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Wozu wollen Sie das wissen?

Wozu wollen Sie das wissen?

Titel: Wozu wollen Sie das wissen?
Autoren: Alice Munro
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gibt und wie es ihnen ergangen ist, und er läuft ihnen nach.
    Sobald er nahe genug ist, ruft er ihnen einen Gruß zu.
    Aber sie beachten ihn nicht. Und er ruft wieder, und wieder dreht sich niemand von ihnen um oder schaut zu ihm herüber. Er kann sie deutlich von hinten sehen, alles Bauersleute in ihren Überwürfen und Mützen, Männer und Frauen von normaler Größe, aber er vermag ihre Gesichter nicht zu sehen, sie bleiben abgewandt. Und sie scheinen es nicht eilig zu haben, sie trödeln dahin und schwatzen und plaudern, und er kann sie reden hören, aber nicht verstehen, was sie sagen.
    Also geht er schneller und schneller und fängt schließlich an zu rennen, um sie einzuholen, doch einerlei, wie schnell er rennt, es will ihm nicht gelingen – obwohl sie es überhaupt nicht eilig haben, sie trödeln immer noch. Und er ist so sehr darum bemüht, sich ihnen zu nähern, dass ihm lange Zeit nicht auffällt – sie sind gar nicht auf dem Weg nach Hause.
    Sie gehen nicht das Tal hinunter, sondern ein schmales kleines Seitental hoch, in dem ein Rinnsal von einem Bach hinunter in den Ettrick fließt. Und im schwindenden Licht sind sie zwar immer schwerer zu erkennen, scheinen aber seltsamerweise immer zahlreicher zu werden.
    Und von den Berggipfeln herunter weht ein eiskalter Hauch, obwohl es ein warmer Sommerabend ist.
    Und da durchfährt es Will. Das sind nicht seine Nachbarn. Und sie führen ihn nicht an einen Ort, an dem er irgend sein möchte. Und so schnell, wie er ihnen vorher nachgelaufen ist, läuft er jetzt vor ihnen davon. Da dies eine gewöhnliche Nacht und nicht der Abend von Allerseelen ist, haben sie nicht die Macht, ihn zu verfolgen. Und so fürchtet er sich nicht so sehr wie das andere Mal, auch wenn ihm kalt schaudert, denn er weiß, das sind die Seelen Verstorbener, die als Gespenster umgehen müssen.
     
    Man darf nicht unterstellen, dass alle damals diese Geschichten für bare Münze nahmen. Schließlich war Cognac mit im Spiel. Doch ob sie nun daran glaubten oder nicht, die meisten Menschen dürften ihnen mit mehr als nur leichtem Schaudern gelauscht haben. Sie mögen Neugier verspürt oder Zweifel gehegt haben, doch vor allem mag schlichte Furcht sie ergriffen haben. Elfen und Gespenster und Religion (die himmlischen Mächte?) waren nie unter einem guten Stern miteinander verbunden, wie sie es heute oft sind. Elfen waren nicht fröhlich und bezaubernd. Sie gehörten zur grauen Vorzeit, nicht zur historischen Vorzeit von Flodden, wo jeder Selkirk-Mann erschlagen wurde, nur der eine nicht, der die Nachricht überbrachte, oder der Zeit der Räuberbanden, die allnächtlich das umstrittene Grenzland unsicher machten, oder der Zeit von Königin Maria – ja, nicht einmal zu den Zeiten davor, denen von William Wallace oder Archibald Ben-the-Cat oder Prinzessin Margarete von Norwegen, der Fair Maid of Norway, sondern zu den wahrhaft finsteren Zeiten, vor dem Antoninischen Wall und bevor die ersten christlichen Missionare aus Irland übers Meer kamen. Sie gehörten in die Zeiten der bösen Mächte und schlimmen Wirrnisse, und wenn sie ihr Unwesen trieben, so geschah es zumeist aus Heimtücke und endete oft tödlich.
    Thomas Boston
    Zum Zeugnis der Hochachtung für
    Reverend Thomas Boston Senior,
    einem Mann, dem sich privat nichts vorwerfen ließ,
    dessen öffentliches Wirken für viele segensreich war
    und dessen Schriften viel dazu beigetragen haben,
    das lebendige Christentum zu stärken.
    Dieser Gedenkstein errichtet von einer gläubigen
    und dankbaren Gemeinde.
     
    Ringt darum, dass ihr durch die enge Pforte hineingeht; denn viele, das sage ich euch, werden danach trachten, wie sie hineinkommen, und werden’s nicht können.
    Lukas XIII , 24 .
    Wills Gesichte wurden von der Kirche, der Presbyterianischen Kirche Schottlands, bestimmt nicht gut aufgenommen, und in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts war die Kirche im Sprengel von Ettrick besonders mächtig.
    Dessen Geistlicher war zu jener Zeit der Prediger Thomas Boston, der heute nur noch, wenn überhaupt, in Erinnerung ist als Verfasser eines Buches mit dem Titel
Die menschliche Natur in ihrer vierfachen Seinsweise
, von dem es heißt, es habe in jedem frommen Heim in Schottland neben der Bibel gestanden. Und jedes presbyterianische Heim in Schottland
hatte
ein frommes Heim zu sein. Unablässig wurden Überprüfungen des Privatlebens und gewaltsame Umgestaltungen des Glaubens vorgenommen, um für die Frömmigkeit zu sorgen. Es gab
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