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Zur Kasse, Schnaeppchen

Titel: Zur Kasse, Schnaeppchen
Autoren: Willy Schneider
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unsere Denkschablonen kennen und wissen, wie sie funktionieren. Da solche Mechanismen nicht nur ab und zu von einigen wenigen unseriösen Unternehmen genutzt werden, sondern wissenschaftlich erforscht und systematisch eingesetzt werden, liegt es in unserem eigenen Interesse, unsere Denkschablonen und das daraus resultierende Verhalten zu kennen und gegebenenfalls zu hinterfragen. Und hierzu dient dieses Buch. Um zu verstehen, wie Autopilot und Pilot funktionieren, unternehmen wir einen kurzen Ausflug in die Gehirnforschung.

Das Märchen vom Homo oeconomicus
    Lange Zeit wurde davon ausgegangen, dass das Großhirn, genauer gesagt der Neokortex als Sitz der Vernunft, die wichtigste und bestimmende Hirnregion des Menschen sei. Der Mensch und demnach auch der Konsument seien demnach vernunftgesteuerte Wesen, denen jegliches Gefühl fremd ist. Ihren Niederschlag fand dieses Menschenbild in der Idealvorstellung vom Homo oeconomicus.
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    Doch wer ist dieser Homo oeconomicus, dieses ominöse Fabelwesen, das Studierende der Wirtschaftswissenschaften vom ersten Semester an bis in ihre Träume verfolgt? Er ist so etwas wie der Comicheld der Ökonomie, ein Superman, der über folgende Eigenschaften verfügt:
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    Er handelt immer rational. Emotionen sind für ihn ein Fremdwort, beim Einkauf ist er ganz kalt ums Herz.

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    Er will ständig seinen Nutzen maximieren, d. h. sich das beste Preis-Leistungs-Verhältnis sichern. Er konzentriert sich ausschließlich darauf, für eine bestimmte Leistung möglichst wenig zu bezahlen bzw. für ein bestimmtes Budget eine maximale Leistung zu erhalten.
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    Er hat den vollständigen Marktüberblick und verfügt über sämtliche Informationen in Echtzeit. Damit kennt er sämtliche Produkte und deren Eigenschaften sowie Preise ganz genau.
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    Er reagiert unendlich schnell auf Marktveränderungen. Erhöht etwa ein Händler in China den Preis für Tsing-Tsang-Bier um einen Yuan, bezieht dies unser Superheld sofort in seine Überlegungen mit ein.
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    Ziemlich weit von der Wirklichkeit entfernt. Das kann sich doch nur so ein Eierkopf in seinem wissenschaftlichen Elfenbeinturm ausgedacht haben, werden Sie denken. Und da liegen Sie gar nicht so falsch. (Mit »Egghead« bezeichnet man im Englischen übrigens einen Intellektuellen.)
    Â 
    Wir überschätzen unsere Rationalität gewaltig. Die Vorstellung eines rational entscheidenden Konsumenten ist nicht länger aufrechtzuerhalten.

Ein Blick in unser Cockpit
    Folgt man den neueren Erkenntnissen der Gehirnforschung, muss man sich vom Bild des rein vernunftgesteuerten Konsumenten und erst recht vom Idealbild des Homo oeconomicus endgültig verabschieden. Denn unsere Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung laufen in zwei unterschiedlichen, einander ergänzenden Systemen ab: Einem System, welches Entscheidungen mittels Intuition fällt (»Autopilot«, der im Zwischenhirn sitzt), und einem »rationalen« System, das logisch denkt (»Pilot«, der im Großhirn, sprich Neokortex angesiedelt ist). 2
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    Der Neokortex (= Großhirnrinde) ist das einzigartige Kennzeichen des Menschen. Im Laufe der Evolution vom frühen Australopithecus
(= Südlicher Halbaffe) vor 4,5 Mio. Jahren, der sich durch einen aufrechten Gang auszeichnete, bis zum heutigen Homo sapiens (= wissender Mensch) hat sich das menschliche Neokortex-Volumen von damals 300 ccm auf ca. 1.200 bis 1.300 ccm rund vervierfacht.
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    Mit der Entwicklung des Neokortex hat sich zwar die Komplexität unseres Verhaltens und Denkens erhöht. Die grundsätzlichen Zielsetzungen sind aber im Zwischenhirn verankert, das uns somit wie ein Autopilot unbewusst auf Kurs hält. Kommen wir von unserem Kurs ab, ruft dies negative Gefühle (Angst, Ärger, Wut) hervor, die wir durch entsprechende Handlungen zu beseitigen bzw. zu vermeiden suchen. Befinden wir uns wieder auf dem richtigen Kurs, werden wir durch positive Gefühle (Lust, Spaß, Geborgenheit, Glück) belohnt. Diesen Überlegungen folgend hat nicht der vernünftige Neokortex, sondern das Reptilienhirn eine Vormachtstellung in unserem Hirn.
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    Unser »Autopilot« im Zwischenhirn trifft schnell, automatisch und mit wenig Aufwand Entscheidungen. Er steuert uns durch die normalen alltäglichen Routinen und lässt uns schnell sowie effizient entscheiden. Die weit überwiegende Mehrzahl unserer
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