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Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Titel: Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman
Autoren: Annette McCleave
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erinnerte. Die Kleidung, der teure Duft, die perfekte Aufmachung. Es war schwer, keinen Vergleich mit seiner eigenen abgewetzten, ledernen Bomberjacke und der schwarzen Baumwollhose anzustellen. Die klobigen Absätze und silbernen Schnallen seiner Motorradstiefel erschienen unförmig und protzig neben dem fein genähten Leder von Watanabes italienischen Slippern.
    Er griff sich ans Kinn. Wenigstens war der ungepflegte Bart ab. Nachdem er die Hälfte davon bei einer heftigen Explosion vor ein paar Monaten eingebüßt hatte, hatte er ihn komplett abgenommen. Er war nun vorzeigbarer. Jedenfalls versicherten ihm das die Frauen, mit denen er sich traf.
    »Es ist aber von größter Wichtigkeit, dass ich mit Miss Ashida spreche«, unternahm Murdoch einen erneuten Vorstoß. »Mein Anliegen hat nichts mit Lena Sharpe zu tun. Sie war nur eine Visitenkarte. Ich suche eigentlich nach einer seltenen Antiquität, die, wie ich glaube, Miss Ashida bekannt sein könnte.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Watanabe nickend. »Und ich kann Ihre Situation nachvollziehen. Aber leider ist Miss Ashida recht unnachgiebig. Sie wird ihre Meinung nicht ändern. Wenigstens nicht gleich. Sie könnten es in einigen Monaten nochmals versuchen – mit besseren Referenzen.«
    In einigen
Monaten?
    Murdoch schnitt eine Grimasse. Man stelle sich Websters Reaktion vor, wenn er mit dieser Nachricht zurückkehrte.
    »Das genügt mir nicht«, sagte er leise. »Ich muss Miss Ashidas Absage aus ihrem eigenen Mund hören.«
    »Was Sie müssen, interessiert mich nicht.« Das Lächeln war noch immer freundlich, aber in Watanabes Blick war die Andeutung einer gewissen Härte getreten. Er hatte die Entschlossenheit in Murdochs Stimme ganz richtig als Problem interpretiert.
    »Sicher kann selbst eine vielbeschäftigte Frau wie Miss Ashida ein paar Minuten erübrigen, um mir selbst abzusagen.«
    Watanabe richtete sich kerzengerade auf. Er reichte Murdoch kaum bis zum Schlüsselbein. »Machen Sie keine Schwierigkeiten, Mr Murdoch. Ihre Hartnäckigkeit wird sie nur noch mehr verärgern. Sie dienen Ihrem Anliegen am besten, wenn Sie jetzt gehen, ohne Aufsehen zu erregen. Wenn Sie Miss Ashida wirklich beeindrucken wollen, kommen Sie morgen wieder und ersuchen Sie erneut um einen Termin.«
    Der Rat war durchaus nützlich, ja, er gefiel ihm sogar, und so wippte Murdoch nach hinten auf die Fersen. Einen potenziellen Verbündeten wie Watanabe zu verlieren wäre ein Fehler gewesen.
    »Einverstanden«, entgegnete er und deutete eine leichte Verbeugung an, ganz ähnlich derjenigen, die er viele japanische Männer seit seiner Ankunft vor sechs Stunden hatte machen sehen. »Ich komme morgen wieder. Bitte richten Sie Miss Ashida meine Empfehlungen aus.«
    Dann drehte er sich auf dem Absatz um und verließ das Gebäude.
     
    Kiyoko warf den goldenen Stift auf die Schreibtischplatte und stand auf.
    Mr Murdoch hatte mehr Selbstbeherrschung gezeigt, als sie ihm zugetraut hätte. Sie hatte gesehen, dass er bei Ryujis Zurückweisung erstarrt war. Bedienten sich westliche Männer nicht üblicherweise des Mittels der Einschüchterung, um ans Ziel ihrer Wünsche zu kommen? Das aggressive Straffen seiner Schultern und sein emporgerecktes, kantiges Kinn sprachen dafür, dass er um seinen körperlichen Vorteil wusste und versucht war, seine Größe zu nutzen, um seinen Willen durchzusetzen. Stattdessen war er gegangen.
Warum?
    Es klopfte leise an die Tür, und sie wandte den Blick vom Videomonitor. In der Tür stand ein älterer Mann mit schneeweißem Haar in einer langen, fließenden Robe und wartete gleichmütig auf die Erlaubnis einzutreten. Sora Yamashita, ihr Mentor.
    »Kommen Sie herein, Sora-sensei«, begrüßte sie ihn.
    Er näherte sich ihr langsam, aber mit der geschmeidigen Leichtigkeit eines Mannes, der viele Jahre jünger schien. »Dieses Büro sieht noch genauso aus wie zu Zeiten Ihres Vaters. Hat Watanabe es nicht übernommen?«
    Kiyokos Blick wanderte durch den Raum und verweilte kurz auf der imposanten Erstdrucksammlung von Papierwährungen an der gegenüberliegenden Wand. Ein bedeutender Teil von Tatsu Ashidas Leben wurde hier geehrt. Ein Teil, den sie nicht sehr gut kannte. »Er hat sich das Büro nebenan ausgesucht.«
    »Hm.« Sora fuhr mit dem Zeigefinger über die dünne Staubschicht auf einem der Regale. »Die Assistentin deines Vaters hat mir berichtet, dass unten ein Amerikaner darum bittet, zu dir vorgelassen zu werden.«
    Das Gesicht des Älteren war gelassen, aber
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