Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0005 - Der Scharfrichter

0005 - Der Scharfrichter

Titel: 0005 - Der Scharfrichter
Autoren: Horst Friedrichs
Vom Netzwerk:
»die Polizei hat die Waffe untersuchen und reinigen lassen, bevor sie sie als Köder in den Schaukasten zurückhängte.«
    Bill Fleming zündete sich eine Zigarette an.
    »Egal. Ich will keine Morde aufklären. Mich interessieren die geschichtlichen Hintergründe. Sonst nichts.«
    »Nun gut«, sagte Zamorra. Er lehnte sich zurück. »Wenn du die Zeitungen aufmerksam gelesen hast, weißt du, was für Leute die Opfer waren. Geoffrey Hardings Familie lebt seit mehr als zwei Jahrhunderten auf der Farm. Vor ihm wurde der Apotheker umgebracht, dessen Familie ebenfalls zu den Alteingesessenen von Llangurig gehört. Und das erste Opfer war ein Landhändler. Auch seine Vorfahren lebten schon vor Urzeiten hier.«
    »Ja, und?« konterte Fleming schulterzuckend. »Das alles muß nichts mit den Motiven des Mörders zu tun haben. Obwohl es für meine Aspekte durchaus interessant ist. Hier…« Er hob eine Zeitung auf, die neben ihm auf dem freien Stuhl gelegen hatte. »Die habe ich in Wolverhampton auf dem Bahnhof gekauft. Das neueste Material über den letzten Benutzer des Richtschwerts von Llangurig!«
    Zamorra nahm die Zeitung entgegen. Bill hatte den wichtigsten Inhalt des Berichtes angekreuzt. Es handelte sich um ein Gerichtsprotokoll aus dem Jahre 1834, das im Originaltext wiedergegeben wurde.
    Niedergeschrieben zu Llangurig Castle, den 23. Octobris, Anno Domini 1834…
    Des Morgens in der achten Stunde versammelte sich das Gericht auf Weisung von Henry V. Count of Llangurig von Gottes Gnaden, in den Mauern von Llangurig Castle, um den gerechten Urteilsspruch zu fällen über den Brudermörder Shannon Caulder, welcher geständig war, die ihm angelastete schändliche Tat am 11. Octobris Anno Domini 1834 begangen zu haben.
    Daselbst anwesend das hohe Gericht unter Beisein des Priesters und der Burgwache und hundert Bürgern, die auf Weisung von Henry V. Count of Llangurig von Gottes Gnaden, den Kreis bildeten.
    Die Burgwache führte den Brudermörder Shannon Caulder in den Kreis, wo dieser darniederkniete und seine verdammenswerte Tat gestand, wie es schon zuvor zu Protokoll geschehen war. Unter Vorsitz von Henry V. Count of Llangurig von Gottes Gnaden, fällte das Gericht alsbald den Urteilsspruch, welcher lautete: Tod auf dem Schafott. Im Beisein des Priesters begab sich der Brudermörder Shannon Caulder nunmehr auf den Pferdekarren, woselbst er die ganze Fahrt über bis zum Schafott das Gebet sprach. Dort angekommen, erstieg er mit demütig gebeugtem Haupt die dreizehn Stufen zum Schafott und wurde von Scharfrichter Gordon Basil Jones an die ihm zukommende Stelle geführt. Von den Knechten wurde dem Brudermörder das Beinkleid emporgehoben, wodurch er baren Knies vor dem Richtblock niederknien konnte.
    Der Delinquent sprach nunmehr sein letztes Gebet, und unter den anwesenden Bürgern und Soldaten kehrte die andächtige Ruhe ein, wie sie vonnöten war. Henry V. Count of Llangurig von Gottes Gnaden, gab dem Scharfrichter Gordon Basil Jones das Zeichen, sein Werk zu vollziehen.
    Nun geschah es, daß ein Reiter herbeieilte, welcher sich als Bote des Königs ausweisen konnte. Henry V. Count of Llangurig von Gottes Gnaden, verlas die Botschaft des Königs, welcher dem Gnadengesuch des Eheweibs des Brudermörders stattzugeben beliebte.
    Indes Count Henry diese Botschaft dem Scharfrichter zukommen lassen wollte, hatte selbiger das Richtschwert schon gehoben. Nun erreichte den Scharfrichter der Ruf von der Begnadigung nur einen Herzschlag bevor selbiger Gordon Basil Jones, dem Brudermörder, mit einem geschwinden Hieb den Kopf abtrennte.
    Es erhob sich darauf Geschrei unter den Bürgern, wovon einige glaubten, der ehrenwerte Mr. Jones habe die Nachricht schon vernommen und dem zuwider den Kopf des Delinquenten vom Rumpf geschlagen. Henry V. Count of Llangurig von Gottes Gnaden, richtete nun das Wort an seine Untertanen und verfügte, daß Scharfrichter Gordon Basil Jones in unanfechtbarer und ehrenwerter Weise seine Pflicht getan habe und daß ihn für die zu späte Gnadenbotschaft keine Schuld treffe.
    Es folgten weitere Einzelheiten darüber, wie die Leiche des Hingerichteten neben dem Schafott vergraben worden war.
    Professor Zamorra legte die Zeitung auf den Tisch und sah seinen Freund ernst an.
    »Ein Jahr nach dieser letzten Hinrichtung in Llangurig wurde dem Grafen die Gerichtsbarkeit entzogen. Ist dir klar, was das bedeutet, Bill, wenn man es mit diesem Protokoll in Zusammenhang bringt?«
    »Der Gerichtsschreiber hat es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher