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Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)

Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)

Titel: Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
Autoren: Victoria Alexander
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aber alles war furchtbar erschüttert und durcheinander.
    Dass Alexandra jetzt endlich redete, reichte nicht aus, um zehn Jahre Schuld und Reue wettzumachen. Trotzdem empfand Judith eine solch unglaubliche Erleichterung, dass sie weinen wollte. Eine riesige Last war ihr von der Seele genommen worden, oder von ihrem Herzen. Und an ihre Stelle trat das Gefühl, frei zu sein, das ihr eine ungekannte Leichtigkeit bescherte. Sie konnte wieder atmen.
    »Warum erzählst du mir all das jetzt?«
    »Ich weiß es nicht.« Alexandra schwieg kurz, bevor sie sagte: »Vielleicht, weil ich nicht mehr das Bedürfnis habe, dich für mein Versagen zu bestrafen. Oder weil meine Verbitterung von neuen, unerwarteten Gefühlen verdrängt wird.«
    Judith lächelte. »Da bin ich dem mittellosen Poeten aber unendlich dankbar.«
    Alexandra schüttelte den Kopf, als könnte sie selbst nicht glauben, was sie sagte. »Du siehst also, liebe Schwester, dass es überhaupt keinen Grund gibt, weshalb dein Lord Warton nicht dein Lord Warton sein sollte.«
    Tatsächlich war Judith für einen Sekundenbruchteil regelrecht hoffnungsfroh, verzog jedoch sogleich das Gesicht. »Ich fürchte, dafür ist es zu spät.«
    »Warum? Weil du vorhast, im Dschungel Blumen zu pflücken?«
    »Weil ich die Sache beendet habe.« Bei den Worten fuhr ihr ein Stich ins Herz.
    »Du hast es beendet?«, fragte Alexandra verwundert. »Nicht anders herum?«
    »Nein.«
    »Dann sag ihm, du hättest es dir anders überlegt. Sag ihm, du«, sie grinste, »hast dich geirrt.«
    »Ich denke nicht, dass das noch etwas nützt«, sagte Judith matt. »Ich habe ihm sehr wehgetan und kann mir nicht vorstellen, dass er mir jemals verzeiht.«
    Alexandra sah sie prüfend an. »Jetzt raub mir nicht meine Illusionen, Judith! Ich hielt dich immer für die couragierteste Frau, die ich kenne. Sieh dir doch dein Leben an! Du wolltest nicht zulassen, dass Lucian dich noch einmal verletzt. Und nach seinem Tod hast du dich nicht in einem Loch verkrochen, sondern dir stattdessen ein interessantes Leben aufgebaut.«
    »Ein Leben allein«, ergänzte Judith verbittert.
    »Ja, na ja«, seufzte Alexandra. »Ich gebe zu, dass ich daran nicht ganz schuldlos bin. Judith, liebst du diesen Mann?«
    Judith zögerte, dann zuckte sie mit den Schultern. »Ja.«
    »Liebt er dich?«
    »Ich glaube schon.«
    »Dann tu etwas! Du sagtest, du bist es leid, allein zu sein. Und ich will ganz sicher nichts mehr mit dir zu tun haben. Folglich bleibt dir gar nichts anderes übrig, falls du nicht den Rest deines Lebens allein verbringen willst. Du musst diesen Lord Warton zurückbekommen.«
    Judith dachte eine Weile nach. Der einzige Grund, weshalb sie die Sache mit Gideon beendet hatte, war ihre Angst gewesen. Und die hatte ihr Alexandra nun größtenteils genommen. Selbst Susanna und Lady Radbury hatten ihre Zustimmung gegeben. Und falls sie zu Gideon ging und er nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, wäre sie auch nicht schlechter dran als jetzt. Falls aber doch...
    »Also?«
    »Du irrst dich, Alexandra. Er ist nicht dieser Lord Warton.« Judith straffte die Schultern. »Er ist mein Lord Warton, und es ist höchste Zeit, dass ich ihm das sage.«

Sechzehntes Kapitel
     
    »Es lässt sich nicht leugnen, dass man gelegentlich umso klarer sieht, je mehr man trinkt«, sagte Gideon und betrachtete stirnrunzelnd sein fast leeres Glas. »Das trifft selbstverständlich nur zu, wenn man sich nichts sehnlicher wünscht, als kein bisschen klar im Kopf zu sein.«
    »Scheint ihm zu gelingen«, raunte Cavendish leise.
    »Nein.« Norcroft sah Gideon an. »Er ist erstaunlich nüchtern. Schade drum.«
    »Das Essen ist schuld«, konstatierte Sinclair kopfschüttelnd. »Wir hätten ihm nicht erlauben dürfen, etwas zu essen.«
    »Ich hatte nicht mal Hunger«, murmelte Gideon.
    »Ich schon«, erwiderte Cavendish.
    »Wenn du also«, begann Norcroft, »nach wie vor und trotz deiner großen Anstrengungen bei Verstand bist...«
    »Trotz unserer großen Anstrengungen«, korrigierte Sinclair.
    Cavendish kicherte. »Wir sind fürwahr überaus hilfreich.«
    »... möchtest du uns dann vielleicht verraten, woher dein Wunsch rührt, dich bis zur Besinnungslosigkeit zu betrinken?« Norcroft sah ihn prüfend an. »Oder planst du, so lange weiterzumachen, bis wir dich nach Hause tragen müssen?«
    »Ich habe gar keine Pläne«, entgegnete Gideon. Sein einziger Plan, als er vor einigen Stunden in seinen Club kam, war der gewesen, so viel zu trinken, dass er
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