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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Silverberg
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gekommen, wo man die Völker vereinigen muss«, sagte der aus Copperfield. »Und du bist der eine und einzige, dem das gelingen kann, Majestät. Da gibt's nämlich keinen sonst. Und das war der Wunsch und Wille des Fünfzehnten Kaisers, den er in der Stunde seines Todes bekräftigt und besiegelt hat, und der sich uns nun in der Stunde der Zerstörung der Capitale offenbart. Er hat dich erwählt. Hm, Euch. Und der entsetzliche Krieg war nur die Folge davon, dass man seine Wahl missachtete. Erspart uns doch weiteres Missgeschick und Leid. Du – Ihr werdet doch gewiss nicht Euch dem Wunsch und Willen des Fünfzehnten versagen wollen?«
    Wunsch und Wille des Fünfzehnten …
    Wieder schreien sie: »Majestät!« Wieder blicke ich im Raum umher. Polarca – er lacht – oder er weint. Man kann es nicht genau unterscheiden. Damiano liegt auf den Knien, bibbert und betet. Chorian macht ein Gesicht, als hätte ihn eine Sternschnuppe ins Kreuz getroffen. Nur Julien de Gramont bleibt vollkommen unbewegt: Er hat einen verklärten, einen ekstatischen Ausdruck im Gesicht, als wäre soeben sein Frankreich vor seinen Augen neugeboren worden.
    »Majestät! Majestät!«
    Ich werfe einen Blick auf den Stab in meiner Hand. Der Wunsch und Wille des Fünfzehnten? Jesu Cretchuno Sunto Mario! Ein Kaiser Yakoub? Ein und derselbe Mann, König und Kaiser? Was glauben die denn, wer ich bin, ein Gajo und gleichzeitig ein Rom?
    Aber, verdammt, warum nicht?
    Der erste Zigeunerkaiser. Und der letzte. Übernimm den Thron, erkläre die Völkerverständigung, bau die Struktur wieder auf, das Gewebe, durch das die Welten verbunden sind. Lass die Interstellarschiffe wieder fliegen. Und dann … dann – die Wiedergeburt des Zigeunersterns – unter meiner Führung … die Heimkehr … Denn dies muss die Aufforderung sein, auf die wir alle immer inständig warteten: Wenn Gaje zu einem Rom kommen und ihn bitten: Führe uns zueinander … Also werden wir endlich zu den anderen finden, und sie zu uns. Endlich. Und dann werden wir heimkehren.
    »Wollt Ihr annehmen?«, fragen die Gaje-Noblen, und sind selbst ganz verdutzt darüber, was sie da tun und was ihnen geschieht. »Wollt Ihr Euch dem Wunsch und Letzten Willen des Fünfzehnten fügen? Der Thron des Imperiums erwartet Euch, Majestät. Sagt das Wort, und wir wollen verkünden: Endlich, endlich ist der Sechzehnte Kaiser gewählt!«
    »Nein«, sage ich, und es tritt eine schreckliche bedrückte Stille ein.
    »Nein?«, murmeln sie. »Nein?«
    Ich schenke ihnen ein kleines Lächeln. »Nein. Nicht der Sechzehnte … Das ist eine unglückliche Zahl, glaube ich. Sollen sie doch alle drei der Sechzehnte gewesen sein. Oder von mir aus, der Sechzehnte und Siebzehnte und Achtzehnte … Wir nehmen eure Huldigung entgegen und erklären, dass Wir von diesem Augenblick an herrschen als der Neunzehnte Kaiser der Tradition, und so sei es denn, kraft Unseres Amtes.«
    »Lang lebe der Neunzehnte Kaiser!«, brüllen die Pairs des Imperiums.
    »Lang lebe der Neunzehnte!« Das kommt von Chorian, laut und jubelnd und widerhallend.
    »Lang lebe der Neunzehnte!« Von Julien. Von Polarca. Von Valerian. Und dann von ihnen allen gemeinsam.
    »Wir sind höchst erfreut«, sage ich und schwenke gnädig mein Stöckchen von links nach rechts und segne alle im Raum.
    Ach, dieses Wir des Königtums von Gottes Gnaden … es hört sich wirklich ganz bezaubernd idiotisch an.
    Und ich, ich genieße es.
     
     
    14
     
    Bis ich die imperiale Robe anhatte, gesalbt war und man mich über die rauchenden Trümmerfelder der Capitale zum Kaiserlichen Palast fuhr, der trotz des Holokausts {14} , des Gemetzels, die sich in und um den Palast herum abspielten, noch völlig intakt dastand, brach bereits die Nacht herein. Über dem Horizont glühten bereits die Himmelspaniere des neuen Kaisers in jeder Richtung.
    Und wieder stieg ich die kristallenen Stufen hinauf, mühsamer diesmal und keuchend und schnaufend von unten an bis oben hin, ich muss es leider gestehen. Aber oben erwartete mich kein Kaiser, um mir die Schale süßen Weins zu kredenzen. Keine Lautsprecher dröhnten meinen Namen, während ich mich hinanschleppte.
    Die Pairs des Imperiums drängten sich tief unter mir, als ich als der Neunzehnte Kaiser den ersten Offizialakt meiner Herrschaft zelebrierte.
    Meine erste Regierungshandlung bestand darin, dass ich Polarca und Julien de Gramont zu meinen ersten zwei Erzlords ernannte. Bei Polarca verstand sich das von selbst. Und bei Julien empfahl
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