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Zwischen jetzt und immer

Zwischen jetzt und immer

Titel: Zwischen jetzt und immer
Autoren: S Dessen
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ich. Er hielt sie nicht absichtlich zurück, um mich zu quälen. Oder weil er sie vielleicht noch nicht wusste. Er wollte es schlicht und einfach richtig machen. Was immer das auch bedeutete.
    Alle sahen mich an. Mein Leben war mal meine Privatsache gewesen, dachte ich. Jetzt mischte sich die ganze Welt in meine Angelegenheiten, ja in meine Herzensdinge ein. Andererseits   – dachte ich, während ich in die erwartungsvollenGesichter blickte   – handelt es sich ja auch gar nicht um die ganze Welt. Bloß um meine.
    »Er ist heute Morgen vorbeigekommen«, sagte ich langsam. Ich hatte das Ganze immer noch nicht so richtig verarbeitet. »Heute früh.«
    »Und was ist passiert?«, fragte Kristy.
    Ich warf meiner Mutter einen Blick zu: Irgendwann musste ihr doch mal unangenehm auffallen, dass ich gegen ihre Verbote gehandelt, ihre Regeln missachtet hatte. Aber sie sah mich bloß mit leicht schräg geneigtem Kopf an, als würde sie etwas an mir wahrnehmen, das sie bisher noch nie bemerkt hatte.
    »Nichts«, antwortete ich. »Ich meine, er fragte mich, ob die Dinge jetzt so liefen, wie ich sie haben wollte.«
    »Und was hast du geantwortet?«
    »Ja. Dass ich zufrieden bin mit dem, was ist.«
    »Macy!« Kristy schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Was um Himmels willen ist bloß in dich gefahren?«
    »Ich hatte doch keine Ahnung«, meinte ich. Und fügte leise, eher zu mir selbst, hinzu: »Es ist echt so was von unfair.«
    Kristy schüttelte den Kopf. »Es ist tragödisch!«
    »Und es ist Zeit.« Delia bedeutete uns mit einem leichten Kopfnicken, durchs Fenster zu schauen. Der Regen hatte tatsächlich etwas nachgelassen. Leute stiegen aus ihren Autos, schlossen Türen, spannten Regenschirme auf. Egal was sonst passierte   – das Leben ging weiter. »An die Arbeit!«
    Wir verließen unseren Aussichtsplatz am Fenster und gingen jeder auf seinen Posten: Kristy stellte sich mit ihrem Tablett voller Weingläser an die Haustür, Bert und Delia verschwanden in der Küche, meine Mutter überprüfte imFlurspiegel, ob sie sich zeigen konnte. Nur Monica rührte sich nicht vom Fleck, sondern starrte weiterhin aus dem Fenster, während ich überhaupt erst einmal zu begreifen versuchte, was gerade passiert war.
    »Ich fasse es nicht«, meinte ich schließlich leise. »Es ist zu spät.«
    »Es ist nie zu spät«, sagte sie.
    Für einen Moment ging ich fest davon aus, mir das eingebildet zu haben. Ein Satz, ein vollständiger Satz von Monica! Und das nach einem ganzen Sommer einsilbiger, immer gleicher Antworten beziehungsweise gar keiner Antwort.
    »Natürlich ist es zu spät.« Ich wandte den Kopf, um sie anzuschauen. »Ich wüsste nicht mal genau, was ich tun sollte, wenn ich noch eine Chance bekäme. Ich meine, was kann ich denn   –«
    Sie unterbrach mich, indem sie den Kopf schüttelte und meinte: »Du weißt doch, wie es ist, so was passiert einfach, ohne dass man es will oder geplant hat. Man macht es einfach.« Ihre Stimme klang überraschend klar und gelassen.
    Aus irgendeinem Grund erinnerten mich diese Worte an etwas, aber ich brauchte einen Augenblick, bevor der Groschen fiel: Genau dasselbe hatte ich zu ihr gesagt, an jenem Abend auf der Party, als ich versuchte, ihr zu erklären, warum ich Hand in Hand mit Wes aus dem Haus gekommen war.
    »Monica!«, brüllte Kristy aus dem Wohnzimmer. »Hier drinnen gammelt ein Tablett mit Frischkäsetörtchen vor sich hin, auf dem dein Name geschrieben steht. Wo steckst du?«
    Monica wandte sich vom Fenster ab und machte sich an die vermutlich unendlich mühsame Aufgabe, durch unsere Eingangshalle zu schlurfen. »Moment«, sagte ich. Sie warfmir über ihre Schulter hinweg einen Blick zu. Allerdings wusste ich gar nicht so genau, was ich sagen wollte. Und ich war nach wie vor völlig geplättet, weil sie überhaupt etwas zu mir gesagt hatte. Wer weiß, was für Überraschungen sie vielleicht noch auf Lager hätte? »Danke«, fuhr ich fort. »Ich meine, ich find’s toll, was du gerade gesagt hast.«
    Monica nickte. »Mmm-hmm.« Wandte sich wieder von mir ab und trottete von dannen.

Kapitel 21
    Ich hatte mittlerweile oft genug für
Wish Catering
gejobbt, um aus Erfahrung zu wissen, wann eine Party ein Erfolg war: Man brauchte leckeres Essen, und zwar nicht zu knapp, entspannte Gäste, die viel lachten, das war klar. Aber es gab da noch etwas, das gewisse Etwas, die undefinierbare, aber besondere Atmosphäre, die entsteht, wenn Menschen sich angeregt unterhalten, mit Appetit
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