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Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)

Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)

Titel: Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)
Autoren: Filomena Nina Ribi
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nicht verarbeitete Trauer um ihren verstorbenen Vater. So war sie eines Nachts mit ihrer Tochter davongebraust und hatte sich scheiden lassen wollen. Aber sowohl Henry als auch Fiona konnten nicht aufgeben: Sie versöhnten sich und versuchten, die Beziehung zu retten. Also hatten sie ihr Haus verkauft und waren zusammen nach Amerika ausgewandert in der Hoffnung auf ein zusammenschweißendes Abenteuer und einen Neustart.
    „Ich hätte es dabei belassen sollen“, antwortete Fiona jetzt. „Nach einigen Jahren war alles wieder wie vorher – wie damals, als wir noch hier gewohnt haben. Die Zeit des Enthusiasmus im neuen Land war bald verflogen – der Alltagstrott und die Streitereien kehrten zurück. Und ich durfte ja dort nicht arbeiten, dafür hatte ich keine Bewilligung. Und Henry tüftelte nur an seinen Computerprogrammen – das war sein einziges Interesse nicht nur während, sondern auch nach der Arbeit.“
    „Mmmm … ja, ich könnte das auch nicht aushalten“, sagte Serena mitfühlend. „Aber hast du es ihm denn gesagt?“
    „Doch, natürlich, aber es änderte sich nichts. Nur dadurch dass ich mich äußere ist das Problem ja nicht gelöst. Es braucht mehr. Ich wäre gerne mit ihm ausgegangen – ins Kino oder ins Restaurant, aber er hatte nie Zeit oder Lust. Und je mehr ich mich beschwerte, desto mehr meinte er, ich würde ihn nur ständig kritisieren und stellte auf stur.“
    „Nein, das ist nicht schön.“
    „Ich fühlte mich im Stich gelassen. Wir lebten miteinander und nebeneinander, aber nicht füreinander – bis ich eines Tages feststellte, dass ich gar nichts mehr für ihn empfand: Es war keinerlei Gefühl mehr da, einfach weg. Ich teilte ihm das mit in der Hoffnung, es würde sich etwas ändern. Aber nichts geschah. Irgendwann konnte ich nicht mehr damit leben und da man den Charakter eines Menschen nicht ändern kann – sei es meinen oder seinen –, musste ich gehen. Wir passten einfach nicht mehr zusammen. ‚Unüberbrückbare Differenzen‘, wie man so sagt – jetzt weiß ich, wie sie sich anfühlen. Also habe ich meine Koffer gepackt und bin mit Vidya zurück in die Schweiz geflogen.“
    „Wie hast du dich denn jetzt hier wieder eingelebt?“, fragte Giacomo. „Ich meine, du warst die letzten Jahren in Palo Alto: ein anderes Klima, andere Leute und eine andere Kultur. Und hier im Tessin hat sich inzwischen auch einiges geändert.“
    „Ja, es ist seltsam: Ich war weg, habe mich verändert und als ich zurückkam, war auch hier vieles anders. Durch das neue Gotthard-Basistunnel – dadurch, dass die Distanz Bellinzona-Zürich durch die Alpen mit dem Zug so kurz geworden ist – leben im Tessin jetzt komplett andere Menschen: Leute, die Früher in Zürich wohnten und arbeiteten, arbeiten jetzt zwar noch immer dort, wohnen aber im Tessin.“
    „Von fast drei Stunden früher auf eine Stunde Reiseweg, das ist schon beeindruckend“, meinte Giacomo.
    „Ja – das hat regelrecht zu einer Durchmischung von zwei Kulturen geführt.“
    Die Verbindung zwischen einem südlichen engen Tal im Gebirge der Alpen und der nördlichen Welt war verbessert worden, wodurch die Deutsche und die Italienische Schweiz nun die Gelegenheit hatten, sich zu durchmischen. Das führte dazu, dass die Immobilienpreise im Tessin anstiegen, denn in Zürich waren die Löhne höher. Aber der Zustrom an neuen Bewohnern verbesserte auch die öffentlichen Verkehrsmittelverbindungen innerhalb des Tessins und allgemein wuchs auch das Freizeitangebot. Deutschschweizer wollten nicht nur „costine e polenta“ im „Grotto“ essen. Kulinarisch gesehen war die schnellere Verbindung zwischen den kulturell unterschiedlichen Kantonen ein Segen. Im Tessin gab es jetzt libanesische, thailändische und indische Restaurants, die es früher nicht gegeben hatte, weil die Kundschaft dafür gefehlt hätte.
    Ein frischer Wind wehte. Für Fiona war es die Chance, in ihrem Leben neu anzufangen: Sie hatte eine Arbeit in einem Altenheim gefunden, die sie besonders erfüllte, denn es war eine sehr moderne Form von Altenheim: Im Unterschied zu älteren Modellen wohnten die betagten Personen hier in kleinen Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen, wo sie ihre Selbständigkeit bis zuletzt ausleben konnten. Im selben Gebäude befand sich auch Fionas Büro-Wohnung. Brauchte jemand Hilfe – sei es, um Einkaufstaschen zu tragen oder um eine Lampe zu montieren –, dann konnte man einfach an ihrer Tür läuten.
    Fiona war dort unter anderem auch für die
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