Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zero Day

Zero Day

Titel: Zero Day
Autoren: David Baldacci
Vom Netzwerk:
beliebte Fernsehserie ausstrahlte. Puller wünschte sich, auch er könnte jede Woche ein Verbrechen innerhalb von sechzig Minuten aufklären, so wie seine TV-Kollegen es schafften. In der wirklichen Welt dauerte es häufig erheblich länger, und manches Mal fand man die Wahrheit überhaupt nicht heraus.
    Im Hintergrund krachten unablässig Schüsse. Das FBI -Geiselbefreiungsteam und die Marines übten rund um die Uhr mit scharfer Munition. Puller hatte sich so gründlich an Schießereien gewöhnt, dass er sie kaum noch wahrnahm. Hätte er jetzt keine gehört, wäre er allerdings stutzig geworden: Wenn in Quantico keine Schüsse krachten, stimmte etwas nicht.
    Puller schlug die nächste Seite der Akte auf. Beim Aktenanlegen ging die Armee ebenso systematisch und präzise vor wie in jeder anderen Hinsicht: Aktenformat, Zahl der abgehefteten Blätter, Verteilung auf rechte und linke Seite, Verwendung von Punkt, Komma und Strich, alles war streng genormt. Es gab ganze Regalreihen von Armeehandbüchern, die sich mit den geringfügigsten Kleinigkeiten befassten. Schon die Vorschriften über die Benutzung der Militärpolizei-Dienstkladde genossen wegen ihrer Exaktheit einen legendären Ruf. Aber Puller erachtete stets nur das als wichtig, was auf einer Seite stand, und nicht, wo sich das Blatt im Schnellhefter befinden musste.
    Matthew Reynolds, seine Gattin Stacey und ihre zwei minderjährigen Kinder – ein Junge und ein Mädchen – waren im ländlichen West Virginia ermordet worden. Ein Postbote hatte die Leichen entdeckt. Die örtliche Polizei hatte den Tatort untersucht. Reynolds war Oberst beim Militärischen Geheimdienst gewesen. Nach sechsundzwanzig Jahren in Uniform hatte er sich auf sein Ausscheiden und den Wechsel in die Privatwirtschaft vorbereitet. Da sein Stationierungsort das Pentagon gewesen war und er eigentlich in Fairfax City gewohnt hatte, begriff Puller nicht, was er und seine Familie in einem Haus in West Virginia getan haben könnten. Das war eine der vielen Fragen, auf die er Antworten finden musste. Aber vielleicht war die dortige Polizei ja schon auf Antworten gestoßen. Er hatte allerdings die Absicht, sie in diesem Fall selbst noch einmal zu überprüfen.
    Puller schob den Schnellhefter in seine Aktenmappe und sah seine im Kofferraum verstaute Ausrüstung durch, die in einem speziell abgeänderten Armeerucksack mit über hundert Taschen untergebracht war. Sie enthielt nahezu alles, was er im Außendienst gebrauchen konnte: hellblaue Gummihandschuhe, Taschenlampen, Papiertüten, Klarsichtbeutel, Leichensäcke mit Anhängeschildchen, 35-mm-Kamera und Digitalkamera, grüne Bio-Schutzanzüge mitsamt Kapuze und Luftfiltergerät, weiße Beweismittelfundstellenmarkierungen, Maßband, Lineal, Absperrbänder, dienstliche Formulare, Fingerabdrucknehmer, ein Komplettpaket zur Schussrückständeanalyse, Abdeckfolie, Digitalrekorder, Tatortbeschreibungsbuch, Erste-Hilfe-Kasten, Überschuhe, Fieberthermometer, Schutzmaske, Reflektorweste, Taschenmesser sowie fast sechs Dutzend weitere Gegenstände. Als Bewaffnung hatte er zwei M11-Pistolen mit Dreizehn-Schuss- und Zwanzig-Schuss-Reservemagazinen. Zusätzlich führte er im Kofferraum eine MP5-Maschinenpistole mit.
    In einer Reisetasche hatte er einige ordentlich verpackte Garnituren Einsatzkleidung dabei. Derzeit allerdings genügten ihm ein kurzärmeliges weißes Hemd, die Jeans und die Nike-Sneakers, weil die Temperatur noch am späten Abend bei 30 Grad lag.
    Noch nie hatte Puller einen solchen Fall im Alleingang bearbeiten müssen. Üblicherweise nahm er die Ermittlungen gemeinsam mit einem zweiten CID -Agenten auf, öfter mit mehreren, dazu kam technisches Personal. Und dieser Mordfall schrie geradezu nach umfänglichen Hilfsmitteln. Aber er hatte den Auftrag erhalten. Und wenn in der Armee eine Anweisung erging, bestand der nächste Schritt darin, sie zu befolgen. Andernfalls konnte man unversehens vor einem Militärgericht stehen und blickte womöglich einem Karriereknick im Knast entgegen.
    Puller gab die Anschrift, die er anfahren musste, ins Navi ein, schloss den Wagenschlag des Chevy, trat aufs Gaspedal und ließ Quantico hinter sich.
    Unterwegs machte er eine Pinkelpause und trank erneut einen Becher schwarzen Kaffees. Um drei Uhr morgens erreichte er in West Virginia das Örtchen Drake, Einwohnerzahl 6547, wie auf dem Ortsschild stand. In ungefähr drei Stunden musste die Sonne aufgehen.
    Einmal hatte Puller sich verfahren, weil das GPS ihn auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher