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Zebulon

Zebulon

Titel: Zebulon
Autoren: Rudolph Wurlitzer
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auf.«
    Dorfheimer nahm die Karten in die Hand. »Seven Card Stud. Nichts Besonderes. Spielt fair und richtig, oder geht mit euren Problemen vor die Tür.«
    In den ersten zehn, zwölf Runden wurde mehr oder minder gleichmäßig gesetzt, und keiner fiel stark zurück, bis auf Dorfheimer, der bei jedem Blatt so setzte, als wäre es sein letztes. Als Zebulon sein bestes Blatt mit drei Zehnen verlor, weil Hatchet Jack einen niedrigen Straight hatte, sprang er auf und stieß seinen Stuhl um.
    »Die hast du von der Unterseite genommen«, beschuldigte er Hatchet Jack.
    Hatchet Jacks Hand legte sich auf den Griff seiner Pistole. »Wenn du glaubst, das ist wahr, was es nicht ist, können wir auch vor die Tür gehen.«
    »Wie du willst«, sagte Zebulon.
    Hatchet Jack stand auf, dann setzte er sich wieder hin. »Ich hab den weiten Weg hier rauf gemacht, um mit euch beiden abzurechnen, und jetzt schaff ich’s nicht.«
    »Sag Bescheid, wenn du weißt, was du willst«, antwortete Zebulon.
    Er ging zum Billardtisch hinüber. Er gewann vier Spiele nacheinander, wodurch sich seine Barschaft verdoppelte, und kehrte dann an den Kartentisch zurück.
    Hatchet Jack trank einen Schluck Screech und reichte Zebulon die Flasche. »Ich hab nachgedacht. Vielleicht sollten wir zwei nach Colorado zurückreiten. Ein paar Felle auftreiben oder was sich sonst so anbietet. Alles laufen lassen wie in früheren Zeiten, vielleicht auch mal wieder zum Rendezvous runter an den Purgatory reiten.« Er machte eine Pause. »Außer, du hast eine bessere Idee.«
    »Wüsst ich jetzt nicht.« Zebulon leerte die Flasche. »Aber in die Berge zurück will ich auch nicht.«
    »Lasst doch die Karten entscheiden«, schlug Delilah vor. »Der Gewinner bekommt alles. Die Verlierer versprechen, wegzugehen und nie wiederzukommen.«
    »Euch ist nicht zu helfen«, sagte Dorfheimer. »Poker ist kein Hundertmeterlauf mit einer Ziegelmauer am Ende oder ein bescheuertes Revolverduell. Es ist ein Marathonlauf. Ein Geschicklichkeits- und Ausdauerspiel. Wär’s sonst der Mühe wert?«
    Als keiner von beiden antwortete, mischte Delilah die Karten.
    »Eine Hand.« Sie legte ihre goldene Rubin-Kette und ihr ganzes Geld auf den Tisch. »Alles oder nichts.«
    »Ich passe.« Dorfheimer raffte sein gewonnenes Geld zusammen und marschierte zur Tür.
    »Ein Gewinner«, wiederholte Delilah, »zwei Verlierer. Oder ein Verlierer und zwei Gewinner, je nachdem, wie man’s sieht.«
    Sie mischte die Karten noch einmal und schob sie Zebulon hin, der langsam abhob und den Stoß an Hatchet Jack weitergab, der noch einmal abhob.
    »Warum willst du unbedingt geben?«, fragte Zebulon Delilah. »Warum nicht der, der die höchste Karte zieht?«
    »Ich bin der Geber«, sagte sie. »Ich war’s von Anfang an, ob ihr’s gemerkt habt oder nicht.«
    Zebulon legte den fossilen Walrosspenis auf den Tisch, dazu das ganze Geld, das er gerade beim Billard gewonnen hatte. Hatchet Jack zog gleich – mit Ivans Taschenuhr, der Lakota-Sioux-Rassel, der Mandan-Kriegskeule des Gefängnisdirektors und schließlich dem Colt.
    Von dem Moment an, als Delilah die Karten über den Tisch schob, fühlte sich Zebulon in einer Wiederholung gefangen, der er sich nicht entziehen konnte und nicht entziehen wollte. Er hatte schon früher hier in der Falle gesessen, immer und immer wieder, seit er Delilah in dem Saloon in Panchito gesehen hatte. Es war dieselbe schwach beleuchtete Cantina, die Öllampen fast alle zerschossen oder ausgebrannt, dieselben ruhelosen Klavierakkorde, über dem Tresen ein Bild von einer nicht abgeschlossenen Reise, ein Stoß abgegriffener, schmieriger Karten, zwei Huren, die sie von ihren Barhockern aus beobachteten, und Delilah, die ein Blatt verteilte, bei dem Gewinner und Verlierer schon von vornherein feststanden. Und da war noch etwas anderes. Er fühlte sich dazu verdammt, niemals dieses Etwas zu erkennen oder anzuerkennen.
    Bei dem Gedanken musste er lachen, statt aus dem Raum zu laufen, als wären er und sie alle Figuren in ein und demselben Witz: Als wüssten sie nicht, was sie oder irgendjemand sonst tatsächlich vorhatte.
    Als die Saloontür aufging und plötzlich blendendes Tageslicht hereinfiel, schlug er mit der flachen Hand auf den Tisch, sodass ein Glas hochsprang und am Boden zerschellte.
    »Quién es?«
, fragte der Junge an der Tür, und sein Vater tauchte hinter ihm auf und hielt ihn zurück.
    Zebulon antwortete laut: »Einer, der kommt und schon gegangen ist und nicht bereit ist
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