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Zwei Wochen danach (German Edition)

Zwei Wochen danach (German Edition)

Titel: Zwei Wochen danach (German Edition)
Autoren: Kathrin Schachtschabel
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wissen. Warum sie nicht ans Telefon geht.
    „Ich hab noch geschlafen“, sagt Heike.
    „Na dann ist’s gut. Ich will nicht weiter stören. Ich wollte dich nur bitten, die Geschenke für die Kinder zurechtzulegen. Ich hab doch nur Süßes da.“
    „Hm“, sagt Heike.
    „Wir kommen so gegen vier!“
    „Hm.“
    Das Telefon hat die Stimme ihrer Mutter verschluckt. Heike ist wieder allein im Haus.
    Geschenke. Ostern. Von dem Gedanken fühlt sie sich überfordert. Sie bringt es nicht fertig, in den Keller zu gehen und nach den Sachen zu schauen. Sie hat es gerade so bis hierher geschafft.
    In der Küche trinkt sie ein Glas Wasser und geht wieder ins Schlafzimmer. Langsam setzt sie ihre Füße nach, zieht sich am Geländer nach oben. Im Flur öffnet sie mit der linken Hand die Jalousie und starrt nach draußen.
     
    ***

(Nicole)
    Meine Eltern wollen kommen, aber ich weiß nicht, ob mir das so recht ist. Ich muss allein damit fertig werden. Außerdem werden Renate und Joachim öfter bei uns sein.
    Als ich nach dem Telefonieren in das Gebäude zurückgehe, bemerke ich die beklemmende Atmosphäre, die eine Klinik in einem auslöst. Überall Kranke.
    In Bademänteln oder Sportbekleidung irren sie durch die Gänge, manche mit Krücken an den Armen oder im Rollstuhl.
    Es ist Ostern. Wer heute hier ist, ist sicher richtig krank. Sonst hätte er hier nichts zu suchen.
    Ostern. Suchen. Bei dem Gedanken lache ich verächtlich.
    Ich überlege, ob ich laufe, entscheide mich aber dann doch für den Fahrstuhl. Als sich die Tür öffnet, kommt mir eine ältere Dame mit einem Rollator entgegen. Sie schaut mich vorwurfsvoll an. Ich grüße sie, doch sie reagiert nicht.
    Es wird mir bewusst, dass man diese Welt einfach vergisst, wenn man draußen ist.
    Aber vielleicht ist das auch gut so. Früher oder später können wir das alle nicht mehr ignorieren.
    Der Fahrstuhl erreicht das Ziel.
    Susanne und Raphael sitzen schon wieder draußen.
    „Der Arzt möchte mit dir reden, Mama“, sagt Susi.
    Ich mache einen Bogen um meine Kinder und steuere direkt auf die Klingel zu.
    Eine Schwester kommt nach ein paar Minuten und begleitet mich zum Oberarzt. Sie sind sehr freundlich hier.
    Der junge Mann sitzt in weiß hinter seinem Schreibtisch und lächelt mich an, als ich den Raum betrete.
    „Frau Karstenberger? Nehmen Sie doch bitte Platz!“
     
    ***

(Joachim)
    Wie benommen sitze ich auf dem Bett und weiß im ersten Moment nicht, wo ich bin. Ich habe tief geschlafen, meine Armbanduhr zeigt zwölf. Renate wollte mich doch wecken!
    Verärgert gehe ich ins Bad und halte mein Gesicht in meine mit Wasser gefüllten Hände, als ich ein Geräusch an der Tür vernehme.
    Welches soll ich nehmen, denke ich, da entdecke ich einen Stapel weißer Handtücher auf einem Regal in der Ecke. Mit dem Handtuch in der Hand gehe ich in den Flur.
    Es ist Renate.
    „Irgendwas Neues?“, frage ich sie.
    „Ich brauch einen Kaffee!“ Renate geht an mir vorbei in die Küche und ich folge ihr. Sie blickt sich kurz um, öffnet ein paar Schranktüren, bis sie schließlich eine Kaffeedose in der Hand hält.
    „Was ist los?“, frage ich gereizt, doch Renate antwortet nicht. Ich habe mir einen Stuhl zurechtgezogen und hänge das Handtuch über die Rückenlehne. Ungeduldig beobachte ich sie.
    Eine Minute später säuselt die Maschine leise vor sich hin und Renate setzt sich endlich zu mir.
    „Sein Zustand hat sich nicht verschlechtert. Heute Abend besteht keine akute Lebensgefahr mehr, aber sie werden ihn noch einige Tage im Koma halten müssen.“
    „Ich verstehe dich nicht! Das klingt doch positiv!“ Ich bin verunsichert.
    „Joachim! Niemand weiß, welche Schäden sein Gehirn von dem Sauerstoffmangel davongetragen hat!“
    Renate weint.
    Auch für mich ist das unfassbar. Ich beuge mich zu ihr hinüber. „Und wie hoch sind die Chancen, dass er wieder normal wird?
    Gibt es überhaupt eine Chance?“ Ich stehe auf. Diese Fragen ärgern mich. Alle hoffen, dass Ralph überlebt und dann ist noch nicht mal klar, ob er jemals wieder richtig denken kann! Meine Lippen beben.
    Ich lasse Renate sitzen, gehe ins Badezimmer und kämme mir die Haare, die rechts und links immer wieder auf meine Ohren fallen.
    „Komm!“, sage ich, als ich danach in der Küchentür stehe.
    Renate schaut mich sprachlos an. Dann steht sie auf, packt etwas Obst aus der Schale auf dem Küchenschrank in ihre Handtasche und folgt mir ins Krankenhaus.
     
    ***

(Nicole)
    Ziellos laufe ich umher und denke
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