Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit
Autoren: Johanna Lindsey
Vom Netzwerk:
kriegen.«
    »Ihr seid kein Hausgast«, erwiderte der Junge kühl.
    »Aber man wird mich als solchen behandeln, um mich bei Laune zu halten«, erklärte Jamie in beiläufigem Ton. »Ich kann dir versichern, dass mein Zorn dem alten Dugald höchst unangenehm wäre.«
    »Wer seid Ihr denn dass Ihr von Eurer Rache zu sprechen wagt, obwohl Ihr da unten festsitzt?«
    »Und wer bist du?«
    »Niall Fergusson - Dugalds Sohn.«
    »Oh, der junge Laird!« Jamie war überrascht. »So ein winziges Bürschchen...«
    »Ich bin dreizehn!« stieß Niall ärgerlich hervor.
    »Oh - schon so alt? Ja, ich habe gehört, wie oft Fergusson sein Glück versuchen musste , bis du endlich ankamst.« Jamie lachte, dann stöhnte er auf, als sich das qualvolle Pochen in seinem Kopf verstärkte.
    »Seid Ihr verletzt?« erkundigte sich Niall mit echter Besorgnis.
    »Ich habe nur eine kleine Beule.«
    Schweigend beobachtete Niall, wie der Gefangene den Vogel verzehrte. Es war ein großer, breitschultriger Mann, der da unten im Verlies saß, in einen gelbgrünen Tartan mit grauen Streifen gehüllt, mit langen, kräftigen Beinen. Sein glattes Gesicht wirkte erstaunlich jungenhaft trotz des kantigen Kinns und der schmalen Habichtsnase, und seine Züge verrieten Charakterstärke und einen eisernen Willen.
    »Ihr habt goldenes Haar«, sagte Niall unvermittelt.
    Jamie blickte grinsend auf. »So, ist dir das auch aufgefallen?«
    »Die Leute erzählen, dass nicht viele so goldenes Haar haben wie der Laird von MacKinnion.«
    »Nun ja, einige Leute in unseren Kreisen haben ihr blondes Haar von normannischen Ahnen geerbt.«
    »Meint Ihr die Normannen, die mit König Edward nach Schottland kamen?« »Ja, vor einigen Jahrhunderten. Du weißt gut Bescheid über unsere Geschichte.«
    »Meine Schwester und ich hatten einen guten Lehrer.«
    »Deine Schwester? Du hast doch vier.«
    »Nur eine hat mit mir studiert...« Niall unterbrach sich und bereute zutiefst, dass er Sheena erwähnt hatte. Es erschien ihm beinahe wie eine Gotteslästerung, mit diesem Hochländer über seine Lieblingsschwester zu sprechen. Er hätte gar nicht herkommen dürfen. Wenn man ihn hier fand, konnte ihm nur noch der Himmel helfen. Aber wie hätte er seine brennende Neugier bezähmen sollen? »Kennt Ihr den Laird von MacKinnion gut?« fragte er den Gefangenen.
    Jamie lächelte. »Ich kenne ihn besser als sonst jemand.«
    »Dann seid Ihr sein Bruder?«
    »Nein. Warum interessierst du dich für ihn?«
    »Weil alle von ihm reden. Angeblich gibt es keinen kühneren Mann.«
    »Er wird sich freuen, wenn er das hört.«
    »Ist er wirklich so hundsgemein?«
    Jamie runzelte die Stirn. »Wer sagt das?«
    »Meine Schwester.«
    »Deine Schwester kennt ihn nicht.«
    »Immerhin hat sie mehr Geschichten über ihn gehört als ich.«
    »... die sie dir natürlich brühwarm erzählen musste !«
    »O nein. Sie wollte mir keine Angst einjagen.«
    »Ha! Offensichtlich hat sie eine verdammt schlechte Meinung von mir! Und welche Schwester ist das?«
    Niall antwortete nicht. Mit großen Augen starrte er den Mann an, der sich soeben versprochen und das noch gar nicht wahrgenommen hatte. »Ihr seid es!« keuchte er. »Ihr seid James MacKinnion! Und mein Vater hat keine Ahnung. ..«
    Jamie unterdrückte einen Fluch. »Du bist verrückt, Junge.«
    »Nein! Ich habe deutlich gehört, was Ihr sagtet. Offensichtlich hat sie eine verdammt schlechte Meinung von mir!<
    Genau das waren Eure Worte! Ihr seid der Laird von MacKinnion!«
    »Hm... Weißt du, was dein Vater mit mir vorhat?«
    »Ihr sollt Euch freikaufen.«
    »Und was würde er mit mir machen, wenn er glauben müßte, dass ich der Anführer seiner Feinde bin?«
    »Wahrscheinlich würde er Euch laufenlassen, ohne Forderungen zu stellen. Wäre Euch das lieber?«
    Zu Nialls Erstaunen schüttelte Jamie den Kopf. »Ich bin keineswegs stolz darauf, dass man mich so überrumpelt hat, und ich will mir das spöttische Gelächter deines Vaters nicht anhören. Es ist schon schlimm genug, wie sie sich alle über mich lustig machen werden, wenn ich wieder daheim bin.«
    »Ihr braucht Euch nicht zu schämen. Fünf Mann gegen einen.. .«
    »Fünf Mann, die keine Gegner für mich gewesen wären, hätte ich auf meinem Pferd gesessen und sie kommen sehen.«
    »Wieso habt Ihr die nicht gesehen - da draußen im Moor?«
    »Ich war nicht im Moor, sondern in einem Wäldchen.«
    Nialls Atem stockte. Auf dem Fergusson-Gebiet gab es nur ein einziges Wäldchen. Und die Bäume umstanden den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher