Er umrundete die Motorhaube und ging unerschrocken in die Richtung des wütenden Tieres.
    Das Gebell hielt noch sekundenlang an. Dann, als Zamorra noch näher kam, verstummte der Hund plötzlich, begann zu winseln und wich mit unterwürfig geducktem Kopf zurück.
    Das Tier schien einen sicheren Instinkt zu besitzen. Vermutlich spürte es die Macht, die von dem Besitzer des silbernen Amuletts ausging.
    »Brav«, sagte Zamorra leise, »ganz ruhig!«
    Der Hund schlich zu seiner Hütte. In diesem Moment flammte die Außenlampe über dem Hauseingang auf. Ein matter Lichtkreis ergoß sich über den Vorhof.
    Zamorra drehte sich zu der Tür um, die mit kreischenden Angeln aufflog.
    Vor der erhellten Diele füllte die untersetzte Statur eines Mannes den Türrahmen fast vollständig aus. Die derbe Arbeitskleidung war zu erkennen, ebenso die breiten, klobigen Stiefel, an denen noch getrocknete Ackererde hing.
    Professor Zamorra kam nicht dazu, einen höflichen Gruß von sich zu geben.
    »Was wollen Sie?« bellte der Knecht. »Was haben Sie hier zu suchen?« Seine Haltung war voller Aggressivität, die schwieligen Fäuste bereits geballt. Zamorra nannte seinen Namen. »Ist dies die Harding-Farm?« fügte er hinzu.
    »Allerdings«, grollte der andere, »nun wissen Sie's. Also, machen Sie, daß Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher