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Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.

Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.

Titel: Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.
Autoren: Mady Host
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interpretiert werden oder lässt Nahtod-Erlebnisse zu etwas scheinbar Übersinnlichem werden. Also ist Gott nur etwas, das wir uns einbilden?
    Es stellt sich die Frage, wozu wir überhaupt über diesen Teil des Gehirns verfügen. Ist es ein Schutzmechanismus, um Krisensituationen besser überstehen zu können und um ein Gefühl von Halt und Sicherheit zu bekommen oder hat es einen Gott gegeben, der dieses Zentrum bewusst in unsere Köpfe eingebaut hat, damit wir wissen, dass es ihn gibt? Ist es also quasi wie eine Nachricht an uns Menschen? Verkennen nur viele Menschen diese Form der Kontaktaufnahme? Können die Menschen, die seine Botschaft erhalten haben, einfach viel mehr sehen? Friedrun stellt sich vor, dass die Funktionen des menschlichen Auges einfach so unterentwickelt sind, dass wir manches einfach nicht sehen können. Sie fordert mich auf, mir auszumalen, ich wäre in der Lage einen Baum nicht nur dreidimensional wahrzunehmen sondern multidimensional. Damit hat sie mich! Ich bin begeistert und male mir den geforderten Baum total freaky aus. In meiner Phantasie sehe ich das gesamte Innenleben des Stammes und der Blätter, kann die zarten Adern, die ein saftiggrünes Laubblatt durchlaufen, erkennen und sehe die Baumwurzeln in ihrer gesamten Komplexität. Alles wirkt irgendwie kräftig, deutlich und bunt. Und nein! Wir haben während dieses Gesprächs keinen Joint geraucht oder fragwürdige Pilze gegessen. Es ist auf natürliche Weise einfach nur erfüllend im kuscheligen Schlafsack zu liegen, die Grillen zirpen zu hören, von Zeit zu Zeit mit „Anti-Brumm“ herumzusprühen und die Sterne anzusehen. Richtig mysteriös wird es, als sich der Himmel urplötzlich zuzieht. Von links und rechts schiebt sich eine dicke Wolkendecke über die Nacht. Eine voluminöse eintönige, dunkle Wand rollt ganz langsam heran und verleiht dem Nachthimmel ein überaus mystisches Aussehen. So etwas haben wir beide noch nie gesehen! Das nächtliche Schauspiel ist so immens, als wolle es uns langsam aber sicher verschlingen.
    Auf einmal kehrt Ruhe ein. Die Wolkenfronten erstarren und bewegen sich keinen Zentimeter weiter. Sie haben gerade genügend Platz gelassen, dass die Erdlinge ,Friedrun’ und ,Mady‘ noch ungehinderte Sicht auf den dunklen, schönen Himmel mit seinen Abermillionen Sternen genießen können. Wir sind fassungslos. Dieser Zustand hält mindestens noch eine viertel Stunde an, bis dann der gesamte Himmel bedeckt ist. Das finden wir ein wenig schade, aber haben keine Gelegenheit diese Tatsache länger zu bedauern, weil wir in der Entfernung Blitze und Wetterleuchten ausmachen können.
    Na Klasse! Wir liegen wie die Regenwürmer vor einem kleinen Kuppelzelt immittelbar an einem See, der ja nun mal eine hervorragende Leitfähigkeit für Blitze besitzt und warten unser Schicksal ab. Weil ich gern Fragen stelle und unglaublich gern plane, will ich von Friedrun wissen, wie wir es denn handhaben wollen, wenn uns ein Gewitter erwischt: Graben wir uns Löcher und verstecken uns darin? Gehen wir hoch zum Park-Restaurant? Klettern wir auf den nächst höchsten Baum? Wecken wir Conny...? Mit der darauf folgenden Antwort habe ich nun überhaupt nicht gerechnet. Friedrun sagt: „Weißt du, wir machen jetzt einfach die Augen zu, schlafen und dann passiert nichts.“. Soviel dazu. Also „gute Nacht“!

Pilgertag 06.
    ETAPPENZIEL: NÁJERA

    Die Nacht war wirklich gut; so erwache ich erholt gegen halb sieben und genieße das Gefühl der frischen Seeluft, die mir zart über’s Gesicht streicht. Die morgendliche Brise riecht fantastisch und ich freue mich auf den anbrechenden Tag. Völlig gelöst, liege ich noch ein Weilchen einfach nur still da und denke an nichts. Es geht mir sehr gut und ich habe das Gefühl, total richtig hier zu sein, wo ich gerade bin.
    Das geht mir auf dem Camino nicht zum ersten Mal so. Ich habe zwar in meinem Alltag auch nicht das Gefühl, etwas Falsches zu tun, aber hier fällt mir direkt auf, dass ich mich einfach nur „richtig“ fühle und ganz oft an keinem anderen Ort sein will, als ich es gerade bin. Langsam erwachen jetzt auch Friedrun und Conny und begrüßen diesen schönen Morgen, der auf eine unwetterfreie Nacht gefolgt ist. Die gute Friedrun hat mit ihrem kleinen Trick also Recht behalten! Wir schlüpfen allmählich in unsere müffeligen Wanderschuhe und packen unsere Sachen zusammen. Währenddessen bemerkt Friedrun den Verlust ihres Freundschaftsarmbandes, das sie auf ihrer Reise geschenkt
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