Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zu einem Mord gehoeren zwei

Titel: Zu einem Mord gehoeren zwei
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
Geschafft. Er hatte es geschafft!
    Der Überfall hatte keine vier Minuten gedauert.

 
    2
    OBERKOMMISSAR MANNHARDT
     
     
     
    Mannhardt starrte gedankenverloren auf sein hölzernes Schachbrett. Nachdem er eine Partie gegen sich selber gespielt hatte, wobei es ein nicht unerwartetes Remis gegeben hatte, war er nun in das Problem vertieft, wie man als Angreifer am besten den wunden Punkt jeder schwarzen Stellung ausnutzen konnte, das heißt, wie sich der Bauer f7 am effektvollsten angreifen ließ. Hm, f7 war der Bauer, der vor dem Königsläufer stand und nur vom König verteidigt wurde. Gewiß, Mannhardt liebte das Schachspiel nicht gerade, aber er war es seinem Image als kombinierender Kriminalkommissar schuldig, daß er es so einigermaßen beherrschte. Wieder störten ihn Schritte. Er begrüßte Lilo, die gerade vom Einkaufen zurückkam, mit einem vernichtenden Blick.
    «So wie du gebaut bist, solltest du lieber Kugelstoßen trainieren und nicht Schach spielen!» Sie musterte ihn mit einem gewissen Stolz. «Fahren wir nachher zum Baden?»
    «Hm…» Er nickte, obwohl er sich lieber in den Liegestuhl gelegt und Fontanes Irrungen Wirrungen zu Ende gelesen hätte. Jetzt waren sie bald fünfzehn Jahre verheiratet; er hatte gelernt, auf seine eigenen Wünsche zugunsten von Frieden und Harmonie zu verzichten. Er bedauerte nicht, Lilo damals geheiratet zu haben, aber in seinen Tagträumen sah er sich am liebsten als harten Einzelgänger durch die Wildnis des Amazonas streifen, als sonnenverbrannten Ingenieur in der libyschen Wüste nach Öl bohren oder als bewunderten Arzt in den peruanischen Anden arme Indianerkinder heilen.
    «Ich mach heute Eierkuchen», sagte sie. «Kirschen habe ich schon geschmort.»
    «Sehr schön…» brummte er. Nach dem zweiten Kind hatte sie die entscheidenden Pfunde zuviel zugenommen. Ihr geblümtes Sommerkleid, orange mit grünen Ornamenten, war viel zu eng. Sie verschwand brummend im Haus. Was blieb ihm weiter übrig, als sie für den Rest seiner Tage zu lieben? Als kleiner Beamter war er von Staats wegen gezwungen, das Leben schön und die Welt in Ordnung zu finden. In diesem Jahr würde es wohl mit dem Hauptkommissar nichts mehr werden. Es hatte also auch nichts genutzt, in die Partei einzutreten.
    Er warf die einfach geschnitzten Schachfiguren in eine Zigarrenkiste, griff sich die Mittagszeitung, die Lilo auf den rotgestrichenen Tisch gelegt hatte, und überflog die Schlagzeilen. Es war doch so egal, ob man den Quatsch las oder nicht.
    Er holte sich eine Bierflasche aus dem Kühlschrank, ein Pils, öffnete sie und ließ die goldgelbe Flüssigkeit in ein herumstehendes Tulpenglas schäumen. Was war bloß mit ihm los? Er hatte einen freien Tag, er war gesund, die Sonne schien auch – und trotzdem fand er die ganze Welt zum Kotzen. Er ließ sich auf einem knarrenden Holzstuhl nieder, beugte den Oberkörper nach vorn und kratzte sich die Schuppen aus dem noch recht dichten Haar. Sie rieselten herab wie Schneeflocken. Er hätte Lehrer werden sollen – Sport, Erdkunde und Geschichte. Sicherlich wäre er ein guter Lehrer geworden. Besonders in Erdkunde. Er konnte heute noch die Hauptstädte aller Länder hersagen oder die fünfzig Staaten der USA. Da hätte er Menschen formen und aufbauen können; jetzt war er dazu verurteilt, die Gescheiterten zur Strecke zu bringen. Wenn er doch bloß die Kraft gehabt hätte, gegen seinen Vater anzukommen. Studieren willst du? Das Abitur machen? Das ist doch alles Firlefanz! Mein Vater war schon bei der Polizei, ich bin bei der Polizei – und wir sind beide glücklich dabei geworden. Du sollst mal mehr werden als Hauptwachtmeister… Und er war mehr geworden. Seine Freunde beneideten ihn wegen seines aufregenden Berufs. Jeden Dienstag und jeden Freitag trugen die Fernsehanstalten mit ihren Krimis dazu bei, daß sein Prestige noch weiter stieg. Er war dußlig, daß er unter diesen Umständen nicht vor Glück zersprang. Naja! Er trank sein Bier und wartete, bis eine tröstende Müdigkeit ihn einhüllte. Vielleicht schaffte sein Sohn den Sprung in ein anderes Leben.
    «Hans!»
    Die etwas schrille Stimme seiner Frau ließ ihn hochfahren. Schlimmer hätte kein Wespenstich wirken können.
    «Was ist denn los?» knurrte er und blinzelte verärgert in die Sonne.
    «Telefon!»
    «Ich bin nicht da, weißt du doch!»
    «Ein Kollege von dir…»
    «Wer denn?»
    «Der Koch.»
    «Der kann mich mal…»
    «Er sagt, es ist dringend.»
    «Ach, der hat bloß wieder die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher