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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich
Autoren: Sarah Dessen
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meine Liste. »Noch mal wegen der Band. Die Leute von dem Saal, wo wir feiern, fragten   –«
    Er winkte ab: »Alles unter Kontrolle. Die Band wird da sein. Richte deiner Mutter aus, sie soll sich keine Sorgen machen.«
    Ich lächelte, weil er das von mir erwartete; dabei wussten wir beide, dass meine Mutter sich wegen dieser Hochzeit nicht die geringsten Sorgen machte. Sie hatte ihr Kleid ausgesucht, den Blumenschmuck gewählt und ab da den gesamten Rest auf mich abgewälzt mit der Begründung, sie bräuchte jede freie Sekunde, um an ihremneuesten Roman zu arbeiten. In Wahrheit hasst meine Mutter es schlicht und einfach, sich mit Einzelheiten abzugeben. Auf neue Projekte stürzt sie sich immer mit Feuereifer, beschäftigt sich dann etwa zehn Minuten damit   – und das war’s. Unser Haus war mit Sachen voll gestopft, für die sie sich, zumindest kurzzeitig, schon mal begeistert hatte: Essenzfläschchen für die Aromatherapie, Familienstammbaum-Software, stapelweise japani sche Kochbücher, ein Aquarium, dessen Glaswände von Algen überwuchert waren und in dem ein einzelner Überlebender schwamm, ein fetter weißer Fisch, der alle anderen gefressen hatte.
    Die meisten Menschen erklären sich das sprunghafte Verhalten meiner Mutter damit, dass sie Schriftstellerin ist   – als wäre damit alles entschuldigt. Blöde Ausrede. Ich meine, auch Gehirnchirurgen können durchgeknallt sein, aber bei denen behauptet niemand, das gehöre eben zum Berufsbild. Zum Glück   – für meine Mutter   – stehe ich mit dieser Meinung allein da.
    »...   schon so bald!«, sagte Don und tippte mit dem Finger auf seinen Terminkalender. »Ist das zu fassen?«
    »Nein«, erwiderte ich und fragte mich, wie wohl der erste Teil des Satzes gelautet hatte, bevor ich fortfuhr: »Es ist wirklich unglaublich.«
    Er lächelte und blickte erneut auf den Terminkalender; der Tag der Hochzeit, der zehnte Juni, war mehrfach in unterschiedlichen Farben umkringelt. Aber man konnte ihm nicht verdenken, dass er sich freute. Don war in einem Alter, in dem die meisten seiner Freunde geglaubt hatten, dass er sowieso nicht mehr heiraten würde. Er hatte die letzten fünfzehn Jahre allein in einer Eigentumswohnung direkt an der Stadtautobahn gewohntund den Großteil seiner Zeit, sofern er nicht gerade schlief, damit zugebracht, mehr Toyotas zu verkaufen als irgendwer sonst im gesamten Bundesstaat. Nun würde er in neun Tagen nicht nur Barbara Starr, die Bestsellerautorin, bekommen, sondern meinen Bruder Chris und mich im Doppelpack gleich dazu. Und er freute sich darüber. Es war tatsächlich unglaublich.
    In dem Moment summte es laut und durch die Gegensprechanlage auf dem Schreibtisch drang eine Frauenstimme. »Don, Jason hat einen Acht-Siebenundfünfziger an der Angel, braucht allerdings sofort deinen persönlichen Einsatz. Kann ich die beiden reinschicken?«
    Don sah mich kurz an, drückte auf den Knopf und antwortete: »Klar. Gib mir fünf Sekunden.«
    »Acht-Siebenundfünfziger?«
    »Autohändlerjargon«, sagte er beiläufig, erhob sich und strich sein Haar glatt, um den kahlen Fleck auf seinem Schädel zu überdecken. Hinter ihm war auf dem Hof ein rotgesichtiger Verkäufer zu sehen, der einer Frau gerade die Schlüssel ihres neuen Autos aushändigte. Das Kind der Frau zerrte an ihrem Rock, aber sie beachtete es gar nicht, sondern nahm verzückt ihre Schlüssel in Empfang.
    »Tut mir Leid, dass ich dich rausschmeißen muss.«
    »Ich war sowieso fertig.« Ich stopfte die Liste wieder in meine Tasche.
    »Ich weiß wirklich zu schätzen, was du für uns tust, Remy.« Er trat um den Schreibtisch herum zu mir und legte mir in Papa-Manier eine Hand auf die Schulter. Ich versuchte krampfhaft, nicht an die vielen Stiefväter vor ihm zu denken, die das Gleiche getan hatten   – dasgleiche Gewicht auf meiner Schulter, die gleiche Bedeutung der gleichen Geste. Auch sie hatten geglaubt, sie würden von Dauer sein.
    »Kein Thema«, antwortete ich. Er nahm seine Hand wieder weg und öffnete die Tür, um mich hinauszulassen. Im Flur vor dem Büro wartete ein Verkäufer mit einer Kundin, die jener Acht-Siebenundfünfziger   – vermutlich ein Codewort für Unentschlossene   – sein musste: eine kurz geratene Frau, die ihre Handtasche umklammerte und ein Sweatshirt trug, das ein Kätzchen zierte.
    »Don«, meinte der Verkäufer gewandt, »darf ich dir Ruth vorstellen? Wir tun doch, was wir können, damit sie noch heute in ihren neuen Corolla steigen kann,
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