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Xeelee 1: Das Floss

Xeelee 1: Das Floss

Titel: Xeelee 1: Das Floss
Autoren: Stephen Baxter
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Nichtsnutz brauchst du auch keine Angst zu haben. Sag mir deinen Namen.«
    Der Mund des Jungen bewegte sich, aber kein Laut kam heraus; er leckte über seine rissigen Lippen und brachte es dann fertig, ›Rees‹ zu sagen.
    »Okay. Ich heiße Pallis. Ich bin der Pilot dieses Baumes. Weißt du, was das bedeutet?«
    »Ich… ja.«
    »Bei den Boneys, du bist ja vollkommen ausgetrocknet, nicht wahr? Kein Wunder, daß du das Wasser genommen hast. Das warst doch du, oder? Und die Lebensmittel?«
    Der Junge nickte zögernd. »Tut mir leid. Ich werde es bezahlen…«
    »Wann? Wenn du auf den Gürtel zurückkommst?«
    Der Junge schüttelte mit glänzenden Augen den Kopf. »Nein, ich gehe nicht zurück.«
    Pallis ballte die Hände zu Fäusten und stemmte sie in die Hüften. »Jetzt hör mir mal gut zu. Du wirst zurückgehen müssen. Du darfst auf dem Floß bleiben, bis der nächste Versorgungsbaum zum Gürtel abgeht; aber dann wirst du zurückgebracht. Ich erwarte, daß du als Gegenleistung für den Transport arbeitest. Alles klar?«
    Rees schüttelte wieder seinen Kopf, und sein Gesicht war eine Maske der Entschlossenheit.
    Pallis musterte den jungen Bergmann und begann ihn wider Willen sympathisch zu finden. »Du bist immer noch hungrig, nicht wahr? Und durstig wahrscheinlich auch. Komm mit. Ich habe meine – und Govers – Ration am Stamm deponiert.«
    Er führte den Jungen über die Oberfläche des Baumes. Verstohlen blickte er sich um, als der Junge sich mühsam über die laubbedeckte Plattform schleppte, mit seinen Füßen Halt suchte und sie dann in das Blattwerk eingrub, so daß er auf dem Baum ›stehen‹ konnte. Der Kontrast zu Govers linkischem Stolpern war bemerkenswert. Pallis ertappte sich bei dem Gedanken, was für einen Waldläufer der Junge wohl abgeben würde…
    Nach einigen Dutzend Metern scheuchten sie einen Schwarm Skitters auf. Die kleinen Wesen schwirrten in Rees’ Gesicht, und er machte verblüfft einige Schritte rückwärts. Pallis lachte. »Keine Angst. Skitters sind harmlos. Sie sind die Samen, aus denen ein Baum wird…«
    Rees nickte. »Hab’ ich mir schon gedacht.«
    Pallis zog eine Augenbraue hoch. »Wirklich?«
    »Ja. Die Form ist offensichtlich dieselbe. Nur die Größe ist unterschiedlich.«
    Pallis lauschte in überraschtem Schweigen der ernsten, rauhen Stimme.
    Sie erreichten den Stamm. Rees stand vor dem großen, zylindrischen Gebilde und fuhr mit den Fingern über das knorrige Holz. Pallis unterdrückte ein Lächeln. »Leg dein Ohr an das Holz. Mach schon!«
    Rees gehorchte ihm mit einem erstaunten Blick, der sich zu einer fast komischen Freude wandelte.
    »Das ist der bole, der sich im Innern des Stamms dreht. Du siehst, der Baum ist durch und durch lebendig.«
    Rees’ Augen waren weit aufgerissen.
    Nun unterdrückte Pallis sein Lächeln nicht länger. »Aber ich fürchte, daß du nicht mehr allzu lange leben wirst, wenn du jetzt nichts zu trinken und zu essen bekommst. Hier…«

    Nachdem er den Jungen eine Viertelschicht lang hatte schlafen lassen, schickte Pallis ihn an die Arbeit. Bald beugte sich Rees über einen Feuerkessel und kratzte mit geschnitzten Holzschaufeln Asche und Ruß von dem Eisen ab. Pallis stellte fest, daß Rees schnell und gründlich arbeitete, unabhängig davon, ob man ihn beaufsichtigte oder nicht. Wieder einmal nahm sich Gover dagegen schlecht aus, und den Blicken nach zu urteilen, die er Rees zuwarf, glaubte Pallis, daß Gover sich dessen auch bewußt war.
    Nach einer halben Schicht brachte Pallis Rees eine Feldflasche. »Hier; du hast eine Pause verdient.«
    Rees stapfte durch das Laubwerk zurück und knetete seine steifen Hände. Sein Gesicht war schmutzig von Schweiß und Ruß, und er sog dankbar an dem Getränk. Spontan sagte Pallis: »In diesen Kesseln ist Feuer. Vielleicht bist du schon von selbst darauf gekommen. Kannst du dir denken, wie sie funktionieren?«
    Rees schüttelte den Kopf, und waches Interesse hellte sein müdes Gesicht auf.
    Pallis beschrieb das einfache Sensorium des Baumes. Der Baum war im Grunde genommen ein großer Propeller. Das große Gewächs reagierte auf zwei Grundreize – Schwerkraftfelder und Licht – und in ihrem ungezähmten Zustand trieben große Wälder mit Bäumen aller Größen und Altersklassen durch die Wolken des Nebels, und ihre Blätter und ihr Geäst absorbierten Sternenlicht, von dem alle fliegenden Pflanzen und Tiere lebten, und fingen die Flüssigkeit von prallen Regenwolken auf.
    Rees hörte zu und nickte
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