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Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens

Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens

Titel: Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
Autoren: Maria V. Snyder
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Hinrichtungen, die für die nächsten Tage vorgesehen sind.“ Der Mann redete mehr zu sich selbst als mit mir.
    Beim Klang von Brazells Namen legte sich die Angst wie ein Panzer um meine Brust. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass ich schon bald unerreichbar für ihn sein würde.
    Die Militärregierung hatte erst vor einer Generation die Herrschaft in Ixia übernommen, und die Justiz hatte strenge Regeln erlassen, die im Neuen Gesetzbuch niedergelegt waren. In Friedenszeiten – die, seltsam genug für eine Militärregierung, die meiste Zeit über herrschten – war es nicht erlaubt, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen. Auf Mord stand Hinrichtung. Selbstverteidigung oder Totschlag wurden als Entschuldigung nicht anerkannt. Wenn jemand als schuldig verurteilt war, wurde der Mörder in die Verliese des Commanders gesteckt und musste dort auf seine öffentliche Hinrichtung – Tod durch den Strang – warten.
    „Ich nehme an, du wirst das Urteil anfechten und behaupten, das Opfer einer Intrige geworden zu sein oder dass es Selbstverteidigung war.“ Gelangweilt lehnte er sich in seinen Stuhl zurück.
    „Nein, Sir“, flüsterte ich. Mehr gaben meine ungeübten Stimmbänder nicht her. „Ich habe ihn ermordet.“
    Der schwarzgekleidete Mann richtete sich auf und musterte mich mit einem durchdringenden Blick. Dann lachte er laut auf. „Das klappt ja besser, als ich dachte! Yelena, ich lasse dir die Wahl. Du kannst entscheiden, ob du hingerichtet oder die neue Vorkosterin von Commander Ambrose werden möchtest. Sein letzter Vorkoster ist kürzlich gestorben, und wir müssen die Position neu besetzen.“
    Entgeistert starrte ich ihn an, während mir das Herz bis zum Hals schlug. Das musste ein Witz sein. Bestimmt machte er sich nur lustig über mich. Erst weideten sie sich an der Freude und der Hoffnung im Gesicht eines Gefangenen, und dann machten sie all seine Erwartungen zunichte, indem sie ihn dem Henker übergaben.
    Trotzdem ging ich wohl oder übel auf das Spiel ein. „Nur ein Narr würde ein solches Angebot ausschlagen.“ Meine Stimme war zwar immer noch heiser, aber wenigstens ein wenig fester geworden.
    „Nun, es ist eine Stellung auf Lebenszeit. Die Ausbildung kann tödlich sein. Denn wo her willst du wissen, ob Gift in den Speisen des Commanders ist, wenn du nicht einmal weißt, wie es schmeckt?“ Er legte die Dokumente in den Aktenordner zurück.
    „Du bekommst ein Schlafzimmer innerhalb der Burg, aber die meiste Zeit des Tages verbringst du ohnehin an der Seite des Commanders. Freie Tage gibt es nicht. Auch keinen Ehemannund keine Kinder. Einige Gefangene haben sich allerdings für die Hinrichtung entschieden. Auf diese Weise kannten sie wenigstens den genauen Zeitpunkt ihres Todes und muss ten nicht befürchten, ihm beim nächsten Bis sen zu begegnen.“ Er schnalzte mit der Zunge und lächelte boshaft.
    Offenbar meinte er es tatsächlich ernst. Ich bebte am ganzen Körper. Das war meine Chance zu überleben. Dem Commander zu dienen war allemal besser als der Kerker – und tausend Mal besser als der Strick. Dutzende von Fragen schossen mir durch den Kopf: Ich bin eine verurteilte Mörderin. Wie können sie mir vertrauen? Was sollte mich davon abhalten, den Commander zu töten oder zu fliehen?
    Stattdessen erkundigte ich mich vorsichtig: „Wer ist denn im Moment der Vorkoster?“ Ich befürchtete nämlich, dass er seine Meinung ändern und mich zum Galgen schicken würde, hätte ich die Fragen gestellt, die mir wirklich auf dem Herzen lagen.
    „Ich. Deshalb bin ich ja so sehr daran interessiert, einen Nachfolger zu finden. Außerdem schreibt das Neue Gesetzbuch vor, dass demjenigen, der sein Leben verwirkt hat, die Position angeboten werden muss.“
    Ich konnte nicht länger ruhig auf meinem Stuhl sitzen. Meine Ketten klirrten, als ich aufsprang und begann, im Raum hin und her zu gehen. Auf den Karten an den Wänden waren strategisch wichtige Militärstützpunkte verzeichnet. Die Bücher handelten von Sicherheits- und Spionagetechniken. Die vielen Kerzen, von denen manche schon heruntergebrannt waren, deuteten darauf hin, dass hier bis spät in die Nacht gearbeitet wurde.
    Ich betrachtete den Mann, der die Uniform eines Ratgebers trug. Er musste Valek sein, der persönliche Sicherheitsberaterdes Commanders und Chef des weit verzweigten Geheimdienstnetzes von Ixia.
    „Was also soll ich dem Henker denn sagen?“, wollte Valek wissen.
    „Dass ich keine Närrin bin.“

2. KAPITEL
    V alek
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