Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0001 - Das Schloß der Dämonen

0001 - Das Schloß der Dämonen

Titel: 0001 - Das Schloß der Dämonen
Autoren: Susanne Wiemer
Vom Netzwerk:
an sich herunter. Ihr Blick erfaßte die Kanüle der Injektionsspritze, die die Haut in ihrer Ellenbogenbeuge durchstoßen hatte. Eine wasserhelle Flüssigkeit füllte den Kolben. Nicole sah die schmale, nervige Hand, die die Spritze hielt, sah ein dürres Gelenk, um das der Ärmel des weißen Kittels schlotterte, und versuchte vergeblich, sich zu erinnern, was geschehen war. Eine seltsame Wärme erfüllte sie, rann durch ihre Adern und betäubte den Anflug von Unruhe. Nicole spürte etwas in ihr Hirn eindringen wie ein schleichendes Gift, doch sie hatte nicht die Kraft, sich dagegen zu wehren. Ihr Blick glitt höher, erfaßte die dürre, knochige Gestalt und das Totengesicht mit der gelben Haut und den lavaschwarzen Augen.
    »Dr. Ramondo«, flüsterte sie.
    Die dünnen Lippen zogen sich von den Zähnen zurück, das Gesicht lächelte.
    »Sieh mich an«, hörte sie die leise, monotone Stimme Ramondos. »Sieh' mich an… Sieh mir in die Augen!«
    Sie sah ihm in die Augen. Schwarze, unergründliche Augen von hypnotischer Kraft. Augen, auf deren Grund ein unsichtbares Feuer zu brennen schien und deren Blick alles ausfüllte.
    »Du gehörst mir«, flüsterte Ramondo. »Hörst du? Du gehörst mir! Du wirst tun, was ich befehle!«
    Nicole war sich nicht bewußt, daß sie antwortete. Ihre Stimme klang wie ein fernes Echo.
    »Ja, ich gehöre dir… Ich werde gehorchen…«
    ***
    In der Bibliothek brannte Licht. Zamorra hatte sich einen doppelten Kognak eingeschüttet. Das sanfte Feuer des Alkohols beruhigte seine aufgepeitschten Nerven. Er nahm einen weiteren Schluck, streifte sein Jackett ab, schob den Ärmel des auberginefarbenen Hemdes nach oben und betrachtete die Brandwunde an seinem Arm. Fünf Finger! Knochenfinger… Tiefe, glutrote Feuermale, die wie die Hölle brannten. Zamorra streifte den Ärmel wieder zurück, dessen Stoff an den entsprechenden Stellen genauso verkohlt war wie der des Jacketts, biß die Zähne zusammen und versuchte, den Schmerz zu ignorieren.
    Die Bibliothek sah aus wie eh und je. Nichts wies darauf hin, daß es hier eine Geheimtür gab. Aber irgendwo mußte eine Vorrichtung zu finden sein: ein Knopf, ein Hebel oder etwas Ähnliches, um den Mechanismus auszulösen, der das Regal von seinem Platz bewegte und den Durchschlupf zu der getarnten Wendeltreppe freigab. Zamorra musterte die Reihe der Bücher. Alte, dunkle Lederbände. Irgendein Geschichtswerk. Jahreszahlen kennzeichneten die einzelnen Bände, in Silber geprägt und…
    Zamorra stutzte. Sein Blick sog sich an einem der Bücher fest, an den verblichenen Ziffern. Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn. Anno Domini 1990… Ein Jahr, das es nicht gab!
    Das noch in der Zukunft lag, im dunkel künftiger Zeiten. Der Band sah genauso aus wie die anderen, konnte niemandem auffallen, der nicht sehr genau hinsah - und dennoch gehörte er nicht dazu, sondern mußte etwas anderes bedeuten. Mit zwei Schritten trat Zamorra an das Regal heran, griff nach dem Buch und nahm es von seinem Platz. Seine Augen hatten sich verengt. Er erwartete, Widerstand zu spüren, das Knarren zu hören, mit dem die Geheimtür zurückschwang. Aber nichts dergleichen geschah. Mühelos ließ sich das Buch aus dem Regal nehmen und… Buch? Das war überhaupt kein Buch, wie er jetzt erkannte. Er hielt eine flache Kassette in der Hand, täuschend echt als Lederband getarnt. Sie sah genauso aus, war genauso groß, hatte vermutlich das gleiche Gewicht wie die anderen Bücher. Aber der eigentümliche, charakteristische Geruch nach ausgetrocknetem, alten Papier fehlte, der Goldschnitt glänzte etwas zu hell, und als Zamorra prüfend mit dem Fingerknöchel gegen den Einband klopfte, hörte er an dem hohlen Geräusch, daß es sich um einen Metallbehälter handelte.
    Zamorra kniff die Augen zusammen, betrachtete die Kassette. Vermutlich ließ sie sich öffnen, so wie sich ein Buch aufschlagen ließ. Prüfend tastete er mit dem Finger über den Rand des Einbands, fühlte die winzige Erhöhung - und zögerte.
    Ein Schauer überlief ihn. Von der Kassette schien eine seltsame Kraft auszugehen, etwas wie eine unsichtbare Schwingung, die die Atmosphäre veränderte. Zamorra spürte die Bedeutung des Augenblicks mit jeder Faser. Er preßte die Zähne zusammen, drückte mit einem entschlossenen Ruck auf den Knopf oder Hebel, oder was immer es war, und öffnete die Kassette. Dunkelroter Samt. Ein weißes, seidig schimmerndes Tuch, das den Inhalt verdeckte.
    Zamorra zog es zur Seite - und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher