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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring
Autoren: Stephen Baxter
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interessiere mich nämlich eher dafür, warum du hierher kommen wolltest: Gerade jetzt, inmitten der ganzen Feierlichkeiten anläßlich der Fertigstellung des Raumschiffs.«
    »Ich wollte eine Innenansicht vermeiden«, erklärte sie schwer atmend.
    »Ja, sicher.« Er wandte sich ihr zu, wobei sein Gesicht vom sanften Glühen des antiken Holzes angestrahlt wurde. »Sprich mit mir, Louise. Der Teil von mir, der dich mag, ist stärker als der Teil, der dich gerne leiden sieht, jedenfalls im Moment.«
    Sie zuckte die Achseln. Sie konnte eine gewisse Bitterkeit in ihrer Stimme nicht unterdrücken. »Sag bloß. Du hast es ja schon immer verstanden, meinen Seelenzustand zu diagnostizieren. In aller Ausführlichkeit. Vielleicht bin ich nach dem Abschluß meiner Arbeit auf der Northern jetzt etwas melancholisch. Was meinst du, wäre das möglich? Vielleicht durchlebe ich aber auch gerade das Äquivalent einer post-koitalen Depression.«
    Er schnaubte. »Mit dir war es eigentlich immer nur post, prä und während. Nein, ich glaube nicht, daß es daran liegt… Und außerdem«, versetzte er nachdrücklich, »ist deine Arbeit auf der Northern noch gar nicht beendet. Du planst doch, mit ihr abzufliegen. Richtig? Du willst etliche Relativjahrzehnte damit verbringen, sie nach Tau Ceti zu bringen.«
    »Wie hast du denn das herausgefunden?« grummelte sie. »Kein Wunder, daß du mich all die Jahre schier verrückt gemacht hast. Du interessierst dich verdammt zuviel für mich.«
    »Ich habe recht, stimmt’s?«
    Sie betraten den Speisesaal der Britain. Er war ein phantastischer viktorianischer Traum. Zwölf weiße und goldene Säulen mit verzierten Kapitellen markierten den Mittelgang, und an den Seiten wurde der Raum von jeweils zwölf weiteren Säulen begrenzt. Zwischen den Säulen gingen Türen zu Gängen und Kabinen ab, und die Türbögen waren vergoldet und von Medaillonköpfen gekrönt. Die Wände waren in einem Zitronengelb gehalten, das von Blau, Weiß und Gold unterbrochen wurde; allgegenwärtiges, indirektes Licht wurde vom Besteck und den Gläsern auf den drei langen Tafeln reflektiert.
    Mark ging über den Teppich und fuhr mit der Hand über eine glänzende, polierte Tischplatte. »Du solltest dich mal um diesen semisensitiven Kunststoff kümmern: modifiziere ihn so, daß er den Tischen wieder ihre ursprüngliche Maserung verleiht. Die Berührung macht nämlich schon die halbe Schönheit einer Sache aus, Louise. Aber du bist ja schon immer so… so distanziert gewesen, nicht wahr? Zufrieden mit der Oberfläche der Dinge – mit ihrem Aussehen, ihrer äußeren Form. Nie daran interessiert, sie zu berühren, in die Tiefe zu gehen.«
    Sie ignorierte das. »Brunel war vielseitig begabt, mußt du wissen. Er hat zusammen mit seinem Vater an einem Themse-Tunnel gearbeitet.«
    »Wo?« Mark war in Port Cassini auf Titan geboren.
    »Die Themse. Ein Fluß, in England… auf der Erde. Der Tunnel wurde mehrmals geflutet. Als sie ihn einmal ausgepumpt hatten, gab Brunel direkt auf der Baustelle eine Dinnerparty für fünfzig Personen. Er engagierte die Band der Coldstream Guards zu…«
    »Hmm. Wie interessant«, kommentierte Mark trocken. »Vielleicht solltest du etwas Essen auf diese Tische stellen. Warum eigentlich nicht? Es könnte dann von deinem sensitiven Kunststoff konserviert werden. Du könntest Teile von toten Tieren ausstellen. Wie sie der große Brunel höchstselbst verspeist hat.«
    »Du bist schon immer geschmacklos gewesen, Mark.«
    »Ich glaube nicht, daß deine Stimmung etwas mit der Fertigstellung der Northern zu tun hat.«
    »Womit dann?«
    Er seufzte. »Es liegt natürlich an dir. Wie immer. Den größten Teil der Zeit, die wir zusammen waren, hatte ich geglaubt, deine Motivation zu verstehen. Du mußtest immer wieder ein neues großes, schönes GUT-Schiff bauen; ein weiteres riesiges Projekt, in dem du aufgehen konntest. Und wo wir nun alle unsterblich sind, dank AntiSenescence, dachte ich, daß du jetzt endlich genug hättest.
    Aber ich habe mich geirrt. So ist es nicht. Nicht wirklich.«
    Tief in ihrem Inneren verspürte Louise ein intensives Unbehagen; ihr war danach, zu reden, ein digitalisiertes Buch zu lesen oder sich hinter einer Virtuellprojektion zu verstecken – alles, wenn sie nur seine Worte ausblenden konnte.
    »Du bist mir schon immer über gewesen, Mark.«
    »In mancherlei Hinsicht stimmt das.«
    »Sag einfach, was du zu sagen hast, und dann Schluß.«
    »Du willst die Unsterblichkeit, Louise. Aber
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