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Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens

Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens

Titel: Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
Autoren: Maria V. Snyder
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schloss den Akten ordner. Elegant und geschmeidig wie ein Schneeleopard auf dünnem Eis schritt er zur Tür. Die Wächter, die im Korridor warteten, nahmen bei seinem Anblick Haltung an. Valek sagte etwas zu ihnen, und sie nickten. Einer der Wächter trat auf mich zu. Entsetzt sah ich ihn an. In den Kerker zurückzukehren war nicht Teil von Valeks Angebot gewesen. Blieb mir eine Fluchtmöglichkeit? Gehetzt schaute ich mich im Zimmer um. Der Wächter drehte mich um und befreite mich von den Fesseln und Ketten, die ich seit meiner Festnahme tragen musste.
    An meinen blutunterlaufenen Handgelenken war das rohe Fleisch zu sehen. Ich berührte meinen Nacken und spürte Haut, wo zuvor Eisen gewesen war. An meinen Fingern klebte Blut. Ich griff taumelnd nach dem Stuhl. Befreit von den Ketten verspürte ich auf einmal ein ganz merkwürdiges Gefühl – so, als würde ich jeden Moment davon schweben oder in Ohn macht fallen. Ich atmete tief ein, bis der Schwächeanfall nachließ.
    Nachdem ich meine Fassung wieder gefunden hatte, sah ich Valek neben seinem Schreibtisch stehen und zwei Becher füllen. Die geöffneten Türen eines Holzschranks gaben den Blick frei auf merkwürdig geformte Flaschen und Becher in allen möglichen Farben. Valek stellte die Flasche zurück und verschloss den Schrank.
    „Ich glaube, du kannst jetzt etwas zu trinken gebrauchen, während wir auf Margg warten.“ Er reichte mir einen hohen Zinnkrug mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit darin. „Auf Yelena, unsere neue Vorkosterin. Mögest du länger leben als dein Vorgänger.“
    Den Becher nahe an meinen Lippen, erstarrte ich.
    „Sei unbesorgt“, beruhigte er mich. „Das ist bloß der übliche Trinkspruch.“
    Ich nahm einentiefen Schluck. Die süße Flüssigkeit brannte ein wenig in meiner Kehle. Einen Moment lang glaubte ich, dass mein Magen rebellieren würde. Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass ich etwas anderes als Wasser getrunken hatte. Doch dann beruhigten sich meine aufgewühlten Nerven.
    Ehe ich ihn fragen konnte, was mit dem ehe maligen Vorkoster geschehen war, verlangte Valek von mir, den Geschmack des Getränks zu beschreiben. Nachdem ich noch einen kleinen Schluck genommen hatte, sagte ich: „Pfirsich, gesüßt mit Honig.“
    „Gut. Jetzt nimm noch einen Schluck. Lass das Getränk über deine Zunge rollen, ehe du es hinunterschluckst.“
    Ich befolgte seinen Rat und war überrascht, einen Hauch von Zitrusfrüchten zu schmecken. „Orange?“
    „Richtig. Und jetzt gurgle damit.“
    „Gurgeln?“, fragte ich ungläubig. Er nickte. Ich kam mir ziemlich töricht vor, als ich mit dem Rest des Getränks gurgelte. Fast hätte ich es ausgespieen. „Verfaulte Orangen.“
    Kleine Fältchen bildeten sich um Valeks Augen, als er lachte. Er hatte ein ausgeprägt eckiges Gesicht, wie aus einem Stück Eisen gestanzt, aber es wurde sanft, wenn er lächelte. Er reichte mir sein Getränk und bat mich, die Prozedur zu wiederholen.
    Ein wenig beklommen nahm ich einen Schluck. Erneut schmeckte ich das schwache Aroma von Orangen. Ich wappnete mich für den ekelhaften Geschmack, als ich mit Valeks Getränk gurgelte, und war erleichtert, dass das Gurgeln nur die Orangenessenz verstärkte.
    „Besser?“, fragte Valek und nahm mir den leeren Becher ab.
    „Ja.“
    Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und öffnete noch einmal meinen Aktenordner. Während er den Federkiel zur Hand nahm, redete er mit mir. „Das war gerade deine erste Lektion im Vorkosten. Dein Getränk war – im Gegensatz zu meinem – mit einem Gift versetzt, das Butterfly Dust heißt. Die einzige Möglichkeit, es zu entdecken, besteht darin, damit zu gurgeln. Die verfaulten Orangen, die du herausgeschmeckt hast, waren das Gift.“
    Mir schwirrte der Kopf, als ich aufstand. „Ist es tödlich?“
    „Eine entsprechend große Dosis wird dich innerhalb von zwei Tagen umbringen. Die Symptome zeigen sich erst am zweiten Tag, aber dann ist es bereits zu spät.“
    Mir stockte der Atem. „Hatte ich denn tatsächlich eine tödliche Dosis?“
    „Selbstverständlich. Wäre sie geringer gewesen, hättest du das Gift nicht herausgeschmeckt.“
    Mein Magen rebellierte, und ich musste würgen. Doch ich schluckte die Galle, die mir in die Kehle gestiegen war, hinunter, denn ich wollte mir nicht die Blöße geben, mich auf Valeks Schreibtisch zu übergeben.
    Valek schaute von seinen Papieren auf und betrachtete mich aufmerksam. „Ich habe dich gewarnt. Die Lektionen sind
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