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Zwischen den Sternen

Titel: Zwischen den Sternen
Autoren: John Scalzi
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noch, wer ich bin. Ich bin Zoë. Einfach nur Zoë. Jemand, der keine Ansprüche an euch stellen kann. Der nichts von euch verlangt. Und ich bin jemand, der will, dass ihr eure
eigenen Entscheidungen trefft, statt euch etwas vorsetzen zu lassen. Schon gar nicht von mir. Und das wäre alles, was ich zu diesem Thema zu sagen hatte.»
    Die Obin standen schweigend vor mir, und nach etwa einer Minute wurde mir klar, dass ich eigentlich gar nicht wusste, warum ich irgendeine Reaktion erwartete. Und einen verrückten Moment lang fragte ich mich, ob sie mich überhaupt verstanden hatten. Hickory und Dickory beherrschten meine Sprache, und ich war einfach davon ausgegangen, dass es bei allen anderen Obin genauso war. Ich erkannte, dass das eine arrogante Vermutung war. Also nickte ich schließlich und wandte mich zum Gehen. Zurück zur Leitzentrale. Wo der Consu wartete und nur Gott wusste, was ich jetzt zu ihm sagen würde.
    Dann hörte ich den Gesang.
    Eine einzelne Stimme, von irgendwo aus der Mitte der Obin-Gruppe. Sie sang die ersten Worte von »Delhi Morning«. Und obwohl das der Teil war, den ich sonst immer sang, hatte ich keine Schwierigkeiten, die Stimme wiederzuerkennen.
    Es war Dickory.
    Erneut drehte ich mich zu den Obin um, als eine zweite Stimme den Kontrapunkt übernahm. Dann kam eine dritte Stimme dazu, eine vierte und noch eine, und kurz darauf sangen alle einhundert Obin. Sie trugen eine Version des Liedes vor, die ganz anders war als alles, was ich bisher gehört hatte, so überwältigend, dass ich nur dastehen und die Musik auf mich einwirken lassen konnte. Ich badete darin und ließ sie durch mich hindurchfließen.
    Es war einer jener Momente, die man nicht beschreiben kann. Also versuche ich es gar nicht erst.

    Aber ich kann sagen, dass ich zutiefst beeindruckt war. Diese Obin konnten »Delhi Morning« erst seit einigen Wochen kennen. Dass sie das Lied zudem völlig fehlerfrei vortrugen, war einfach nur ein Wunder.
    Diesen Chor musste ich zum nächsten Jekami schleifen.
    Als das Lied zu Ende war, konnte ich nicht mehr tun, als die Hände vors Gesicht schlagen und »Danke« sagen.
    Dann trat Dickory durch die Reihen der anderen nach vorn und blieb vor mir stehen.
    »Hallo, du«, sagte ich zu Dickory.
    »Zoë Boutin-Perry«, sagte Dickory. »Ich bin Dickory.«
    Beinahe hätte ich Das weiß ich doch gesagt, aber Dickory sprach unbeirrt weiter. »Seit deiner Kindheit kenne ich dich«, sagte er. »Ich habe beobachtet, wie du aufwächst, lernst und das Leben erfährst, und durch dich habe ich selbst gelernt, das Leben zu erfahren. Ich habe immer gewusst, was du bist. Glaub mir, wenn ich dir jetzt sage, dass es für mich immer viel wichtiger war, wer du bist.
    Ich tue es für dich, Zoë Boutin-Perry, wenn ich dir anbiete, für deine Familie und für Roanoke zu kämpfen. Ich tue es nicht, weil du es gefordert oder darum gebeten hast, sondern weil mir sehr viel an dir liegt. Es wäre für mich eine große Ehre, wenn du mein Hilfsangebot annimmst.« Dann verbeugte sich Dickory, was bei einem Obin ein recht interessanter Anblick war.
    Das Ironische daran war, dass ich von Dickory noch nie eine so lange Rede gehört hatte, aber mir fiel absolut nichts ein, was ich darauf hätte erwidern können.
    Also sagte ich nur: »Ich danke dir, Dickory. Ich nehme deine Hilfe an.«

    Dickory verbeugte sich erneut und zog sich in die Formation zurück.
    Ein anderer Obin trat vor. »Ich bin Struck«, sagte er zu mir. »Wir sind uns noch nie zuvor begegnet. Dein ganzes Leben habe ich verfolgt, weil Hickory und Dickory ihre Erfahrungen allen Obin zugänglich gemacht haben. Auch ich habe immer gewusst, was du bist. Doch das, was ich von dir gelernt habe, kam immer von dem, wer du bist. Für mich ist es eine große Ehre, dir persönlich zu begegnen. Und es wird mir eine große Ehre sein, für dich, für deine Familie und für Roanoke zu kämpfen. Ich biete dir meine Hilfe an, Zoë Boutin-Perry, freiwillig und ohne Einschränkungen.« Struck verbeugte sich.
    »Danke, Struck«, sagte ich. »Ich nehme sie an.« Und dann folgte ich einem spontanen Impuls und umarmte Struck. Er quiekte überrascht auf. Wir lösten uns voneinander, Struck verbeugte sich noch einmal und kehrte dann in die Formation zurück, worauf ein anderer Obin vortrat.
    Und noch einer. Und noch einer.
    Es dauerte sehr lange, sich jede Begrüßung und jedes Unterstützungsangebot anzuhören und sich dafür zu bedanken. Aber ich kann aufrichtig sagen, dass ich selten
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