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Zeitbombe Internet

Zeitbombe Internet

Titel: Zeitbombe Internet
Autoren: Thomas Fischermann
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die keine vernünftigen Virenprogramme auf ihren Rechnern installierten oder unbekümmert auf verdächtige Links klickten.

    Angst vor allmächtigen Datenkraken? Als einer der Autoren dieses Buches kürzlich einen kleinen Google-Test in der ZEIT veröffentlichte – er hatte sich selber im Netz gesucht und aufgeschrieben, wie erschreckend viel dabei herauskommt – , hagelte es belehrende Leserbriefe darüber, dass der Autor ja auch ganz schön dumm gewesen sei und mit technischen Kniffen die Schnüffelei hätte unterbinden können. Ihm geschehe es ganz recht, dass im Netz so viel über ihn steht!
    Solche Gedanken stehen auch dahinter, wenn in diesen Tagen das sogenannte »Verursacherprinzip« als Lösung für alle möglichen Übel im Netz herangezogen wird. »Die gleichen Leute, die aus Respekt vor ihren Nachbarn niemals ihren Rasen verwildern lassen würden, schalten ihren heimischen PC ein, ohne eine starke Firewall zu installieren und ohne automatische Aktualisierungen ihres Betriebssystems und ihres Virenschutzes durchzuführen«, mokiert sich der amerikanische Technikjournalist Joseph Menn. Ähnlich hat es kürzlich Daniel E. Greer formuliert, ein Datensicherheitsexperte von In-Q-Tel, einem informationstechnischen Ableger der CIA. »Wenn es nicht in der Verantwortung des Endbenutzers liegt, zu verhindern, dass er ein ungewollter Komplize in einem laufenden Verbrechen ist – wessen Verantwortung soll es denn dann sein?«
    So kommt man aber nicht weiter.
    Es ist nicht einmal erwiesen, dass es überhaupt technische oder technik-nahe Lösungen für die vielen Probleme gäbe, die das Internet plagen. Das fängt mit der Frage an, wie man Hacker und Cyberkriminelle aus Computern und Handys fernhält. Dieses Buch hat gezeigt, dass weder Privatcomputer noch Konzernrechner noch Militärzentralen vor so etwas zu schützen sind.
    Zweitens kann sich dem Netz ja niemand mehr so recht entziehen. Als das Benutzen von Computern und Netzdiensten noch eine Wahl waren, als es eher als Hobby von Technikbegeisterten durchging, konnte man vielleicht noch argumentieren: Diese Leute sollen aufpassen, was sie tun; und wenn es ihnen nicht passt, können sie ja offline bleiben. Das
ist aber heute anders. Wie der oberste Verbrechensbekämpfer bei Microsoft, T.J. Campana, es in diesem Buch auf den Punkt bringt: »Wir müssen auch Oma schützen.«
    Mehr und mehr Pioniere der Technikbranche sehen es inzwischen genauso. Das Internet von morgen definieren war der Titel einer Art Grundsatzerklärung im Internet, die 2009 aus der Feder von vier großen Interneteminenzen in den Vereinigten Staaten erschien. Wort- und Schriftführer: der Miterfinder des Internet, David D. Clark vom MIT in Cambridge, von dem zu Beginn dieses Buch schon die Rede war. Er sagt heute: »Die wichtigeren Antriebe für einen Wandel werden wahrscheinlich ökonomisch, sozial und kulturell sein.«
    Es ist der gleiche Mann, der früher, in der Geburtszeit des Internet, einmal das großspurige Zitat geliefert hat, im Internet lehne man Könige, Präsidenten und Wahlen ab, und man glaube stattdessen an ungefähren Konsens und lauffähige Programme.
    So etwas nennt man eine 180-Grad-Wendung.
    Der Wille zum Regieren
    Eins ist klar: Solche Debatten sind bei großen technischen Umbrüchen normal. In der Geschichte der Menschheit folgen auf große Schaffensperioden, auf große Kreativität und technische Innovation stets sehr viel längere Phasen, in denen die Menschen mit den Folgen ihres Schaffens kämpfen.
    Um zu verstehen, an welchem Entwicklungspunkt die globale Vernetzung und Digitalisierung angelangt ist, hilft eine Analogie zur Umweltpolitik im Jahr 1980, dem Gründungsjahr der Partei »Die Grünen«. Als die Kosten der Industrialisierung und der allgemeine Raubbau an der Natur nicht mehr zu übersehen waren, wuchs die Überzeugung: Wir brauchen eine Umweltpolitik. Die Industrie wird es alleine nicht schaffen, ihren Rohstoffhunger zu zügeln, ihre Abwässer zu reinigen und auf Atomkraft zu verzichten. Gab es Vorbilder für eine solche Politik? Fertige Lösungen? Konnten Politiker
abschätzen, welche Folgen einzelne Regeln, Grenzwerte und Verbote für Wirtschaft, Natur und Gesellschaft haben würden? Nein, das konnte niemand. Seither pflastern Versuch und Irrtum den Weg der Umweltpolitik. Endgültige Lösungen hat es
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