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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe
Autoren: Stephen Baxter
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zweite Reise zu benötigen glaubte – wie ich befürchte, zur großen Beunruhigung der armen und geduldigen Mrs. Watchets, die meine geistige Gesundheit sicher schon längst ins Reich der Legende verbannt hatte! Wie es eben meine Art ist, wollte ich schnell weg, und dennoch wollte ich nicht so überstürzt vorgehen wie beim erstenmal, als ich achttausend Jahrhunderte mit nicht mehr als einem Paar Hausschuhen und einer einzigen Schachtel Streichhölzer bewältigt hatte.
    Ich stopfte alle Streichholzschachteln, die ich im Haus finden konnte, in den Rucksack – und schickte Hillyer sogar zum Tabakwarenladen, um noch mehr zu
    besorgen. Ich packte Kampfer und Kerzen ein – und aufgrund einer Eingebung
    noch robuste Kordel, um mir neue Kerzen zu machen, falls ich irgendwo stranden sollte. (Ich hatte indessen wenig Ahnung von der Kerzenmanufaktur, aber im
    strahlenden Licht dieses optimistischen Morgens wollte ich mein Improvisations-talent nicht in Frage stellen.)
    Ich packte Franzbranntwein ein, Salben, ein paar Chinintabletten und ein Verbandspäckchen. Eine Waffe hatte ich nicht – ich weiß auch nicht, ob ich eine hätte mitnehmen sollen, selbst wenn ich eine besessen hätte; denn was will ich mit einer Kanone, wenn mir die Munition ausgegangen ist? –, aber wenigstens steckte ich mir ein Taschenmesser ein. Ich packte einen Satz Werkzeuge ein – einen Schrau-benzieher, unterschiedlich große Schraubenschlüssel, eine kleine Metallsäge mit Ersatzblatt – sowie ein Sortiment Schrauben und Nickel-, Messing-und Quarzstangen. Ich wollte vermeiden, daß ich bei einer trivialen Panne der Zeitmaschine in irgendeiner Zukunft liegenblieb, nur weil mir etwas Messing fehlte: trotz meines zeitweiligen Vorhabens, eine neue Zeitmaschine zu bauen, nachdem mir die erste im Jahre 802701 von den Morlocks geklaut worden war, hatte ich in dieser verrotteten Zukunftswelt keinen Hinweis auf Materialien gefunden, mit denen ich auch nur eine abgescherte Schraube hätte reparieren können. Natürlich verfügten die Morlocks noch über gewisse handwerkliche Fertigkeiten, aber die Aussicht, mit diesen degenerierten Würmern wegen ein paar Schrauben in Verhandlungen treten zu müssen, sagte mir absolut nicht zu.
    Dann fand ich noch meine Kodak und kramte die Blitzvorrichtung hervor. Die
    Kamera war neu geladen, mit hundert Negativrahmen auf einer Papierrolle. Ich weiß noch, wie verdammt teuer mir das Ding vorgekommen war, als ich es gekauft hatte – ich hatte es für nicht weniger als fünfundzwanzig Dollar auf einem Ausflug nach New York erworben –, wenn ich jedoch mit Aufnahmen aus der Zukunft zu-rückkehren sollte, würde jeder dieser Zwei-Zoll-Rahmen wertvoller sein als das renommierteste Gemälde.
    Hatte ich jetzt alles? Ich fragte noch die arme Mrs. Watchets um Rat, obwohl ich ihr natürlich nicht verriet, wohin die Reise gehen sollte. Die gute Frau – unerschütterlich, mollig, erstaunlich matronenhaft und dennoch mit einem treuen und warmen Herzen – warf einen Blick in meinen vollgestopften Rucksack und hob
    eine buschige Augenbraue. Dann ging sie in mein Zimmer und kam mit Socken
    und Unterwäsche zurück, sowie – hier hätte ich ihr einen Kuß geben mögen! – mit meiner Pfeife, Reinigern und der Tabaksdose aus meinem Mantel.
    So machte ich mich mit meiner üblichen Mischung aus fieberhafter Ungeduld –
    und einem grenzenlosen Vertrauen auf den guten Willen und gesunden Menschenverstand der anderen – auf den Weg zurück in die Zukunft.
    Mit dem Rucksack unter dem einen Arm und der Kodak unter dem anderen ging
    ich in mein Laboratorium, wo die Zeitmaschine wartete. Als ich ins Raucherzimmer kam, stellte ich mit gewissem Unbehagen fest, daß ich einen Besucher hatte: einer meiner Gäste vom Vorabend und vielleicht mein bester Freund – es war der Schriftsteller, den ich schon erwähnt hatte. Er stand mitten im Raum, in einen schlecht sitzenden Anzug gekleidet und mit einer denkbar schlampig gebundenen Krawatte dekoriert; die Hände baumelten verlegen an seiner Seite. Ich erinnerte mich wieder, wie ich meinen Freundes-und Bekanntenkreis eingeladen hatte, um ihm einen ersten Bericht meiner Erlebnisse zu geben und daß es dieser junge Mann gewesen war, der mit der größten Intensität zugehört hatte, wobei sein Schweigen Sympathie und Faszination ausstrahlte.
    Der Schriftsteller gehörte quasi zur Familie und konnte ohne große Formalitäten bei mir ein-und ausgehen. Ich verspürte ungewohnte Freude bei seinem Anblick
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