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Zwergenblut: Roman

Zwergenblut: Roman

Titel: Zwergenblut: Roman
Autoren: Frank Rehfeld
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zuckende Schläuche aus Blitzen, die wie kaltes Feuer loderten, verbanden die beiden Quellen miteinander.
    Worauf Warlon allerdings selbst die Worte des Kriegsmeisters nicht hatten vorbereiten können, war die ungeheure Intensität, mit der die Ausstrahlung des Bösen über ihn hereinbrach. Eine schreckliche, zeitlose Ewigkeit lang, die in Wahrheit wohl nur Sekunden währte, fühlte er sich völlig davon durchdrungen und mit ihr verschmolzen. Es gab keine Distanz mehr, nichts, das ihn von der finsteren
Macht trennte, mit der er konfrontiert wurde. Er selbst war es, der den Hass auf alles Lebende verspürte, die Mordlust, die Gier nach Vergeltung, den Wunsch, zu zerstören, sein Schwert und seine Axt in fremdes Fleisch zu graben, Sehnen zu zerteilen und Knochen zu zerschmettern.
    Dann plötzlich ließen diese Empfindungen nach. Sie schwanden nicht völlig, sanken jedoch auf ein erträgliches Maß herab, und Warlon wurde sich wieder seiner selbst bewusst. Ekel vor den eigenen Gefühlen erfüllte Warlon. Es waren nicht seine Empfindungen gewesen, die er gespürt hatte, sondern von außen eingegebene Impulse. Dennoch hatte er sie empfunden und die Finsternis in sich gespürt, fühlte sich innerlich schmutzig und besudelt davon.
    Allein der Zauber der Elben hatte ihn aus dem fremden Bann befreit, seine eigene Kraft hätte dazu nicht ausgereicht. Als er sich hastig umblickte, entdeckte er den gleichen Schrecken, den er empfand, auch auf den Gesichtern der anderen Zwerge, selbst auf dem von Barlok. Beim letzten Mal hatte dieser dem fremden Einfluss aus eigener Kraft trotzen können, aber jetzt war es ihm offenbar nicht mehr gelungen. Die Macht des Bösen hatte noch zugenommen.
    Anders als Barlok zuvor befanden sie sich am hinteren Ende der gigantischen Halle, wo sich auch die meisten Thir-Ailith aufhielten. Erst jetzt bemerkte Warlon sie als helle, angesichts des grellen Gleißens geradezu winzige Flecken. Es mussten Hunderte sein, und sie hatten die Eindringlinge ihrerseits längst gesehen und stürzten sich auf sie.
    Im gleichen Moment wurde es dunkel um Warlon, als die Elben ihr magisches Netz zusammenbrechen ließen, das ihm bisher die Fähigkeit verliehen hatte, selbst in der Dunkelheit in umgekehrten Grautönen sehen zu können. Nun
senkte sich Finsternis wie ein Tuch aus Schwärze über ihn und hüllte ihn ein.
    Allerdings nur für einen kurzen Moment.
    »Schließt Eure Augen!«, rief Gelinian. Warlon fand kaum Zeit, dem Befehl nachzukommen, als ein Licht aufloderte, wie er es noch nie gesehen hatte. Von einer Sekunde auf die andere wurde es hell, so unerträglich hell, dass selbst das Gleißen zuvor sich dagegen nur wie der matte Schein einer erlöschenden Laterne ausnahm. Eine Sonne, tausendmal heller noch als die Sonne am Himmel der Oberfläche, schien in der Halle aufzugehen und alles mit ihrem sengenden Licht zu verzehren.
    Warlon stöhnte vor Pein. Sogar durch seine geschlossenen Lider fraß sich das Licht und schien seine Augenhöhlen auszubrennen, auch dann noch, als er die Hände nach oben riss und sein Gesicht damit schützte.
    Schreie drangen an seine Ohren, grell, schrill und von unerträglichem Leid verzerrt, aber sie erklangen auch in seinem Kopf, was um ein Vielfaches schlimmer war, da er das Gefühl hatte, sie würden seinen Geist wie Säure zerfressen.
    Nach wenigen Sekunden ließ die Helligkeit schließlich nach, und Warlon wagte es, die Augen wieder zu öffnen. Sie begannen zu tränen, und er musste ein paarmal blinzeln, um den Tränenfilm zu vertreiben, erst dann konnte er sich umschauen. Noch immer hing die künstliche Sonne drei, vier Dutzend Meter hoch in der Luft, doch schmerzte ihr Licht nicht länger, sondern war nun gut erträglich.
    Zum ersten Mal sah er seine Umgebung so, wie sie wirklich war. Seinen Begleitern ging es nicht anders. Entsetzte Schrei erklangen um ihn herum, und auch Warlon selbst konnte den Schrei nur mit Mühe unterdrücken, der angesichts
des scheußlichen Bildes, das sich ihm bot, in seiner Kehle aufstieg.
    Er hatte sich geirrt. Das Gleißen, das er zuvor wahrgenommen und das den Großteil der Halle erfüllt hatte, stammte nicht aus einer, sondern aus mehreren Quellen. Drei titanische, nackte Ungeheuer, die aufgrund der noch entfernten, vagen Ähnlichkeit mit ihren einstmals elbischen Leibern umso entsetzlicher wirkten, lagen vor ihm, durch ihr eigenes unvorstellbares Gewicht an den Boden der Halle gefesselt. Monster, die zu solch absurder, überdimensionaler Größe
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