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Zeitspringer

Zeitspringer

Titel: Zeitspringer
Autoren: Robert Silverberg
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den weißen Brauen. Aber Albinos haben rötliche Augen, nicht? Die von Mortensen waren blau. Nordisch. Wie hatte er seine Herkunft so rein erhalten können? fragte sich Quellen. Er ging die Aufzeichnungen durch.
    Mortensen hatte mit seiner Frau gestritten, wie sich aus den Tonaufnahmen ergab. Er hatte verhandelt um einen Zeitsprung in einigen Wochen; er hatte eine Summe angezahlt und strengte sich an, den Rest von Lanoys Honorar aufzubringen. Dann endete die Aufzeichnung mit Broggs Vermerk: ERMITTLUNGEN AUF ANWEISUNG VON OBEN EINGESTELLT.
    Quellen rief im Abhörraum an. Er nannte die Nummer des Ohrs, das Mortensen in die Handfläche gedrückt worden war, und fragte, ob es noch funktioniere.
    »Das Ohr ist abgeschaltet worden, KrimSek«, hörte er.
    »Ja, ich weiß. Aber kann man es wieder in Betrieb nehmen?«
    Man prüfte nach. Einige Minuten danach erhielt er die schlechte Nachricht: Das Ohr hatte sich vor ein oder zwei Tagen aufgelöst, wie vorgesehen. Es gab keine weiteren Sendungen von Mortensen. Quellen war enttäuscht, aber der Rückschlag entschied nicht alles. Er ordnete eine Televektor-Suche nach Mortensen an, in der verzweifelten Hoffnung, daß er Appalachia nicht verlassen hatte.
    Mortensen hatte es nicht getan. Nach der Televektor-Peilung befand er sich in einem Schnüffellokal, keine zehn Meilen von Quellens Büro entfernt. Ausgezeichnet, dachte Quellen. Er würde die Festnahme selbst durchführen. Die Sache war viel zu delikat, als daß man sie einem Untergebenen hätte überlassen können.
    Quellen fuhr mit dem Schnellboot durch die Stadt und stellte sich vor das Schnüffellokal. Er wartete auf der Straße darauf, daß Mortensen von unten heraufkam. Abgerissene, verdächtige Gestalten schlichen immer wieder an ihm vorbei. Quellen unterdrückte sein Mißbehagen und sah sich jeden, der heraufkam, genau an.
    Da war Mortensen.
    Es war lange her, seit Quellen selbst eine Verhaftung vorgenommen hatte. Er war ein Mann des Schreibtisches, der solche Dinge Untergebene ausführen ließ. Trotzdem blieb er ruhig. Er war gut bewaffnet; an der Handfläche war eine Narkosekralle angebracht, die auf eine Muskelbewegung hin hinauszucken würde, und unter der Achsel befand sich ein Nervenspray für den Fall, daß die Kralle versagte. Er hatte auch eine Laserpistole dabei, aber er dachte nicht im Traum daran, sie bei Mortensen zu verwenden.
    Er trat hinter den Mann, als dieser davonschritt, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Ruhig weitergehen, Mortensen. Sie sind verhaftet.«
    »Was, zum Teufel -?«
    »Ich bin vom Sekretariat Verbrechen. Ich habe Anweisung, Sie zu holen. In meiner Hand befindet sich eine Kralle, die Sie sofort spüren, wenn Sie sich zu wehren versuchen. Gehen Sie ruhig vor mir her, bis wir die Schnellboot-Rampe erreichen. Tun Sie, was ich sage, und es passiert Ihnen nichts.«
    »Ich habe nichts getan. Ich will wissen, was mir vorgeworfen wird.«
    »Später«, sagte Quellen. »Gehen Sie weiter.«
    »Ich habe Rechte. Ein Anwalt –«
    »Später. Weitergehen.«
    Sie stiegen die Rampe hinauf. Mortensen murrte immer noch, leistete aber keinen Widerstand. Er war ein hochgewachsener Mann, größer als Quellen. Er sah aber nicht sonderlich kräftig aus. Quellen hatte die Hand mit der Kralle in Bereitschaft. Seine ganze Zukunft hing vom erfolgreichen Ablauf dieses Manövers ab.
    Das Schnellboot brachte sie zu Quellens Wohnhaus.
    Mortensen wirkte betroffen. Als sie ausstiegen, murrte er verdrossen: »Das sieht mir nicht nach einem Amtsgebäude aus.«
    »Die Rampe hinunter, bitte«, sagte Quellen.
    »Was soll das sein, eine Entführung?«
    »Ich zeige Ihnen meinen Ausweis, wenn Sie wollen. Ich bin echter Polizeibeamter. Übrigens bekleide ich den Rang des KrimSek. Hier herein.«
    Sie betraten Quellens Wohnung. Mortensen drehte sich herum und starrte Quellen ungläubig an.
    »Das ist eine Privatwohnung«, sagte er.
    »Richtig. Meine.«
    »Jemand hat Ihnen einen ganz falschen Hinweis auf meine sexuellen Neigungen gegeben, mein Lieber. Ich bin kein –«
    »Ich auch nicht«, sagte Quellen scharf. »Mortensen, haben Sie die Absicht, in der ersten Maiwoche Zeitspringer zu werden?«
    Mortensen funkelte ihn böse an.
    »Was geht Sie das an?« – »Sehr viel. Ist es wahr?«
    »Vielleicht. Ich sage nichts.« – Quellen seufzte.
    »Sie stehen auf der Liste der Springer, die zurückgegangen sind, wissen Sie das? Eine vollständig dokumentierte Liste mit Namen, Geburtsdatum, dem Tag, an dem Sie in der Vergangenheit
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