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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen
Autoren: Else Buschheuer
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Masterplan!«

NÄHKÄSTCHEN
    Es war seltsam, die Wohnungstür aufzuschließen und in meinem Apartment zu stehen. Es wirkte wie ein riesiger Saal, verglichen mit meiner Zelle. Ich fühlte mich, als sei ich Jahre weg gewesen. Ich war erleichtert, dennoch fehlte mir der Halt der Gitterstäbe. Schließlich war ich nicht nur eingesperrt gewesen, sondern auch geschützt. Steinbrecher war nicht nur mein Wärter gewesen, sondern auchmein Bodyguard, meine Abschottung von der verrückten Welt, eingeteilt in fremde Zeiteinheiten, mit ritualisierten Abläufen und kindlichem Stubenarrestgefühl. Nur zwei Wochen war ich weg gewesen.
    Mit flauem Gefühl betrat ich den Balkon und sah hinüber zum Schwarzen Bunker. Für Liegestütze mit Zwischenklatschen hatte es nicht gereicht. Nun wurde schon die nächste Sau durch Rizz getrieben. Ich dachte daran, wie ich das erste Mal mit Frau Puvogel auf den Balkon getreten und etwas Unheilvolles in mir hochgeschwappt war.
    Es klingelte zweimal kurz, einmal lang. Wäre es nicht das vereinbarte Klingelzeichen gewesen, ich hätte Gritli nicht erkannt. Ihre sonst etwas faden Haare schienen blonder geworden zu sein, sie trug sie offen und gewellt. Ihr leichtes Kleid zeigte Beine, die sie viel zu lange lahmgestellt, die sie viel zu lange unter flatternden Hosenbeinen und Orthesen versteckt hatte. Ihre Augen waren dunkel umrandet, die Wimpern schwarz getuscht.
    »Gritli«, rief ich.
    Sie küsste mich auf den Mund. Kurz fühlte ich mich wie ein untreuer Ehemann.
    »Du schmeckst irgendwie seltsam.«
    »Soll ich mich rasieren?«
    »Nee, lass mal, das hat was.«
    Sie roch an mir. »Du riechst auch seltsam.«
    »Ich war im Knast, Mann.«
    »Aber doch nicht zehn Jahre!«
    Ich ließ sie herein.
    Wie eine Geschäftsfrau marschierte sie vorbei, setzte sich auf den Stuhl, schlug die Beine übereinander und breitete Zeitungen auf dem Tisch aus.
    »Erst mal eine kleine Presseschau! Die Beisetzungszeremonie ...«
    »... hab ich im Fernsehen gesehen, hatte einen in der Zelle.«
    »Vornehm geht die Welt zugrunde! Was du nicht gesehen haben kannst: Unmittelbar danach ist Müller durchgedreht.«
    »Hat er wieder so einen Gaga-Anfall gehabt?«
    »Ja, er war vollkommen überzeugt, dass ich Felicitas bin und dass eine gewisse Gräfin beerdigt würde. Er fragte auch nach dir, ihr hättet eine Rechnung offen. Er lamentierte herum, wurde vulgär, hat die Gäste beleidigt. Teuben hat ihn grade noch wegschaffen können. Am nächsten Tag tauchte ein Gutachten von der Kopfklinik auf, dass er dement sei. In der Presse stand, dass er pleite ist, dass er Mitglied in der Thanatos-Organisation ist, die mit illegalen Substanzen handelt. Das klang fast so, als wäre er ein Drogenfürst von Weltformat.«
    »Das hat ihm sicher geschmeichelt. War es der Mittagskurier ?«
    »Jemand hat ganz massiv versucht, ihn fertigzumachen.«
    »Und wer?«
    »Gleich! Hast du noch irgendwo dein Strickmuster rumliegen?«
    Ich zog unterm Bett die Skizze vor, die ich mit der Gewissenhaftigkeit eines Musterschülers geführt hatte, als ich noch an das Wahre und Gute geglaubt hatte. »Da, schau! Fällt dir was auf? Hier und hier!« Gritli pochte abwechselnd auf Müller und Big Ben. »Da gibt es alte Rivalitäten, aber auch Verbindlichkeiten. Die würden sich gern vernichten, sie könnten es auch, aber irgendwas hält sie zurück.«
    Sie hatten beide was mit Mutter, hätte ich an dieser Stelle sagen können, sagen müssen, aber es war mir peinlich.
    »Die Kampagne gegen Müller fand jedenfalls nicht im Mittagskurier statt, sondern im Rizzer Stadtmagazin , dessen Autoren offenbar keine Rücksicht nehmen müssen. Da gab es auch einen Seitenhieb auf Big Ben, sein Name sei ausgedacht, sein Doktortitel gekauft, seine Lateinphrasen Bluff. Und noch was. Ich war neulich in der Redaktion, du weißt ja, ich hab deine Serie übernommen, und da habe ich eine seltsame Entdeckung gemacht. Sie hier ...« Gritli zeigte auf den Namenvon Kuki Bobito. »... sie kam aus von Rubes Büro. Und am nächsten Tag war DAS der Titel vom Mittagskurier .« Gritli hielt die Zeitung hoch:
    »Kuki Bobito – schön, klug, rassig: Der neue Star am Rizzer Promihimmel plaudert aus dem Nähkästchen«, stand da, garniert mit einem extrem schmeichelhaften Foto der neuen Tatort-Kommissarin, mit der ich gerade Sex gehabt hatte. Ich riss Gritli die Zeitung aus der Hand, von einem wohligen Schauer gepackt.
    »Das ist doch kein Zufall«, sagte sie.
    »Vielleicht ja doch?«
    »Ich glaub’s
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