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Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung

Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung

Titel: Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung
Autoren: Hermann Maurer
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und die Tabletten. Paul lächelt schwach. »Ich glaube, ich hab es übertrieben.«
    »‚Unter Druck‘ oder ‚Vollgas‘?«, fragt Evette. Seitdem Paul die Anweisungen seiner Mutter missachtet und sich einen e-Helper angeschafft hat, haben er und seine Schwester sich alle Filme angesehen, die sie nur bekommen konnten. Zwei von Pauls Lieblingsfilmen sind »Unter Druck« und »Vollgas«. In Gegenwart ihrer Mutter verwenden sie eine Art Geheimsprache, um über Pauls Symptome zu sprechen; Kopfschmerzen wie im Schraubstock sind »Unter Druck«, während »Vollgas« eher ein Kopfschmerz ist, der von einer Reihe anderer Beschwerden begleitet wird, von Erschöpfung bis Überaktivität.
    Neben ihrem Bruder sitzend bemerkt Evette, dass unter seinem Bett ein Stück einer Zeitschrift hervorlugt. Verstohlen greift sie danach und blättert bis zu einer Seite mit einem Eselsohr. Was sie findet, ist ein Artikel ihrer Mutter! Wenn die Mutter außer Haus ist, durchstöbert Paul den Karton in ihrem Schrank, in dem sie diese Zeitschriften sammelt. Evette liest einen Abschnitt, den die Mutter mit einem Farbstift markiert hat, und versucht ihre Anmerkungen zu entziffern.

    Jahre später, wenn Evette die weitreichende Bedeutung dieser Artikel verstehen würde, wird es zu spät sein. Die Fülle von Telefonnummern, Notizen und Artikeln, die ihre Mutter im Schrank versteckt gehalten hatte, werden unauffindbar sein, sowohl gedruckt als auch online; irgendwie zerstört.

    25.11.2012
    Kalimantan, Indonesien
    Auf ihren Fersen hockend gräbt Elly ihre Zehen in den weichen, dunklen Grund am Flussufer. Sie beschattet ihr Gesicht mit der Hand und blinzelt mit ihren schokoladebraunen Augen flussaufwärts. Sanft legt sie ihre Hand auf die Schulter von Eko, dem kleinen Buben neben ihr.
    Eko bemerkt die Berührung nicht. Er ist in sein Projekt versunken: einen Blutegel dazu zu bringen, auf den Grashalm zu klettern, den Eko vor sich hält. Er hat den Egel bereits eine halbe Stunde dabei beobachtet, wie er eine schöne Zickzacklinie im Schlamm hinterlassen hat. Das Kind hockt bewegungslos da und wartet geduldig, während sich das Tier dem Halm nähert.
    Die Konzentration des Buben ist erstaunlich – er scheint seine Umgebung kaum wahrzunehmen. Erst vor ein paar Minuten ist ein großer geierähnlicher Vogel herabgestoßen und hat schlammiges Wasser auf die Sandbänke am Ufer verspritzt. Rote Schmetterlinge flattern umher; einer ist sogar auf Ekos Kopf gelandet und erst weggeflogen, als Elly ihre Hand auf seine Schulter gelegt hat. All dies scheint Eko nicht wahrzunehmen; er sieht nichts außer dem Blutegel und dem Halm.
    Elly hat gemischte Gefühle wegen Ekos Konzentration. Seit sie ihr Zuhause vor einem Monat verlassen haben, werden die Anzeichen dieser eigenartigen Abwesenheit jeden Tag stärker. Er kann sich jetzt fast eine Stunde lang »fokussieren«. Aber ist eine derartig intensive und lange Konzentration auch gut? Wenn er »fokussiert« ist, sieht, hört und riecht er absolut nichts, ausgenommen das, worauf er gerade seine Aufmerksamkeit gelenkt hat. Sonne und Mond könnten herabstürzen, er würde es nicht bemerken. Solch eine einseitige Konzentration macht ihn zu einer leichten Beute in einem Land der Überraschungen.
    Elly beugt sich vor, um in Ekos Gesicht zu sehen. Die »Sorgenfalten« sind jetzt fast verschwunden, aber sie kann immer noch ihre Spuren erkennen. Noch vor drei Wochen war seine Stirn von tiefen Furchen durchzogen, die eher zu einem alten Mann gepasst hätten. Jetzt sind sie geglättet.
    Ekos Gesicht ist reglos, aber mit größter Wachsamkeit beobachtet er das Weiterkommen des Blutegels auf dem Boden. Sein nervöser, stechender Blick von früher ist ebenso verschwunden wie seine ängstlichen Zuckungen.
    Elly blickt nach rechts und lauscht angestrengt. Das Geräusch eines Motors in der Ferne – und es kommt näher! Sie gibt Eko einen sanften Stups und steht auf. Für einen Moment steht sie reglos, dann stößt sie ihn noch einmal an, schon etwas energischer.
    Eko steht langsam auf und blickt Elly in die Augen. Sie fühlt ein Stechen in ihrem Bauch und möchte ihn am liebsten an sich drücken. Aber sie drückt nur behutsam seine Schultern, nickt zweimal und dreht dann seinen kleinen Körper in Richtung der grünen Waldwand. Er läuft in den Dschungel und windet sich durch die Pflanzenranken davon. Er wird an einem schattigen, kühlen Platz auf Elly warten.
    Elly blickt um sich. Sie will sicher sein, dass sie keine verräterischen
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