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Zeit Des Zorns

Zeit Des Zorns

Titel: Zeit Des Zorns
Autoren: Jutta Ditfurth
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wurden international bestätigt, obgleich man wusste, dass sie gefälscht waren. Alle Proteste wurden niedergeschlagen. »Ordnungsgemäße« Wahlen und gegebenenfalls mit Gewalt befriedete Verhältnisse sind die Grundlage für Investitionen, Profite und für Zahlungen von Weltbank und IWF. Der Kongo ist reich an Rohstoffen: Diamanten, Kupfer und Coltan, das weltweit für den Bau von Handys gebraucht wird. 220
    In den 1980er Jahren war es die Schuldenkrise, die afrikanische und südamerikanische Länder zwang, »zu privatisieren oder zu sterben«, wie es ein IWF-Mitarbeiter ausdrückte. 221 Die Bürgerkriege, Morde und Massaker, die Foltergefängnisse und Verschwundenen hatten den Methoden des Kapitals mittlerweile in manchen lateinamerikanischen Ländern einen widerwärtigen Gestank anhaften lassen und unerwünschterweise linke Oppositionsbewegungen gestärkt oder wiederbelebt. In den 1980er und 1990er Jahren stellte das Kapital fest, dass sich Länder auch ohne offen militärische Aggressionen erobern und ausplündern ließen.
    In vielen Staaten erwies es sich als sehr erfolgreich, Wahlen zuzulassen. Diese Länder wurden dann mit vielfältigen Methoden unter Druck gesetzt. Manchmal genügte es, die statistischen Daten zu fälschen, so dass ein Land als für Kreditgeber unzuverlässig bewertet werden konnte und in die Arme des IWF und der Weltbank getrieben wurde. Legionen von Militär-, Politik- und Wirtschaftsberaternebneten »friedlichen« – wahlweise: »gewaltfreien« – Lösungen im Sinn des Kapitals den Weg. Hinter dem Rücken der Bevölkerungen – und oft auch der gewählten Parlamente – installierten die Staatschefs oder Minister dann eine Art Ermächtigungsausschuss oder »task force«, die an den Parlamenten und am Willen der Bevölkerung vorbei agierten. Sehr oft taten sie das im ausdrücklichen Gegensatz zu den Wahlprogrammen der Regierungsparteien. Beispiele:
Bolivien : Victor Paz Estenssoro wurde 1985 zum dritten Mal Präsident, nach 21 Jahren Diktatur (1964–1982). Seine Wähler hielten ihn für einen US-unabhängigen Demokraten. Unter direktem Einfluss des IWF wurde binnen dreier Wochen nach der Wahl mit 220 Gesetzen die Wirtschaft des Landes zum Nachteil der Ärmsten umstrukturiert: Streichung von Lebensmittelsubventionen, Aufhebung der Preiskontrollen, Ölpreissteigerung um 300 Prozent, Einfrierung der Gehälter usw. Das Parlament erfuhr vom fertigen Plan erst in einer Geheimsitzung. Als die Sache bekannt wurde und Zehntausende wütend auf die Straßen gingen, rief Präsident Paz den Belagerungszustand aus und ließ Armeepanzer durch die Straßen rollen. Die politische Opposition wurde verboten. Paz ließ 200 Gewerkschaftsführer von Polizei und Militär zusammentreiben und in abgelegene Gefängnisse im Amazonasgebiet verschleppen. Sie wurden nicht ermordet, das war der Unterschied zu Chile und Argentinien. Ein bolivianischer Bankier sagte 1987 zufrieden: »Was Pinochet mit dem Bajonett gemacht hat, hat Paz mit einem demokratischen System geschafft.« 222 Bodenschätze und öffentliche Einrichtungen wurden privatisiert. Das soziale Elend explodierte. Die Campesinos, die kleinen Bauern und Landarbeiter, verdienten nur noch 20 Prozent des Mindesteinkommens, sie hungerten, und ihre Kinder starben, bevor sie den Kokaanbau als lebensrettenden Wirtschaftszweig wiederentdeckten. 223 Der 2005 gegen den Willen und Widerstand des IWF und der Weltbank gewählte Präsident Evo Morales ist Sozialist und stammt aus der Widerstandsbewegung der indigenen Kokabauern. Morales wurde 2009 mit einem noch besseren Ergebnis wiedergewählt.
Südafrika : 1994 gewann der African Nation Congress (ANC) die Parlamentswahlen, das Apartheidregime war anscheinend besiegt. Aber der ANC bekam nur die Regierung, keineswegs die Macht. In den Jahren des Übergangs, von 1990 bis 1994, gab es politische Verhandlungen über die Beendigung des international inzwischen unhaltbaren Apartheidregimes. Die Auseinandersetzungen zwischen Nelson Mandela und Frederik Willem de Klerk zogen alle Aufmerksamkeit auf sich, in Wirklichkeit aber entschieden die wirtschaftlichen Verhandlungen im Hintergrund über Südafrikas Zukunft. Die meist unerfahrenen Verhandlungspartner des ANC wurden von scheinbar neutralen Institutionen regelrecht geschult: allen voran vom IWF und der Weltbank. Am Ende lieferte der ANC die Ökonomie des Landes an das internationale Kapital aus. Manche geben das heute selbstkritisch zu. Andere haben nichts anderes gewollt.
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