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Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall

Titel: Zehnkampf: Tannenbergs zehnter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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Internet heruntergeladen, weil sie nach seiner Meinung die einzig passende Rufmelodie für Vertreter seines Berufsstandes war. Dann drückte er die grüne Taste.
    »Nee, Karl, unser liebes Wölfchen ist nicht zu sprechen«, erklärte er schmatzend. »Er sitzt mir zwar direkt gegenüber, aber er hat gerade mal wieder seinen Moralischen. Sag mir einfach, was du auf dem Herzen hast. Ich versuch’s ihm dann möglichst schonend beizubringen.«
    Während Dr. Schönthaler interessiert lauschte, was ihm der Kriminaltechniker mitzuteilen hatte, stierte Tannenberg scheinbar teilnahmslos ein Loch in die Bruchsandsteinmauer hinter dem Gartentisch.
    »Mertel ist noch in diesem Herschweiler-Dingsbums. Er wollte dir nur einen kurzen Zwischenbericht übermitteln«, verkündete der Rechtsmediziner, nachdem das Gespräch beendet war. Schmunzelnd tunkte er ein Stück Bratwurst in einen Senfklacks und schob ihn in den Mund. »Interessante Sachen hat er mir da erzählt, das muss ich schon zugegeben.«
    Er schluckte den Bissen hinunter, tupfte sich den Mund ab und trank einen großen Schluck Weizenbier. Da sein Freund noch immer keinerlei Reaktion zeigte, legte er noch ein wenig nach. »Geradezu sensationelle Sachen wusste er mir zu berichten.«
    Endlich hob Tannenberg den Kopf und schaute seinen alten Freund mit einem traurigen, leeren Blick an. »Was gibt’s denn so ungeheuer Aufregendes?«, fragte er gedehnt.
    Dr. Schönthaler griff sein Messer und hielt es sich wie ein Mikrofon vor den Mund. »Achtung, Achtung, der Leiter des K 1 meldet sich gerade unter den Lebenden zurück. Nutzen wir die Chance zu einem Live-Interview. Wer weiß, vielleicht begeht der werte Herr ja schon heute Nacht aus lauter Verzweiflung Selbstmord. – Erste Frage: Was hat nach Ihrer geschätzten Meinung der Kollege Mertel in diesem unaussprechlichen Ort entdeckt?«
    Das zum Mikrofon umfunktionierte Messer wanderte zu Tannenbergs Kinn.
    »Keine Ahnung. Tu sofort dieses blöde Ding da weg!«, forderte sein Gegenüber mürrisch und schob die Hand beiseite.
    »Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie gerade eben selbst als O-Ton hören konnten, reagiert der Leiter der SOKO ›Sniper‹ äußerst gereizt auf vollkommen unverfängliche Journalistenfragen. Seine abweisende Reaktion ist darauf zurückzuführen, dass Hauptkommissar Wolfram Tannenberg ein recht angespanntes Verhältnis zu unserem Berufsstand hegt. Dabei üben gerade wir Enthüllungsjournalisten eine eminent wichtige Funktion in einer freiheitlichen Demokratie aus.«
    »Hör auf mit dem Schwachsinn oder ich gehe sofort nach Hause.«
    Diese Drohung zeigte Wirkung. Dr. Schönthaler beendete seinen Ausflug ins Kabarettmilieu und berichtete stattdessen über die aktuellen kriminaltechnischen Erkenntnisse: »Mertel hat in der Nähe eines Sportplatzes am Fuße einer großen, mit einem roten Kreuz markierten Buche einen Diskus gefunden.«
    »Einen Diskus?«
    »Ja. Wie du weißt, ist die siebte Disziplin des Zehnkampfs der Diskuswurf.«
    »Dann hat John dort auf sein nächstes Opfer gewartet«, murmelte Tannenberg vor sich hin.
    »Das er ja glücklicherweise verschont hat.«
    In den Kriminalbeamten kehrte nun tatsächlich das Leben zurück. Er richtete seinen Oberkörper auf und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Weizenbierglas.
    »So gefällst du mir schon wieder bedeutend besser.« Dr. Schönthaler nahm sein Glas, stieß es an das andere und trank ebenfalls. »So, und nun zur Preisfrage: Warum wohl hat er den Jungen nicht wie seine anderen sechs Opfer ebenfalls mit einem Präzisionsschuss ins Herz niedergestreckt?«
    Tannenberg zuckte mit den Schultern und leckte sich dabei den Bierschaum von den Lippen. »Weil er plötzlich Mitleid mit dem Jungen hatte?«, spekulierte er anschließend.
    »Oder weil ihn ein kleines Vögelchen erschreckt hat«, scherzte Dr. Schönthaler mit angespitztem Mund. »Oder weil ihn vielleicht genau in diesem Augenblick eine Schnake oder eine Bremse gestochen hat.« Er wedelte mit dem Zeigefinger vor Tannenbergs Gesicht herum. »Nein, nein, mein liebes Wölfchen – falsch geraten. Hast du noch eine andere Idee?«
    Tannenberg wiegte den Kopf hin und her.
    »Ganz einfach: Weil er selbst beschossen wurde.«
    »Was?«
    »Ja, Mertel hat oben im Baum ein Projektil in der Rinde entdeckt. Es schlug offensichtlich ziemlich genau an der Stelle ein, wo dieser John gesessen haben muss.«
    »Dann hat dieser Schuss wahrscheinlich dem Jungen das Leben gerettet.«
    »Das ist durchaus
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