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Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
Autoren: Eva Völler
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noch Geschäfte zu erledigen.« Mit einer schwungvollen Geste hängte sie sich bei Jerry ein, ehe er zurückweichen konnte, und spazierte mit ihm zusammen nach draußen.
    »Endlich.« Sebastiano kam zu mir, legte den Arm um mich und führte mich zu der Säule, wo José uns erwartete.
    »Kann’s losgehen?« Sein unbedecktes Auge musterte mich fragend.
    Ich nickte und unterdrückte ein weiteres Husten, während Sebastiano mich fest in die Arme schloss. Ich lehnte mich an ihn und atmete seinen vertrauten, tröstlichen Geruch ein – nach Wolle, Leder und Sandelholz. Und nach ihm selbst. Und, na ja, ziemlich viel Rauch, aber das war nach Lage der Dinge nicht anders zu erwarten. Um uns herum begann ein Flimmern, zuerst eine dünne Linie aus Licht, die rasch breiter wurde und schließlich alles in blendende Helligkeit tauchte. Gleichzeitig fing die Luft an zu vibrieren, der Boden schien sich zu heben und dann unter meinen Füßen einzubrechen. Ich klammerte mich an Sebastiano fest und kniff die Augen zu, denn vor dem, was als Nächstes kam, hatte ich immer am meisten Angst: der ohrenbetäubende Knall, der uns in die Unendlichkeit der Zeit schleuderte.

London, 2013
    I
ch kam in einer seltsamen, auf und ab schwankenden Umgebung zu mir – Neonlicht und verdreckte und bekritzelte Kacheln. Sebastiano hielt mich in seinen Armen, ich sah sein besorgtes Gesicht über mir. Er trug mich durch eine Art Tunnel.
    »Lass mich runter, mir ist schlecht«, brachte ich würgend heraus.
    Er stellte mich gerade noch rechtzeitig auf die Füße. Ich gab den Rest meines Mageninhalts von mir (viel war es zum Glück nicht mehr), bevor ich mich stöhnend zu orientieren versuchte. Ich blinzelte ungläubig, als ich erkannte, dass wir nicht allein waren. Auf einer Länge von ungefähr zehn Metern lagen fast ebenso viele menschliche Gestalten auf dem Boden, eingehüllt in Schlafsäcke oder schäbige Decken. In dem unbarmherzig grellen Licht sah ich verfilzte Haarschöpfe und ab und zu ein graues Gesicht. Es stank stechend nach Urin und Schweiß.
    »Wo sind wir hier?«, wollte ich entsetzt wissen.
    »In einer Unterführung.«
    »Was machen all diese Typen hier?«
    »Übernachten«, erwiderte Sebastiano. Er wollte mich wieder hochheben, doch ich wehrte ab.
    »Ich kann allein gehen. Wo ist José?«
    »Schon wieder zurückgesprungen.« Sebastiano sah besorgt aus. »Bist du sicher, dass du alleine laufen kannst?«
    »Ganz sicher.« Trotzdem war ich wacklig auf den Beinen, und er musste mich beim Weitergehen stützen. Vorsichtig bewegten wir uns an der Reihe der schlafenden Obdachlosen entlang. Als wir das Ende der Unterführung schon fast erreicht hatten, wurde einer der Männer wach und betrachtete uns mit trüben Augen.
    »Happ ihr was ssu trinken?«, lallte er. »Oder ein bissn Geld?«
    »Leider nein, Kumpel«, antwortete Sebastiano.
    »Okay, ssön Tag euch sswei.«
    Er drehte sich um und schlief weiter. An unserem historischen Outfit schien er sich nicht zu stören. Genauso wenig wie der Fahrer des Taxis, in das wir kurz darauf stiegen. Mehr als ein beiläufiger Blick wurde uns nicht zuteil. Das war London. Hier liefen zu viele Leute in ungewöhnlicher Kleidung herum, als dass unser Aufzug irgendwen irritiert hätte.
    Wir fuhren durch die nächtliche Innenstadt nach Westminster zu unserem Hotel. Ich wartete im Wagen, während Sebastiano rasch aufs Zimmer ging und Geld holte, um den Taxifahrer bezahlen zu können, der uns gleich weiterbeförderte, zur nächstgelegenen Klinik, wo ein überarbeiteter Arzt mich nach ein paar kurzen Erklärungen an einen Tropf und ein Sauerstoffgerät hängte. Ich musste mich auf ein Bett legen und ausruhen.
    »Ich bin so müde«, murmelte ich, doch weil ich die Maske über dem Gesicht hatte, bekam es keiner mit. Im Wegdämmern hörte ich noch, wie Sebastiano der Krankenschwester irgendeine Story über eine Kostümparty und einen Küchenbrand erzählte, die sich so plausibel anhörte, dass ich sie beinahe selber glaubte.
    Als ich wieder aufwachte, war es heller Tag, und es ging mir wesentlich besser. Der Hustenreiz war so gut wie weg, die Übelkeit war verschwunden, und die Kopfschmerzen hatten sich bis auf ein mildes Ziehen hinter den Schläfen ebenfalls verflüchtigt. Was immer in dem Tropf für ein Mittel gewesen war, es hatte super geholfen. Der Arzt checkte mich kurz durch und unterschrieb dann die Entlassungspapiere. Es ging eindeutig aufwärts mit mir. Sebastiano dagegen wirkte erschöpft und übernächtigt. Er
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