Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zu einem Mord gehoeren zwei

Titel: Zu einem Mord gehoeren zwei
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
Straße auftauchen, und ganz automatisch bremste er und bog nach rechts ab. Am Ende der Straße erkannte er den hoch aufgeschütteten Damm, auf dem die S-Bahn fuhr, und davor das flache Gebäude der Brandenburgischen Vereinsbank. Noch hundert Meter…
    Noch konnte er umkehren. Er nahm den Fuß vom Gaspedal. Wenn sich doch nur ahnen ließe, wohin das alles führte. War es seine Rettung, war es sein Untergang? Eines war sicher: Wenn er am Freitag nicht hunderttausend Mark zusammen hatte, dann war er erledigt.
    Konkurs, Offenbarungseid, aus!
    Bis zu seinem Tode würde er damit zu tun haben, seine Schulden zurückzuzahlen. Hans-Joachim Tomaschewski, ein armer Schlucker, der sich nichts mehr leisten konnte. Keine Barbesuche mehr, keine Reisen nach Tanganjika oder Ceylon, keine Frauen, die erst ein Nerz umzustimmen vermochte, keine Parties, keine Sonntage auf dem Golfplatz, keine Villa, keine Anzüge aus London und kein Professor, wenn der Magen wieder mal Schwierigkeiten machte. Nur ein lumpiger Kassenarzt… Das war doch kein Leben!
    Kinder spielten in den Gärten, Rasensprenger zauberten Regenbogen hervor, ein gutgelaunter Briefträger lieferte einer zarten alten Dame einen Einschreibebrief ab, zwei alte Männer standen dicht beisammen und erzählten von Königsberg – sein Vorhaben paßte nicht in diese heile Welt. Er hatte Angst davor, all diesen Menschen mit seiner Tat weh zu tun.
    Aber er hatte schließlich alles darangesetzt, um auf ehrliche Art und Weise zu neuem Geld zu kommen. Bloß hatte ihm kein Schwein was borgen wollen. Tut uns leid, Herr Tomaschewski, aber wir können Ihnen leider nicht helfen. Ihr Absatz geht von Monat zu Monat zurück. Sie können keine ausreichenden Sicherheiten bieten. Und Ihre Kalkulation – Sie haben zu teuer eingekauft, Ihre Läger sind überhöht, und Ihre Privatentnahmen sind viel zu hoch gewesen… Vielleicht hätte er sich noch retten können, wenn nicht plötzlich einer seiner Hauptschuldner Pleite gemacht hätte. Es war also nicht seine Schuld, daß es so gekommen war.
    Es war Wahnsinn, was er da vorhatte, heller Wahnsinn. Aber es war der einzige Ausweg. Und wem tat es schon weh, wenn er die Bank um hunderttausend Mark erleichterte? Diese verdammten Bankbeamten kamen mit drei Minuten Todesangst noch gut davon – zu oft hatten sie ihn abblitzen lassen. Er haßte sie, diese kühlen, arroganten Männer mit ihrer mechanischen Höflichkeit.
    Er hatte Glück: Unmittelbar vor der Bank fand sich ein leerer Parkplatz. Er zögerte nicht lange; schon hielt er am Rinnstein. Sein Blick glitt die Heinsestraße hinauf und wieder hinunter. Oben hielt gerade ein S-Bahnzug, und eine Handvoll Frauen kam durch die Sperre. Sie verloren sich bald. Die Mittagshitze sorgte dafür, daß die Leute die Straße mieden. Drüben im Selbstbedienungsladen war noch ein wenig Betrieb, aber das störte ihn nicht. Der Mann vom Reisebüro ging gerade zum Essen. Drinnen in der Bank erkannte er zwei Männer. Der eine war ziemlich schmächtig und schien ein netter alter Herr zu sein, der andere dagegen war noch jung an Jahren und machte einen recht munteren Eindruck.
    In diesem Augenblick spürte Tomaschewski, daß er sich endgültig entschieden hatte. Die Würfel waren gefallen. Er wollte es tun… Wozu sonst die ganzen Vorbereitungen, die Beretta, der gestohlene Wagen? Der dörfliche Frieden war ärgerlich; man mußte ihn zerstören.
    Tomaschewski zog den Strumpf aus der Tasche und legte ihn zurecht. Er schwitzte am ganzen Körper und spürte deutlich, wie der Schweiß an seiner Wirbelsäule hinunterlief. Schon roch er säuerlich nach nassem, gärendem Heu. Er ekelte sich vor seinem eigenen Körpergeruch. Seine Finger zitterten, als er die schwarze Aktentasche zu sich heranzog. Ob sie groß genug war, alle Geldscheine aufzunehmen?
    Schon wollte er sich den entscheidenden Ruck geben, da stieß ein Mann in einem weißen Kittel die Messingtür auf und verschwand im Innern der Bank. Es mochte der Besitzer des Radiogeschäftes am Ende der Straße sein… Eine kleine Frist für Tomaschewski. Aber obwohl seine Angst von Sekunde zu Sekunde zunahm, dachte er nicht mehr daran, jetzt noch aufzugeben.
    Er erinnerte sich an seinen ersten Flug. Achtzehn war er damals gewesen, oder auch erst siebzehn. Er hätte schreien können vor Angst, als die Maschine dem Start zurollte. Aber es gab ja kein Entrinnen mehr; er war nun mal eingestiegen und hatte es zugelassen, daß sie die Tür hinter ihm geschlossen hatten. Er war dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher