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Zweibeiner sehen dich an

Zweibeiner sehen dich an

Titel: Zweibeiner sehen dich an
Autoren: Damon Knight
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während er die Augen zusammenkniff, „– du hast mich zumindest davon überzeugt, daß du selbst glaubst, mit Martin Naumchik, einem menschlichen Wesen, identisch zu sein, einem Korrespondenten von Paris Soir und so weiter und so fort.“
    Der Zweifüßler sagte erregt: „Glauben? Aber ich habe Ihnen bereits gesagt, daß …“
    „Bitte!“ Grück hob abwehrend die Hand. „Sei bitte so freundlich und höre mir zu! – Ich sage, es gibt kei nen Zweifel, daß du wirklich das glaubst, was du sagst. Nun erlaube mir, daß ich dir dazu einige Fragen stel le.“ Er faltete die Hände über seinem dicken Bauch und seine rosigen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Nehmen wir an, du seist Martin Naumchik.“ Er mach te eine großartige Geste mit der Hand. „Weiter. Nehmen wir es halt an. Ich habe nichts dagegen. Du bist also Martin Naumchik. Und was soll das?“ Er beugte sich etwas vor und musterte den Zweifüßler eingehend. Wenzel verzog keine Miene und äußerte sich nicht.
    „Was das soll? Sie werden mich natürlich aus diesem Käfig herauslassen“, erwiderte der Zweifüßler verunsichert. „Sie werden mir helfen, dieses Tier zu finden, das sich meines Körpers bemächtigt hat und jetzt in Freiheit herumspaziert …“
    „Glauben wird diese phantastische Geschichte kein Mensch auf der Welt“, sagte Grück und entmutigte den Zweifüßler sofort wieder.
    „Aber es muß einen Weg geben …“
    Grück lehnte sich kopfschüttelnd zurück. „Um dich wieder auszutauschen ? Mein lieber junger Freund, überlege bitte einen Augenblick lang was du sagst. Die Persönlichkeit eines Menschen seinem Körper zurückzugeben, nachdem sie im Körper eines Tieres steckt? Seien wir doch nicht kindisch. So etwas ist unmöglich, da brauchen wir überhaupt nicht zu diskutieren, das weißt du ebensogut wie ich. – Nehmen wir an, daß deine Geschichte wirklich stimmt, dann ist es immer noch völlig unmöglich, einen Rücktausch vorzunehmen. Wie stellst du dir das vor? Mit Hilfe eines Trichters?“
    Der Zweifüßler stützte seinen Kopf auf seine grünbestachelten Hände. „Wenn wir nur herausfinden könnten, wieso das geschehen konnte“, murmelte er.
    „Ein guter Vorschlag“, erwiderte Grück mit freundlicher Stimme. „Dies ist ein Punkt, den man untersuchen sollte, unter allen Umständen. – Nur Mut, Fritz – oder Martin, wie immer dein Name lauten mag. – Aber dies wird einige Zeit in Anspruch nehmen, das verstehst du doch, was, Fritz?“
    Der Zweifüßler nickte erschöpft. „Dann sind wir uns ja wohl einig“, meinte Grück erleichtert und erhob sich. „Wir werden alles tun, was in unserer Kraft steht, darauf kannst du dich verlassen.“ Er ging auf Wenzel zu. „Und vorläufig“, setzte er hinzu, „kann ein bißchen Zusammenarbeit nicht schaden. Also mach’ dem armen Wenzel keinen Ärger. Abgemacht, Fritz?“
    „Sie wollen mich als Schaustück in diesem Käfig lassen?“ schrie der Zweifüßler plötzlich starr vor Entrüstung. „Für’s erste schon“, erwiderte Grück beruhigend. „Haben wir denn eine andere Wahl? Wo wolltest du hingehen, von was willst du leben? Wir dürfen jetzt nichts überstürzen, Fritz. Höre auf den Rat eines alten Mannes. Blinder Aktionismus kann alles zerstören. Deshalb: Langsam, langsam, Fritz – habe Geduld und Mut.“ Wenzel nahm den Zweifüßler bei der Hand und führte ihn aus dem Raum.
    „Mein Name ist Martin Naumchik“, murmelte er schwach, als er verschwand.
     
    Das trübe, graue Licht des Morgens durchflutete die äußeren Räume, erleuchtete die Umgebung, aber hob nichts hervor. Aus irgendeinem Grund hatte der Zweifüßler schon vorher bemerkt, daß man durch dieses Licht die Schattenseiten der Dinge besser gewahr wur de als gewöhnlich: die losen, schmutzigen Kleider auf dem Stuhl, den Staub in den Ecken, die normalerweise unsichtbaren Kratzer und Flecken auf allen möglichen Sachen.
    Ruhelos wanderte er den Korridor entlang, vorbei an der geschlossenen Tür, die in den nächsten Raum führ te (der weibliche Zweifüßler hatte offensichtlich einen Tisch dagegengestellt), in den durchsichtigen Büroraum mit den verdeckten Maschinen – und dann wieder zurück. In seinem eigenen Zimmer erblickte er ein häßliches Gesicht in einem Spiegel, grün und flachschnäuzig, eine groteske Mischung aus Hund und Hahn – und für einen furchtbaren Augenblick war ihm nicht klar, daß es sein eigenes war. Er schlug gegen die Wand und begann zu weinen. Gequälte, unmenschliche
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