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Zaertliche Brandung - Roman

Zaertliche Brandung - Roman

Titel: Zaertliche Brandung - Roman
Autoren: Janet Chapman
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Särge?«
    Sie blickte mit nachsichtigem Lächeln zu ihm auf, als hätte sie diese Reaktion erwartet.
    »Ich besitze eine kleine Sargtischlerei und beschäftige ein paar hochqualifizierte Schreiner für die Holzarbeit und andere Fachkräfte für die Innenausstattung.«

    »Ich verstehe.«
    »Abram hat bei mir gearbeitet«, sagte sie und befreite sich aus seinem Griff. Sie berührte Sams Ärmel.
    »Er hat seinen eigenen Sarg getischlert.«
    Sam geriet leicht ins Schwanken, als hätte ihn ein Hieb in den Magen getroffen.
    »Es war ein Trost für Ihren Großvater«, fuhr sie leise fort.
    »Abram sagt, dass er gern mit den Händen arbeitet. Er ist sehr stolz auf seine letzte Errungenschaft.«
    Sie trat direkt vor ihn hin und blickte besorgt zu ihm auf.
    »Mr. Sinclair, Ihr Großvater hat nicht mehr lange zu leben«, sagte sie leise.
    »Er hat sich damit abgefunden, und jetzt müssen auch Sie und Ihre Brüder sich damit abfinden.«
    »Dann hätte er nicht davonlaufen sollen!«, fuhr er sie an.
    »Er sollte zu Hause bei seiner Familie sein. Außer uns hat er niemanden.«
    »Er wird zurückkommen. Das glaube ich jedenfalls.«
    »Sie glauben es?«
    Sie legte den Kopf schräg und bewahrte angesichts des aufziehenden Gewitters, das sich in seinen Augen andeutete, Ruhe.
    »In manchen Kulturen ziehen die Alten sich zum Sterben in die Wildnis zurück. Ich glaube, das hat auch Abram getan. Ich vermute, dass er dem üblichen Getue
am Sterbebett entgehen wollte«, erklärte sie beschwichtigend.
    Verdammt, er wollte nicht beschwichtigt werden. Er wollte diese Frau packen und so lange schütteln, bis ihre Zähne klapperten. Sie war eine Fremde und ein dummes Huhn obendrein. Und sie sagte Dinge, die er nicht hören wollte.
    »Sagen Sie mir, wo er steckt«, brachte Sam heraus und packte sie an den Schultern.
    Ihre Augen wurden groß, ihr Mitgefühl ging in Angst über.
    »Ich kann nicht. Ich habe es versprochen.«
    Sam sah sie finster an.
    »Lassen Sie sich gesagt sein, dass ich ihn finden werde. Es kann in Maine nicht viele Sargschreinereien geben, die einer Willamina Kent gehören.«
    »Wenn Sie das tun, tun Sie ihm sehr weh.«
    »Er gehört nach Hause.«
    »Er wird kommen.«
    »Im Sarg!«
    »Wenn er das möchte.« Sie hob ihr Kinn, nicht aber ihre Stimme.
    »Mr. Sinclair, bei unserem Eintritt in diese Welt haben wir nicht viel mitzureden. Aber wenn wir die Chance haben, sie zu unseren Bedingungen zu verlassen, sollte man es uns gestatten.«
    Sam spürte, wie ihm das Blut aus den Wangen wich. Er umfasste ihre Schultern fester.

    Sie zuckte zusammen, versuchte aber nicht, sich loszumachen. Stattdessen legte sie ihre kleine Hand auf seine Brust.
    »Es ist Abrams Entscheidung, Sam.« Ihr Blick bekam eine flehentliche Note.
    »Vielleicht möchte er, dass Sie sich an ihn als starken Mann erinnern, der bis zum Schluss die Geschicke seines Imperiums gelenkt hat? Wäre es nach Abram gegangen, wäre er wohl an seinem Schreibtisch gestorben.«
    »Oder an Deck eines Frachters, von dem aus er den Sonnenaufgang beobachtet«, flüsterte Sam. Er ließ sie los und schlug mit der Hand auf die Wand der Liftkabine.
    »Verdammt!« Damit drehte er sich zu ihr um.
    »Wussten Sie, dass er Kapitän war? So fing er an. Bram konnte nach dem Geruch des Windes das Wetter des nächsten Tages voraussagen. Er liebte die Seefahrt. Oft fuhr er mit Grammy auf einem seiner Frachter, wenn der Zielhafen ihnen zusagte.«
    »Das wusste ich nicht.«
    Sam schloss die Augen angesichts des Schmerzes, der in seinem Inneren wütete. Die Situation behagte ihm nicht, doch war sie ihm nicht ganz unverständlich. Ja, irgendwie verstand er Brams Rückzug nach Maine. Wenn der Alte wusste, dass das Ende nahe war, würde er keine Zeugen wollen, schon gar nicht seine Enkel.
    Sam atmete tief durch.

    »Okay«, sagte er heiser, »Bram wird vermutlich im Sarg zurückkehren.«
    »Es tut mir leid.«
    »Der alte Fuchs kann nicht ewig leben«, sagte er mit schmerzlicher Resignation und rieb sich seine Schläfe in dem Versuch, die Erkenntnis auszulöschen, dass er seinen Großvater wahrscheinlich niemals wiedersehen würde.
    Sie berührte seinen Ärmel und blickte mit traurigem Lächeln zu ihm auf. In diesem Moment blieb der Lift stehen, das Ping der Tür ertönte, und er sah, wie sie erstarrte. Mit eisernem Willen unterdrückte er seinen Schmerz und hielt ihre Tasche in die Höhe.
    »Keine Angst, ich werde sie mit meinem Leben schützen.«
    Sie lachte, und das bedrückende Gewicht der
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