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Zeitspringer

Zeitspringer

Titel: Zeitspringer
Autoren: Robert Silverberg
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angekommen, an dem Sie hier weggegangen sind. Nach der Liste sind Sie am 4. Mai dieses Jahres zurückgegangen. Wollen Sie jetzt noch bestreiten, daß Sie springen wollen?«
    »Ich sage gar nichts. Holen Sie mir einen Anwalt. Verdammt noch mal, ich habe Sie in keiner Weise bedroht. Wie kommen Sie dazu, in meinem Leben herumzupfuschen?«
    »Das kann ich jetzt nicht erklären«, sagte Quellen. »Zufällig sind Sie das bedauerliche Opfer einer Situation, die außer Kontrolle gerät. Mortensen, ich werde Sie auf eine Reise schicken. Sie werden Urlaub nehmen. Ich kann nicht sagen, wie lange Sie fort sein werden, aber wenigstens werden Sie es dort schön haben. Sie finden ein vollständiges Essensprogramm; bedienen Sie sich. Und Sie können sich darauf verlassen, daß ich auf Ihr Wohlergehen achte. Ich bin in Wahrheit auf Ihrer Seite und habe tiefes Verständnis für Sie. Aber zuerst muß ich für mich sorgen.«
    Mortensen, der sehr bedrückt wirkte, hob die Hand, als wolle er zuschlagen. Quellen trat rasch vor und betätigte die Narkosekralle. Sie durchstach Mortensens Haut. Die Sofortnarkose begann zu wirken. Mortensen sackte bewußtlos zusammen. Er würde ungefähr eine Stunde ohnmächtig sein. Zeit genug.
    Quellen schaltete das Statfeld ein und schob Mortensen hindurch. Der blonde Mann verschwand. Er würde im afrikanischen Haus des KrimSek aufwachen. Zweifellos würde das seine Verwirrung noch steigern, aber Quellen hatte keine Erklärungen abgeben können.
    Einen Augenblick später wurde das Stat in Quellens Wohnung abgeschaltet. Das würde Mortensen daran hindern, zurückzukommen, solange Quellen das wollte.
    Wellenartig erfaßte Quellen Schwindel.
    Den Köder hatte er. Nun mußte er den Fisch an Land ziehen. Es erschien unfaßbar, daß er Erfolg haben würde, aber er war zu weit gegangen, um jetzt noch umkehren zu können. Und wenn er scheiterte, so blieb noch ein anderer Ausweg, wie ihm aufging, eine weniger ehrenhafte, aber vielleicht vernünftigere Lösung als jene, die er im Sinn hatte.
    Kann ich das schaffen? dachte er. Kann ich wirklich versuchen, die Hohe Regierung zu erpressen und damit durchzukommen? Oder habe ich jetzt völlig den Verstand verloren? Er würde es bald genug erfahren. Inzwischen hatte er eine Geisel - Mortensen. Eine Geisel gegen den Zorn der Hohen Regierung.
    Nun blieb nur noch eine Kleinigkeit: ein Gespräch mit Peter Kloofman. Höchstpersönlich. Ließ sich das einrichten? Es war ein unfaßbarer Traum. Wie konnte ein Bürokrat Stufe Sieben zu Kloofman vordringen?
    Er wird mit mir sprechen, dachte Quellen. Wenn er erfährt, daß ich Donald Mortensen gekidnappt habe.
15
    David Giacomin, der im stillen den Fall Mortensen selbst überwacht hatte, entdeckte als erster, daß etwas nicht stimmte. Eine blinkende rote Lampe teilte ihm mit, daß Mortensen aus dem Bereich des Televektorfeldes Appalachia verschwunden war.
    Giacomin fand sich nicht mehr zurecht. Der kritische Tag für Mortensen war der 4. Mai, und der 4. Mai kam erst in einigen Wochen. Er konnte doch nicht so früh Springer geworden sein, oder?
    Doch, es war möglich, dachte Giacomin. Aber wenn es so war, weshalb wankt dann nicht das Gefüge von Zeit und Raum? Die Vergangenheit war verändert worden – oder die Aufzeichnungen stimmten nicht. Giacomin ordnete eine gründliche Untersuchung von Mortensens Verschwinden an und setzte alle Hilfsmittel der Hohen Regierung ein. Kloofman hatte Giacomin persönlich angewiesen, dafür zu sorgen, daß Mortensen nichts zustieß, und nun hatte es den Anschein, als sei ihm tatsächlich etwas zugestoßen. Giacomin sagte sich schwitzend, daß er Mortensen um jeden Preis zurückholen mußte, bevor Kloofman dahinterkam, daß er vermißt wurde.
    Dann erfuhr Giacomin beinahe gleichzeitig, daß er Kloofman die Nachricht doch würde überbringen müssen.
    Ein Anruf von Koll im Sekretariat Verbrechen kam, von dem kleinen Sechser mit dem Wieselgesicht, durch den Giacomin diesen Teil staatlichen Wirkens überwachte. Koll wirkte verstört, beinahe betäubt. Sein Gesicht war rot verfärbt, seine Augen sahen starr und glasig aus.
    »Ich habe hier jemanden, der ein Gespräch mit Kloofman wünscht«, sagte Koll. »Stufe Sieben – nein, bald Sechs – in meiner Abteilung.«
    »Er ist wahnsinnig. Kloofman würde ihn nicht empfangen, und das wissen Sie auch. Warum belästigen Sie mich damit?«
    »Er sagt, er hat Mortensen entführt und möchte die Sache mit jemandem in Stufe Eins besprechen.«
    Giacomin erstarrte.
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