Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwergenblut: Roman

Zwergenblut: Roman

Titel: Zwergenblut: Roman
Autoren: Frank Rehfeld
Vom Netzwerk:
goldener Brustpanzer sichtbar war. Außer ihm war sie die Einzige aus ihrem Volk, die die Zwerge hierherbegleitet hatte, zu einem kaum meterbreiten Sims, der sich ein Stück unterhalb der Decke entlang der Höhlenwand dahinzog. Barlok selbst, der berühmte Kriegsheld, der mit einem Erkundungstrupp als erster Zwerg seit einem Jahrtausend einen Weg ins Innere
des Kalathun gefunden hatte, hatte ihnen geraten, sich den Anblick nicht entgehen zu lassen, der sich von hier aus bot. Auch er hatte vor wenigen Tagen an dieser Stelle gestanden und von hier aus einen ersten Blick auf die Stadt in der Tiefe geworfen.
    Es war kaum vorstellbar, dass ein Ort von solch atemberaubender Schönheit zugleich eine so schreckliche Gefahr barg …
    »Die Säule dort vorne«, sagte Heldon, einer von Barloks Begleitern, der ihrem Trupp als Führer zugewiesen war, und deutete auf einen der titanischen Pfeiler, um den sich eine schier endlos erscheinende Treppe wand. »Dort sind wir in die Tiefe gestiegen.«
    Thilus schauderte, als er sich vorstellte, wie mühsam die Überwindung dieser Stufen gewesen sein musste, vor allem, nachdem die Krieger die schreckliche Entdeckung gemacht hatten, dass Zarkhadul schon vor langer Zeit das gleiche Schicksal ereilt hatte wie Elan-Dhor. Auch seine Bewohner hatten zu tief und zu gierig geschürft und dabei ahnungslos ein Tor ins unterirdische Reich der Dunkelelben geöffnet, und wie das Heer der Zwergenkrieger von Elan-Dhor waren selbst die gewaltigen Armeen von Zarkhadul von diesem Feind überrannt und geschlagen worden. Mehr als hunderttausend Zwerge hatten hier einst gelebt, manche sprachen sogar von einer fast doppelt so großen Zahl, aber diesem Feind hatten auch sie nichts entgegenzusetzen gehabt. In ihrer Verzweiflung hatten sie schließlich selbst durch Sprengungen alle Zugänge zur Oberfläche verschlossen, um zu verhindern, dass die Thir-Ailith, wie sich die finsteren Kreaturen selbst nannten, dorthin gelangen und auch über andere Zwergenminen oder die Städte der Menschen herfallen konnten.

    Erneut schauderte Thilus, als er an die unglaublichen Schrecknisse dachte, die sich hier zugetragen haben mussten. Wie viel Mut, wie viel Tapferkeit musste dazugehören, sich selbst mit einem so entsetzlichen Feind einzuschließen und dem sicheren Tod auszuliefern, nur um andere vor diesem Schicksal zu bewahren?
    Noch einmal ließ er den Blick durch die Höhle wandern, bewunderte die kunstvollen Verzierungen der himmelhoch aufragenden Pfeiler, soweit sie aus der Entfernung zu erkennen waren, die Bögen und Brücken, die sich zwischen ihnen spannten, die hunderte Meter großen Gerüste aus Seilen, Holz und Metall, die einen Teil der Wände bedeckten, und natürlich die Stadt selbst in der Tiefe. Das ehrfürchtige Gefühl, das er zuvor verspürt hatte, wollte sich jedoch nicht wieder einstellen. Mit ihren abfälligen Bemerkungen hatten die Elben die Stimmung gründlich zerstört.
    Thilus wandte sich um und sah seine Begleiter an. Ihnen ging es allen so wie ihm, das konnte er deutlich in ihren grimmigen Gesichtern lesen. Viele hatten die Fäuste geballt und brummten leise Verwünschungen und andere Unfreundlichkeiten in ihre Bärte. Völlig zu Recht fühlten sie sich um etwas betrogen, von dem sie geglaubt hatten, es könnte einer der erhebendsten Momente ihres Lebens werden. Mehr als einer von ihnen hätte den Elben wohl am liebsten einen Stoß versetzt, um sie von dem Sims in die Tiefe zu schleudern.
    Zuletzt ließ Thilus seinen Blick auf den beiden Spitzohren verharren. Nicht umsonst wurden Elben auch als das schöne Volk bezeichnet, das musste er zugeben. Sie waren schlank und hochgewachsen, ihre Bewegungen voller Geschmeidigkeit und Eleganz. Helles Haar fiel lang über ihre Schultern, doch war es nicht bleich wie das der Thir-Ailith,
sondern von der Farbe reinsten Goldes, und im Gegensatz zu den rundlichen, grobschlächtigen Gesichtern der Zwerge waren die ihren nahezu alterslos und unglaublich fein und ebenmäßig geschnitten, ohne den geringsten Makel. Verglichen mit ihnen sahen selbst Menschen wie Trolle aus.
    Ganz besonders galt dies für weibliche Elben. Aliriel war ohne Zweifel eine der schönsten Frauen, die Thilus jemals gesehen hatte, egal aus welchem Volk. Vermutlich wäre sein Herz bei ihrem Anblick in ebenso leidenschaftlicher wie aussichtsloser Liebe entbrannt, wenn nicht auch sie den arroganten Hochmut in sich getragen hätte, der den meisten Angehörigen ihres Volkes zu eigen zu sein schien
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher