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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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nur n bisschen
erinnern als sie mit ihrm
    Aber die hat dat doch nich Nie
het sei dat seggt wer denn nu
    Dei het ehr Mudder quäält un
denn noch dat mit dän Henry Nee nee
    Und nu kricht se dat Haus oder
wat dat Haus von Anna Hanske
    Na is doch ehr Mudder öwwer
Peter wat is mit em denn nu
    Wat will die denn mit dat Haus
wenn se da in England nu wohnt
    Ach in Irland Is denn nu ihr Mann uch n
Irischer
    Na der sieht doch schon so aus
wie n so sieht doch nu kein Deutscher
    Öwwer is dat nu ehr Soohn oder
vun em der Soohn
    Na dat is doch tau seihn dat is
doch n Hanske durch un
    Der sieht ihr nu aber gar nich
Wie der olle Hanske dei wier noch
    Nu kricht se wohl dat ganze
Geld noch als Belohnung dafür dat se
    Und unsereins
    Dei wulln doch nu nich
hierbliewn
    Na denn gut Nacht Marie
     
    INGRID
     
    Du hast keinen weiter
angeguckt. Es wäre nicht möglich gewesen, ohne sofort einen Blick aufzugabeln,
sie hätten alle gar nicht gewusst, wohin so schnell mit ihren Augen, hättest du
aufgesehen, und du wolltest sie nicht noch mehr in Verlegenheit bringen, nicht
wahr. Die meisten hast du erkannt, schon am Gang, an den verschämten
Flüsterstimmen, als sie in die Kirche gestolpert kamen, an den Händen und den
gehegten Beerdigungsjacken, als sie wie kopflose Puppen auf einem altersschwachen
Fließband an dir vorbeiruckten und kurz ihre rauhe Hand in deine kalte legten,
um dann eine Winzigkeit länger bei Peter zu verweilen. Er stand lang und
sprachlos neben dir, für einen Augenblick wusstest du, dass er nicht dein
Bruder ist. Aber umgekehrt, nämlich, dass er sehr wohl der Sohn von Anna Hanske
ist. Du bist die rechtmäßige Erbin, wie lächerlich. Wie lächerlich du da
rumgestanden hast, mit Peter an vorderster Front, und dem Feind nicht ins
Angesicht zu blicken wagtest und nur an deine Rückendeckung dachtest. Du wusstest,
dass Michael und Paul direkt hinter dir stehen, du hast dich an ihre
Anwesenheit geklammert, ohne sie zu spüren, dein Rücken war kalt, als träten
deine Hacken bereits auf freies Feld, als wären da nichts als Stoppeln, deine
Familie abgemäht. Du hast dich nicht getraut, hinter dich zu greifen.
    Der Pastor war dein Misstrauen
nicht wert; als er dir die Hand gab, hast du in den graublauen Augen etwas
gesehen, wofür du dir keine Entsprechung denken konntest hier und was dich an
der Information, er habe den sogenannten Leichenschmaus befürwortet und
organisiert, zweifeln ließ. Und warum hatte Peter das zugelassen? Das fragst du
doch nicht ernsthaft. Aber du hast eine Weile gebraucht, um dahinter nicht nur
die Wehrlosigkeit Peters zu sehen, sondern auch die Klugheit des Pastors.
    Der Kuchen kam dir widerlich
süß und schwer vor, er hat dich an die steifen, gerüschten
Kindergeburtstagskaffeetrinken erinnert, bei denen es Muckefuck gab und man
nicht krümeln durfte. Beim Anblick der Sahnetorte wurde dir stets übel, und du
lehntest sie rundheraus ab, worauf man dir sowohl Undankbarkeit als auch
Hochnäsigkeit vorwarf, »bei euch gibs wohl wat Bessres, wa«, und dir den Mund
mit trockenem Sandkuchen stopfte, den man weder kauen noch schlucken konnte.
Und so saßt du da, mit einem Klumpen im Mund, der dich stumm machte und dir den
Atem nahm, der den Gaumen bedrängte und ein schmerzendes Gewölbe sein ließ und
dir Tränen abpresste. Du wolltest keine Heulsuse sein. Du warst auch keine. Du
hast nicht geweint, als Süwerts Hund dich gebissen hat und du die
Tollwutspritze in den Bauch bekamst; du hast vor ihnen nicht geweint, als das
Blut dir aus der Schulter spritzte, an der das neue Messer stolz ausprobiert
worden war; du hast nicht geweint vor ihm, damals, nachdem. Wieso hättest du
das ausgerechnet jetzt ändern sollen.
    Aber du hast auf einmal
gewusst, als du den Kuchen mit dem sauren Kaffee runtergespült hast, dass es
gut war, dass sie ihn gebacken hatten, für Anna Hanske. Dass es gut war, dass
sie alle hier herumsaßen und an Anna Hanske denken und auf Anna Hanske trinken
mussten, dass der Pastor es verstanden hatte, sie in ihren eigenen Bräuchen zu
fangen. Anna Hanske war unter der Erde. Aber hatte es dort bequemer als die
hier, wie verspätete Gäste, an ihrem Tisch, wo man sich ja immerhin anständig,
immerhin benehmen musste, und Anna Hanske konnte endgültig kein gutes Benehmen
mehr abverlangt werden.
    Dieses Haus ist dir fremd.
Hier hast du nicht gewohnt, zwischen diesen wurmstichigen Schränken, unter
diesem schweren Dach hast du keinen Schlaf gefunden, hast du sowieso nicht.
Welcher von den
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