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Wünsche (German Edition)

Wünsche (German Edition)

Titel: Wünsche (German Edition)
Autoren: Tobias Jäger
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10 Jahren, wirklich viel Geld darin investiert, aber mittlerweile finanziert sich der Verein hauptsächlich durch Sponsoren und Spenden. Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Aber das bin nicht wirklich ich, der diese ganzen Wünsche erfüllt.«
    »Oh«, sagte Julian.
    Es klang aber keineswegs enttäuscht.
    »Aber ich sage dir etwas. In all den Jahren bist du der erste junge Mensch, der mich aufgrund des Vereins kennenlernen wollte.«
    Wieder lächelte er, aber das Lächeln wurde einen Augenblick später durch ein schmerzverzerrtes Gesicht ersetzt.
    Ich rückte näher an sein Bett heran und beobachtete ihn besorgt. Noch nie zuvor hatte ich mich in meinem Leben so hilflos gefühlt wie in diesem Moment.
    »Soll ich eine Schwester oder Dr. Hartmann rufen?«, fragte ich.
    »Nein«, schluchzte Julian und ich sah, wie ihm die Tränen in die Augen schossen. Gleichzeitig tastete er das Bett neben sich ab.
    Ich hatte eine Ahnung, wonach er suchte, also half ich ihm. Wir fanden den kleinen Gegenstand, der an eine Fernbedienung erinnerte, zur gleichen Zeit.
    »Der blaue Knopf«, sagte er, während seine Hand auf meiner lag. »Sie können zwei Mal drauf drücken«, erklärte er mir mit brüchiger Stimme.
    Ich drückte zwei Mal auf den Knopf, dann legte ich das Gerät wieder neben Julian auf das Bett.
    »Ist das besser?«, fragte ich besorgt, während ich ihm unbewusst durch die blonden Haare streichelte.
    »Ein bisschen«, sagte er. »Es dauert immer ein paar Minuten.« Er rang sich zu einem gequälten Lächeln durch. »Haben Sie schon einmal zu schnell Eis gegessen und diesen grauenvollen Schmerz mitten auf der Stirn bekommen?«
    »Ja«, gab ich zu.
    »So in etwa fühlt sich das an, nur noch viel schlimmer.«
    Wieder verzerrte er das Gesicht und dieses Mal konnte er die Tränen nicht zurückhalten. Zudem hatten sich Schweißperlen auf seiner Stirn gebildet.
    Ich nahm ihm vorsichtig die Brille ab und zog ein Tuch aus meiner Tasche hervor. Vorsichtig und behutsam wischte ich ihm die Tränen von den Wangen.
    »Das fühlt sich so weich an«, sagte Julian.
    »Es ist aus Seide«, antwortete ich, während ich ihm den Schweiß von der Stirn tupfte.
    »Und es riecht gut.«
    Ich musste kichern.
    »Das ist mein Parfum«, sagte ich.
    Ich setzte ihm die Brille vorsichtig wieder auf. Im gleichen Moment stöhnte Julian wieder aufgrund des Schmerzes. Ich nahm seine Hand und überlegte, wie ich ihn davon ablenken konnte ‒ zumindest bis die Wirkung des Schmerzmittels einsetzte.
    »Es ist wahrscheinlich gut, dass du mich nicht sehen kannst«, sagte ich schließlich.
    »Warum?«, fragte er.
    Meine Bemerkung hatte scheinbar genau das bewirkt, was sie erreichen sollte. Er war neugierig geworden und schaute mich forschend an.
    »Nun«, sagte ich. »Ich bin ziemlich hässlich.«
    »Wirklich?«, fragte er in einem skeptischen Ton.
    »Ja. Die meisten Kinder laufen aus Angst vor mir weg, wenn sie mich sehen. Ich habe eine riesige Nase und eine große Warze, direkt auf der Nasenspitze. Außerdem fehlen mir alle Vorderzähne und ich habe eine Glatze.«
    Julian runzelte die Stirn.
    »Kommen Sie her«, bat er mich.
    »Ich sitze direkt neben dir.«
    »Das weiß ich. Ich meinte, kommen Sie näher.«
    Ich lehnte mich ein Stück über sein Bett.
    »Noch näher«, bat er mich.
    Ich lehnte nun fast über ihm, sodass mein Gesicht in seiner Reichweite war.
    Julian hob die rechte Hand und berührte mein Gesicht. Schnell suchte er meine Nase und befühlte sie vorsichtig. Er runzelte die Stirn, als er erkannte, dass sie nicht größer als normal war und auch keine Anhängsel hatte. Als nächstes tastete er weiter nach oben, bis er meine noch ziemlich dichten Haare fand.
    »Lächeln Sie mal«, forderte er mich auf.
    Ich tat ihm den Gefallen und wartete, bis er mit seinen Fingern meinen Mund gefunden hatte. Ich öffnete meine Lippen ein kleines Stück und er fuhr mit dem Zeigefinger vorsichtig über meine Schneidezähne. Ich zwickte ihn vorsichtig mit meinen Zähnen.
    Julian zog die Hand weg und kicherte.
    »Sie sind nicht hässlich«, sagte er mit einem schiefen Grinsen und ich sah ein Funkeln in seinen Augen. »Warum haben Sie mir das erzählt?«
    »Um deine Gedanken von den Schmerzen abzulenken«, erklärte ich. »Es hat funktioniert, oder?«
    »Ja«, gab er zu und schenkte mir sein bezauberndes Lächeln.
    Ich streichelte Julian sanft durch die Haare und sah ihm in die blauen Augen, die ihm langsam zufielen. Er gähnte zwei Mal. Dann war er
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