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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit
Autoren: Philip K. Dick
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ich recherchiere? Die früheren Lösungen durchgehe?« Was ihn anging, war ›Raten‹ das letzte, was man hier sagen konnte. Wenn es ums Raten ginge, hätte er sich einfach an den Lösungsbogen gesetzt, die Augen geschlossen, wäre mit der Hand herumgefahren und hätte den Finger auf irgendein Quadrat gelegt, es dann angekreuzt und eingeschickt. Und auf die Ergebnisse gewartet. »Ratest du, wenn du deine Einkommensteuererklärung ausfüllst?« Das war sein Lieblingsvergleich. »Du brauchst das nur einmal im Jahr zu machen, ich mache das jeden Tag.«
Zu Bill Black sagte er: »Stellen Sie sich vor, Sie müßten jeden Tag eine neue Erklärung abgeben. Es ist das gleiche. Sie gehen alle alten Erklärungen durch; Sie bewahren Unterlagen auf, tonnenweise – jeden Tag. Und kein Raten. Ganz exakt. Zahlen. Addition und Subtraktion. Tabellen.«
Es wurde still.
»Aber es macht Ihnen Spaß, nicht?« sagte Black schließlich.
»Ich denke schon.«
»Könnten Sie es mir beibringen?« sagte Black gepreßt.
»Nein«, sagte er. Black hatte das Thema schon öfter angeschnitten.
»Ich meine nicht so, daß ich mit Ihnen konkurrieren kann«, sagte Black.
Ragle lachte.
»Ich meine, nur so, daß ich ab und zu ein paar Dollar gewinnen kann. Ich möchte beispielsweise hinten eine Stützmauer bauen, damit im Winter nicht dauernd der nasse Dreck in unseren Garten rutscht. Das Material würde mich ungefähr sechzig Dollar kosten. Angenommen, ich gewinne – wie oft? Viermal?«
»Viermal«, sagte Ragle. »Sie bekämen genau zwanzig Dollar. Und Ihr Name käme auf die Tafel. Sie wären an der Konkurrenz beteiligt.«
»Im Wettbewerb mit dem Charles Van Doren der Zeitungspreisausschreiben«, sagte Vic.
»Das betrachte ich als Kompliment«, sagte Ragle, aber die Feindseligkeit beunruhigte ihn.
    Die Lasagne reichte nicht lange. Sie probierten alle. Wegen der Bemerkungen von Bill Black und Ragle fühlte Vic sich gezwungen, so viel wie möglich zu essen. Seine Frau betrachtete ihn kritisch.
»Was ich koche, ißt du nie so gierig wie das«, sagte sie.
Er wünschte sich jetzt, nicht so viel gegessen zu haben.
»Es war prima«, sagte er tapfer. Junie Black kicherte.
»Vielleicht will er eine Weile bei uns leben.« Ihr kleines, keckes Gesicht nahm einen vertrauten, wissenden Ausdruck an, der Margo ärgern mußte. Für eine Brillenträgerin konnte Junie Black erstaunlich verworfen aussehen, dachte Vic. An sich war sie nicht unattraktiv. Aber ihre schwarzen Haare hingen in zwei dicken Flechten herab, und das mochte er nicht. Er fühlte sich von ihr überhaupt nicht angezogen. Er mochte zierliche, dunkelhaarige, aktive Frauen nicht, vor allem keine, die kicherten und, wie Junie, darauf Wert legten, sich nach einem einzigen Schluck Sherry an die Ehemänner anderer Frauen zu pressen.
Es war sein Schwager, der auf Junie Black einging, so sagte Margo. Ragle und Junie, die den ganzen Tag zu Hause waren, hätten freie Zeit genug. Das sei eine schlimme Sache, sagte Margo gelegentlich. Ein Mann in einer Wohngegend den ganzen Tag zu Hause, wo alle anderen Ehemänner im Büro waren und nur die Frauen daheimblieben. Sozusagen.
»Um ehrlich zu sein, Margo«, sagte Bill Black, »sie hat das nicht gekocht. Wir haben es auf dem Heimweg besorgt. Bei einem Partydienst in der Plum Street.«
»Aha«, sagte Margo. »Na, wie fein.«
Junie Black wurde nicht verlegen und lachte.
Nachdem die beiden Frauen den Tisch abgeräumt hatten, schlug Bill ein paar Runden Poker vor. Sie diskutierten eine Weile, dann wurden die Spielmarken und die Karten herausgeholt, und schließlich spielten sie um einen Penny pro Marke, wobei alle Farben gleich viel wert waren. Das machten sie zweimal in der Woche. Niemand konnte sich erinnern, wie das angefangen hatte. Eingeführt worden war es sicherlich von den Frauen; Junie und Margo spielten beide leidenschaftlich gern.
Während sie spielten, tauchte Sammy auf.
»Pa«, sagte er, »kann ich dir was zeigen?«
»Ich habe mich schon gefragt, wo du bist«, sagte Vic. »Du bist den ganzen Abend so still gewesen.« Da er für diese Runde ausschied, konnte er sich einen Augenblick Zeit nehmen. »Was gibt es?« Wahrscheinlich brauchte der Junge einen Rat.
»Aber leise«, sagte Margo zu Sammy. »Du siehst, daß wir Karten spielen.« Der angespannte Ausdruck ihres Gesichts und das Schwanken in ihrer Stimme ließen erkennen, daß sie eine verhältnismäßig gute Karte hatte.
»Pa, ich komm’ nicht dahinter, wie ich die Antenne anschließen soll«, sagte Sammy. Er
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