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Zeit der Finsternis

Zeit der Finsternis

Titel: Zeit der Finsternis
Autoren: Tanja Rauch
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schickte ich ihm meine Gedanken und lächelte. Sein Gesicht entspannte sich ein wenig und er nickte fast unmerklich.
Julian reichte Dorian die Hand und die beiden verabschiedeten sich voneinander. Danach fiel Caroline ihm um den Hals. "Pass mir ja gut auf meine Schwester auf!", ermahnte sie Julian lachend und zwinkerte ihm zu.
Ich konnte sehen, dass Caroline versehentlich einen wunden Punkt bei Julian getroffen hatte, doch er nickte und sah lächelnd zu mir.
"Das mache ich, fest versprochen!", erwiderte er aufrichtig. Er machte sich bis heute Vorwürfe, dass er mich damals in Spanien nicht davor bewahren konnte, von Damians Leuten entführt zu werden.

Caroline horchte auf, als eine Lautsprecheransage zu ihrem Flug nach Finnland aufrief. "Wir müssen los - die Wildnis wartet." Sie bemühte sich, ihre Stimme locker und ungezwungen klingen zu lassen, aber dennoch sah ich, wie sie schluckte.
"Das wird bestimmt toll! Die Abgeschiedenheit zu den Menschen, so viele Tiere, die ihr jagen könnt. Ihr müsst euch kein bisschen verstellen!", versuchte ich sie aufzumuntern.
"Du hast ja recht...aber, ich werde dich schrecklich vermissen.", seufzte sie und warf sich ihre Umhängetasche über die Schulter.
"Dann besuchen wir euch eben so bald wie möglich! Und jetzt seht zu, dass ihr in den Flieger kommt, bevor er ohne euch startet!" Ich drückte sie und Dorian noch ein letztes Mal kurz und Julian hob zum Abschied die Hand, bevor die beiden durch die gläserne Tür liefen.
Als sie verschwunden waren, nahm Julian meine Hand und wir schlenderten zurück zum Besucherparkplatz des Flughafens.

"Was meinst du, sollten wir vielleicht auch für ein paar Monate dem Trubel und den Menschen dieser Stadt den Rücken kehren?" Ich warf Julian einen fragenden Blick zu.
"Aber...du jagst doch keine Tiere mehr...und brauchst dein Blut.", erinnerte er mich daran, dass ich seit meiner Verwandlung durch Damian, nur mit menschlichem Blut überleben konnte.
"Na ja, meine Blutversorgung ist das kleinste Problem. Außerdem wird es dir leichter fallen, zu lernen, maßvoll Menschenblut zu trinken, wenn du nicht mitten in einer vielbelebten Stadt wohnst - meinst du nicht?", versuchte ich ihn für meine Idee zu begeistern. Statt ihn wieder radikal auf Entzug zu setzen, verfolgte ich nämlich einen anderen Plan. Er sollte wie Max in der Lage sein, menschliches Blut zu sich zu nehmen, ohne jedes Mal davon besessen zu werden. Das würde etwas dauern und die Tatsache, dass er mir jedes Mal dabei zusehen musste, wie ich Blutkonserven leerte, um meinen Hunger zu stillen, machte das sicher nicht einfacher für ihn.

Julian schien einen Moment über meine Worte nachzudenken, ehe er stehenblieb und mir in die Augen sah. "Italien?"
Ich seufzte dankbar und nickte. "Ja...unbedingt.", hauchte ich und küsste ihn.
Und ich konnte es schon fast vor mir sehen - unser gelbes Häuschen in den Hügeln der Toskana mit den grünen Fensterläden, den Olivenbäumen, der kleinen Steinmauer und dem Duft von Lavendel, der im Sommer allgegenwärtig war.
Es war der schönste Platz auf dieser Erde.

Epilog Tamara

    6 Monate später:

    "Ich kann es gar nicht glauben - du heiratest!", nuschelte Caroline trotz der vielen Haarklammern zwischen ihren Lippen sehr verständlich.
"Es ist keine Hochzeit...sondern - mehr eine Zeremonie, ein Ausdruck, dass wir einander immer lieben, ganz gleich was passiert.", klärte ich sie mit strengem Unterton auf und senkte gleich darauf den Blick. "Besonders nach der schweren Zeit, die wir die letzten Monate durchstehen mussten."
"Nenn es wie du willst." Meine Schwester grinste, drehte eine meiner Haarstränen zu einer Locke und befestigte sie behutsam mit einer Haarklammer. Zum Schluss schob sie noch einen Stängel wilder Jasminblüten, die im Sommer direkt vor der Haustür wucherten, in meine kunstvoll angefertigte Frisur. "Du siehst einfach atemberaubend aus!" Sie strahlte über ihr Werk und ich glaubte, etwas Feuchtes in ihrem Auge aufblitzen zu sehen. Doch sie blinzelte schnell und zupfte noch einige Locken zurecht, die weich aus der lockeren Hochsteckfrisur über meine Schultern fielen.

Ich betrachtete mein Spiegelbild: die weißen Blüten in meinen Haaren, die schlichte Kette mit den kleinen, weißen Süßwasserperlen, die mit meinen Ohrsteckern ein passendes Ensemble zu der Schlichtheit meines Kleides bildeten.
Das Kleid selbst hatte die Farbe von hellem Flieder, der leichte Stoff fiel bis zum Boden. Den Hingucker bildete die seitliche Raffung des
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