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Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin
Autoren: Bruce Sterling
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Größeren. Sie sind eifersüchtig, müssen Sie wissen. Sie sind erst etwa zehntausend Jahre beim Nest und haben sich noch keine sichere Position schaffen können. Sie denken immer noch ab und zu, oder machen sich zumindest Gedanken. Nach zehntausend Jahren ist bei ihnen davon immer noch etwas zurückgeblieben.«
    »Wilde!« sagte Afriel. »Sie sagen es! Einer von ihnen hat mich schon an Bord des Raumschiffes gebissen. Für einen Gesandten war sein Benehmen nicht gerade tadellos.«
    »Ja, ich hatte ihm mitgeteilt, daß Sie kommen«, sagte Mirny. »Er war von dieser Aussicht nicht gerade angetan; aber ich konnte ihn mit Fressen bestechen … Hoffentlich hat er Sie nicht zu sehr verletzt?«
    »Ein Kratzer«, antwortete Afriel. »Ich nehme an, daß es hier unmöglich zu einer Infektion kommen kann.«
    »Das glaube ich auch nicht. Höchstens, wenn Sie Ihre eigenen Bakterien mitgebracht haben.«
    »Völlig unmöglich«, sagte Afriel beleidigt. »Ich habe keine Bakterien. Außerdem hätte ich niemals Mikroorganismen in eine fremde Kultur eingeführt.«
    Mirny schaute ihn nicht an. »Ich dachte, Sie hätten vielleicht einige der genveränderten Sonderformen … Wir können jetzt weiter. Die Sprungschwänze haben inzwischen Ihren Geruch durch die Berührung der Mäuler in die Nebenkammer vor uns weitergegeben. In ein paar Stunden hat er sich dann im ganzen Nest verbreitet. Sobald er die Königin erreicht hat, ist er sehr schnell überall.«
    Sie stemmte ihre Füße gegen einen der harten Panzer der Sprungschwänze und stieß sich ab, so daß sie mit Schwung den Gang hinunterglitt. Afriel folgte ihr. Die Luft war sehr warm; in seiner kostbaren Kleidung fing er bald an zu schwitzen; aber sein aseptischer Schweiß war völlig geruchlos.
    Sie verließen den Gang und kamen in eine riesige Kammer, die aus dem festen Gestein herausgehauen worden war. Sie war oval und hatte eine gewölbte Decke; die Länge betrug ungefähr achtzig Meter, die Breite etwa zwanzig. Die Bewohner des Nestes wimmelten umher.
    Sie waren zu Hunderten. Die meisten waren Arbeiter mit acht Beinen und behaart, etwa von der Größe dänischer Doggen. Ab und zu sah man Angehörige der Kriegerkaste, pferdegroße, behaarte Ungeheuer mit scharfen, langen Fangzähnen an den Köpfen, die etwa die Größe und Beschaffenheit von Polstersesseln hatten.
    Ein paar Meter entfernt trugen zwei Arbeiter ein Mitglied der Sensorenkaste. Dieses Wesen besaß einen riesigen, flachen Kopf, der an einem verkrümmten Körperchen befestigt war, welcher fast nur aus Lungen bestand. Der Sensor hatte Augen; aus seinem haarigen Chitin reckten sich lange, gewundene Antennen, die kraftlos hin und her schwankten, als die Träger ihn beförderten. Die Arbeiter suchten mit ihren Füßen, die mit Haken und Saugnäpfen versehen waren, an den rohen Felswänden Halt.
    Ein Ungeheuer mit paddelartigen Gliedmaßen, einem unbehaarten, gesichtslosen Kopf schob sich an ihnen durch die warme stinkende Luft vorbei. Die Vorderseite seines Kopfes war mit den messerscharfen Kiefern, die pausenlos mahlten, und den groben, durch Platten geschützten Säurespeiern ein reiner Alptraum. »Ein Tunneler«, sagte Mirny. »Er kann uns noch weiter ins Nest hineinführen – kommen Sie mit.« Sie glitt auf ihn zu und hielt sich mit einer Hand in seinem Rückenpelz fest. Afriel folgte ihr, ebenso die beiden jungen Sprungschwänze, die sich mit ihren Vorderläufen in der Haut des Biestes festkrallten. Afriel ekelte es, als er den stinkenden, feuchten Pelz anfaßte. Das Ungeheuer paddelte mit seinen acht Füßen weiter, als ob es die Luft wie ein Schaufelbagger durchpflügte.
    »Davon muß es Tausende geben«, sagte Afriel.
    »Ich habe in meinem letzten Bericht hunderttausend gemeldet; aber das war, ehe ich das Nest ganz durchstöbert hatte; übrigens gibt es noch jetzt Teile, die ich nicht gesehen habe. Ihre Zahl dürfte sich auf etwa zweihundertfünfzigtausend belaufen. Dieser Asteroid hier hat ungefähr die gleiche Größe wie die größte Basis der Mechanisierer – Ceres. Es gibt hier immer noch reichhaltige Kohlenstoffvorkommen, die keineswegs abgebaut sind.«
    Afriel schloß die Augen. Wenn er seine Schutzbrille verlor, müßte er sich seinen Weg blind durch dieses zuckende, wackelnde Gewimmel von Leibern ertasten. »Dann wächst also die Bevölkerung ständig?«
    »Mit Sicherheit«, antwortete sie. »Die Kolonie wird außerdem bald einen Hochzeitsschwarm ausschicken. In den Kammern neben der Königin sind drei
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