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Xeelee 4: Flux

Xeelee 4: Flux

Titel: Xeelee 4: Flux
Autoren: Stephen Baxter
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immer die Nachhut, um sich ein Bild von der Lage zu machen… außerdem kaschierte er dadurch die Tatsache, daß es ihm manchmal schwerfiel, mit den anderen mitzuhalten. Er prahlte ständig damit, daß er immer noch ein so guter Schwimmer sei wie die Jungen. Das stimmte natürlich nicht, aber er behauptete es eben. Früher hatte er sich mit der Geschmeidigkeit eines von einer Neutrinoquelle beflügelten Luft-Ferkels durch das Magfeld bewegt, doch das war schon lange her. Heute war er so steif wie eine Xeelee-Großmutter. Im Lauf der Zeit hatten Addas Wirbel sich verschoben, so daß es nun den Anschein hatte, er würde zum Schlag ausholen, anstatt Schwimmbewegungen auszuführen; es bedurfte einer bewußten Anstrengung, das Becken zurückzustoßen, die Beinarbeit mit dem Hüftschwung zu synchronisieren und den Kopf als ›Spoiler‹ einzusetzen, so daß sich bei der Krümmung des Rückgrats eine aerodynamische Bewegung ergab. Die Haut war durch das Alter so zäh wie Baumrinde geworden; das hatte durchaus seine Vorteile, aber es bedeutete auch, daß seine Sensibilität für die Stellen im Magfeld, an denen die stärksten Ströme in der Epidermis induziert wurden, beeinträchtigt wurde. Verdammt, er spürte das Magfeld nicht einmal mehr, sondern er führte die Schwimmbewegungen nur noch rein mechanisch aus.
    Das gleiche galt dieser Tage auch für den Sex.
    Wie immer hatte er seinen abgenutzten, bewährten Speer bei sich, einen angespitzten Stab, den sein Vater vor Hunderten von Monaten aus einem Baumstamm herausgebrochen hatte. Die Finger schlossen sich um die Griffmulden des perfekt ausbalancierten Schafts, und die elektrischen Ströme, die das Magfeld im Holz induzierte, kitzelten die Handfläche. Wie sein Vater ihn gelehrt hatte, hielt er den Speer beim Klettern parallel zu den Feldlinien des Magfelds… denn das Holz – wie überhaupt jedes Material – war parallel zu den Feldlinien solider, als wenn es sie geschnitten hätte. Und wenn Gefahr im Verzug war, dann kam sie mit größter Wahrscheinlichkeit entlang der Linien des Magfelds, wo die Fortbewegung am leichtesten war. Jedes Kind wußte das.
    Es gab zwar nicht viele Räuber, die Menschen angriffen, aber Adda hatte immerhin schon einige gesehen, und sein Vater hatte ihm noch schlimmere Geschichten erzählt. Zum Beispiel die Rochen… bereits ein ausgewachsener Luft-Eber – ein größerer Verwandter des Luft-Schweins – war für einen Mann oder eine Frau ein ernstzunehmender Gegner, und ein Kind schleppte er gar mit der gleichen Leichtigkeit davon, als ob er Krypton-Gras von der Kruste abfraß, wenn der Hunger ihn dazu trieb.
    Das tat er schon, wenn er nur halb so hungrig war, wie die Menschlichen Wesen es bald sein würden.
    Adda betrachtete den Käfig aus glühenden Feldlinien, die sich bis zum unendlich weit entfernten, von rotem Dunst verhüllten Südpol erstreckten und die den Himmel, in dem seine Gefährten sich bewegten, durchschnitten. Wie immer – selbst wenn er sich nur ein kurzes Stück von der illusionären Abgeschlossenheit des winzigen Lagers der Menschen entfernte – wurde er von der schieren Größe der Mantel-Welt überwältigt; und als sein Blick den in der Unendlichkeit zusammentreffenden parallelen Feldlinien folgte, kam es ihm so vor, als ob sein winziges Bewußtsein an diesen Linien entlanggezogen würde. Die Insel aus Schutt, welche die Position des zerstörten Lagers markierte, nahm sich aus wie ein Schmutzfleck auf der sauberen, weißgelben Decke aus Licht, die der Stern über die Welt breitete. Und seine Gefährten – es waren noch immer neun, wie er auf einen Blick erkannte – schwammen mit unbewußt synchronisierten Bewegungen im Feld; sie hatten Seile und Netzreste um die Hüften geschlungen und den Blick nach oben, zur Kruste gerichtet. Ein Mann hatte sich von den anderen abgesetzt; er hatte ein an den Feldlinien befestigtes, verlassenes Netz einer Spin-Spinne gefunden und suchte es nach Eiern ab.
    Die Bewegung der Menschlichen Wesen war überaus ästhetisch. Und wenn eine Kinderschar im Magfeld herumtobte – wobei sie so heftig paddelten, daß man das Glühen der in den Beinen induzierten Felder sah und so schnell um die Flußlinien wirbelten, daß ihre Gestalten verschwammen -; nun, dann glaubte man kaum, daß es in dieser oder einer der legendären Welten der Ur-Menschen einen schöneren Anblick gab.
    Doch gleichzeitig wirkten die Menschen so klein und hilflos vor dem Hintergrund des Feldlinien-Käfigs und den tödlichen
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