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Zieh dich aus, du alte Hippe

Zieh dich aus, du alte Hippe

Titel: Zieh dich aus, du alte Hippe
Autoren: Helge Schneider
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runterzukurbeln, dann käme frische Luft rein. Plötzlich ein Gesicht an der Autoscheibe. Dick, blaß, mit Brille und Halbglatze, die Augen sind träge, und das Kinn hängt, die Nase hat Kerben vom Trinken, es ist der Bürgermeister. An diesem Novembermorgen will er zu Fuß zur Arbeit gehen, deshalb ist er da. »Herr Kommissar, was für ein Zufall! Was machen Sie denn hier?« »Ich fahre! Soll ich Sie ein Stück mitnehmen?« »Au fein, das Wetter ist so schlecht!« Der Kommissar muß sich anstrengen, um die Beifahrertür aufzumachen, zuerst macht er das Knöpfchen hoch. Vom Bürgermeister sieht man beim Einsteigen erst die Beine und den Mantel, dann zuletzt zwängt er seinen dicken Kopf nach, er schwitzt wie ein Schwein. Er klemmt eine dünne Mappe unter dem Arm platt. »Schnallen Sie sich an, Bürgermeister!« »Ja.« Der Bürgermeister kann sich gerade noch anschnallen, da macht der Wagen einen Satz und streckt sich zum Hori zont. Ein erhebendes Bild, wie der schnelle braune Wagen davonkracht. Der Auspuff schleift beim Start und macht Funken. Die Leute, die jetzt an der Ampel warten, weil Ro t ist, sehen den Wagen von außen. »Na, wie geht's, was macht der Fall, Herr Kommissar, ha ben Sie schon eine Spur! Ich meine, der Frauenmord!« »Nein, aber ich bin sicher, daß noch etwas passiert heute. Haben Sie die Zeitung gelesen?« Dem Bürgermeister huscht ein sekundenlanges Grinsen über die Lippen, schnell ist es wieder weg. »Nein, was steht denn drin? Es ist doch wohl hoffentlich nicht noch ein Mord passiert! Das wäre ein Skandal, unsere schöne Stadt würde auf die Art und Weise schnell berühmt, und es kommen viele Touristen!« Der Kommissar bemerkt heimlich, daß der Bürgermeister ganz schlammige Hosenbeine hat, die Schuhe sind auch total versaut. »Hinter der Post, in dem Matschgrundstück, ist wieder was passiert. Ein etwa 60jähriger Mann hat eine Frau umgebracht. Auf ähnliche Weise wie der Mord vorgestern. Diesmal haben wir die Leiche. Und auch das Tatwerkzeug, eine Chappidose. Es steht alles in der Zeitung, ein normaler Polizist hat alles gefunden.« »Wie grausam! Mit einer Hundefutterdose.« Der Bürgermeister ekelt sich. »Ja, der Mörder muß selbst einen Hund haben.« »Was, Sie wollen doch nicht behaupten, daß unser Hund...«, erregt fuchtelt der Bürgermeister mit seiner eingeklemmten Mappe. »Aber, aber, Herr Bürgermeister, was meinen Sie, wieviel Leute Hunde haben!« »Ich weiß gar nicht, wovon Sie sprechen. So, da wären wir, vielen Dank für das Mitnehmen, auf Wiedersehen, Herr Kommissar!« Der Bürgermeister steigt aus und geht weg. Schneider schaut ihm hinterher, ist das hier nicht die Post? Natürlich, der Bürgermeister hat sicherlich etwas zu er ledigen. Der Kommissar macht schnell die Tür auf und guckt über seinen Wagen hinweg in Richtung Bürgermeister. »Hey, Herr Bürgermeister! Gehen Sie nicht zu der Mordstelle! Nachher machen Sie sich ver dächtig!« Der Bürgermeister dreht sich gehetzt um. »Ich wollte nur gucken, ob meine Brille noch da li...«, er hält erregt inne und wird rot. »Bitte?« Der Kommissar hat schlecht verstanden. »Nichts! Ich gehe ja hier her!« Er zeigt dem Kommissar eine andere Richtung. Der hellbraune, modische Wagen fährt weg. In ihm drin sitzt: Kommissar Schneider!

Im Präsidium ist die Hölle los. Reporter von allen Zeitungen sind mit ihren Fotoapparaten aufgebrochen, um Kommissar Schneider zu knipsen. Ahnungslos kommt der Kommissar da an, er will gerade aussteigen, da macht jemand ein Foto von ihm! Schneider sieht das gar nicht gerne. In bekannter Manier schlägt er den Reporter total kaputt, ja auch die anderen Leute, die da sind, kriegen Haue. »Will sonst noch jemand?« Er hält sich eine Faust an die Nase und guckt böse. Um ihn herum liegen mehrere Zei tungsleute mit verrenkten Kiefern, zerschlagenen Augen brauen, einer hat ein Bein von unten nach oben aufge schlitzt (Schneider hat immer heimlich ein kleines scharfes Stäbchen im Ärmel, das er blitzschnell zwischen seine Fin ger gleiten läßt, wenn er jemanden abführen will, um ihm weh zu tun), da liegt noch einer, dem Schneider mit seinem Stiefel, als dieser schon auf dem Boden liegt und ihm die Zunge raushängt, weil er ohnmäch tig ist, voll mit der Hacke auf dieselbe Zunge tritt, und jetzt nur noch Püree da liegt, anstatt der Zunge. Keiner der übrigen Zeitungsheinis traut sich, was zu sagen, stumm bilden sie für den Kommissar ein Spalier, die Fotokameras sehen dabei verschämt au f
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