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Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.

Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.

Titel: Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.
Autoren: Mady Host
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Cornelias Initialen und die Pilgermuschel eingraviert. Das Abschiedsgeschenk meines Vaters beeindruckt ihn ebenso. Es handelt sich um einen Anhänger in Form der Pilgermuschel, der an einem Lederband befestigt ist. Die Kette hat er aus dem Holz einer Kokosnuss gefertigt und mir am Tag meiner Abreise als Glücksbringer überreicht.
    Jedenfalls ist Willi gerührt von den liebevollen Abschiedsgeschenken unserer Väter und wünscht sich eine ähnliche handgefertigte Kette. Bevor wir in die Pilgermesse gehen, tauschen wir E-Mail-Adressen aus und betreten kurz vor 20:00 Uhr die prachtvolle kleine Kirche. Die feierliche Messe erstreckt sich über etwas mehr als eine halbe Stunde und endet mit der Segnung aller Pilger, die ein Gebet in ihrer jeweiligen Landessprache ausgehändigt bekommen. Gesegnet verabschieden wir uns von Willi sowie der Zivilisation und wandern zu unserem Zeltplatz und kämpfen mit dem Insektenspray „Anti-Brumm“ gegen all die aufdringlichen Mücken.

04. Pilgertag
    ETAPPENZIEL: VIANA

    Auch wenn die stechenden Biester extrem hartnäckig waren, haben wir die Nacht überlebt und brechen gegen 9:00 Uhr in das 19 km entfernte Viana auf.
    Komisch; heute ist gerade mal Samstag, der 30. August und wir sind erst seit drei Tagen auf dem Camino-, dennoch habe ich in der vergangenen Nacht vom Duschen geträumt. Egal! Intensive Körperpflege ist nicht drin! Wir sind Camper!
    Während des Wanderns schließen wir heute Bekanntschaft mit Inge, mit der wir einige Kilometer gemeinsam laufen. Irgendwann macht sie eine Pause und wir schlendern weiter. Wir sind kaputt. Inge hat einen zügigen Schritt und holt uns aus diesem Grund bei unserer nächsten Trinkpause schnell wieder ein. Leider ist ihr derweil der Brustgurt ihres Rucksacks gerissen. Ein wenig Band aus unserem Survivalset schafft zumindest vorübergehend Abhilfe. Inge verabschiedet sich dankend und als Conny und ich gerade weiterlaufen wollen, sprechen uns zwei freundliche brasilianische Radfahrer an. Der jüngere der Beiden unterhält sich mit mir auf Portugiesisch, während ich ihm auf Spanisch antworte. Irgendwie funktioniert das Ganze und wir kommen zu der revolutionierenden Schlussfolgerung, dass sich die romanischen Sprachen ja sehr ähneln und man sich halbwegs verständigen kann.
    Viana erreichen wir heute gegen 15:00 Uhr und werden in unserer träumerischen Urlaubsstimmung schnell gebremst, als wir feststellen, dass wir uns nicht wie gewohnt unser Brot mit Käse kaufen können, weil die Läden samstags geschlossen haben. Diese Krisensituation besprechen wir zunächst bei einer Cola in einer kleinen Bar inmitten einer engen, typisch spanischen Straßengasse. Wir kommen zu dem Schluss, dass es wohl das Beste sei, die umliegenden Restaurants nach dem günstigsten Essen abzuklappern. Nachdem wir uns gegen ein Pilgermenü für zwölf Euro pro Person entscheiden, wird es für jede eine vegetarische Pizza für sechs Euro. Das Ding ist leider nur die Miniausgabe von dem was wir beide sonst verputzen. Normalerweise gibt es in heimischen Gefilden ein ganzes Blech für uns zwei. Macht ja nichts! Wir sind schließlich genügsame Pilger und werden doch halbwegs satt. Weil es uns natürlich auch an genügend Trinkwasser mangelt, entern wir wenig später noch eine kleine Nische mit Getränke- und Süßigkeitenautomaten.
    Es gibt zwar in sämtlichen Orten Trinkwasserquellen, doch unser Präventionsbedarf in Bezug auf potentielle Wasservergiftungen ist so groß, dass wir ausschließlich in dringenden Fällen auf diese Bezugsmöglichkeiten zurückgreifen. Und dann auch nur, wenn wir mindestens eine ordentliche Portion Entkeimungsmittel hinzugefügt haben. Wahrscheinlich bringt uns allein das Zeug um!
    Jedenfalls leisten wir uns gerade zwei 0,5 Liter-Flaschen kaltes Wasser, als uns eine deutsche Pilgerin anspricht. Die Stuttgarterin stellt sich mit dem Namen Friedrun vor und begrüßt uns mit den Worten „Ach, ihr müsst wohl die zwei netten Mädels mit dem tollen Wanderstab sein. Und da ist ja auch die tolle Muschelkette! Ihr schlaft doch im Zelt, nicht wahr?“. Wir sind baff. Woher weiß sie das alles? Von uns existieren doch hoffentlich keine „Wanted-Plakate“ auf dem Camino !
    Wir folgen ihr in die nächste Bar, in der die Australierin Alice und der Schweizer Wolfgang sitzen. Nachdem die Vorstellungsrunde erfolgreich abgeschlossen ist und wir eine Weile miteinander geplauscht haben, wird es plötzlich sehr laut und lebhaft in der winzigen Straße. Eine kleine
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