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Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Titel: Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)
Autoren: Franziska Steinhauer
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nicht.«
    »Groß und schlank«, kicherte Heide und sah
an sich herunter. »Ich bin klein und rund – aber du hast so ganz nebenbei auch noch
eine tolle Hautfarbe.«
    »Mit dieser Meinung gehörst du einer Minderheit
an. Meine Hautfarbe war schon oft genug Anlass für eine Menge Ärger. Nicht alle
Leute mögen Schwarze.«
    Claudine fuhr sich im Versuch ordnend zu
wirken durch ihr glänzendes, krauses Haar. Es fiel locker zu beiden Seiten bis knapp
unter die Ohren. Der Mittelscheitel war in der dichten Pracht kaum zu entdecken.
Während der Arbeit im Fast-Food-Restaurant trug sie die Haare streng nach hinten
gezurrt, ein Band musste die wilden Locken im Zaum halten. Aber nun hatte sie frei.
    »Ich bin immer blass. Und Sommersprossen
kriege ich auch. Später werden hässliche Altersflecken kommen. Deine Haut sieht
immer ebenmäßig aus. Keine dicken, roten Pickel. Hach, muss halt jeder nehmen, was
er bekommen hat.« Heide seufzte vernehmlich. »Hast du heute noch was vor?«
    »Oh, ja! Lernen! Nächste Woche ist eine
Klausur geplant.«
    »Wie langweilig. Was ist mit Party? Es ist
Montag – da gehen junge Leute bei uns auch gerne aus.«
    »Du meinst die Party im ›Glad House‹? Na
ja, ich weiß nicht. Wenn die anderen hingehen, begleite ich sie vielleicht.«
    Heide warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
    »Huh! Du liebe Zeit, schon so spät. Ich
muss an den Tresen und Menschen satt und glücklich machen.« Sie lachte, drückte
die große Freundin fest an sich und war verschwunden.
     
    Claudine nahm ihre grüne Jacke und angelte die bunt gewebte
Tasche aus dem Spind, den sie sich mit ihrer Freundin Heide teilte, schloss die
Tür und machte sich auf den Weg zum Campus der Universität. Ihr Weg leitete sie
durch die Spremberger Straße vom Schinkelturm aus in Richtung Altmarkt.
    Die Straßen waren um diese Zeit schon menschenleer.
    Es war unheimlich und beruhigend zugleich,
nur die eigenen Schritte waren hallend zu hören. Die frische Luft vertrieb ihre
zermürbenden Besorgnisse und machte Gedanken an Geborgenheit, eine Kanne duftenden
grünen Tee, Kerzen und ein schönes Abendessen Platz. Danach würde sie noch die Mitschriften
aus den Vorlesungen der vergangenen Woche sortieren und sorgfältig überarbeiten.
Theoretisch konnte die Klausur schon Anfang der Woche anstehen, da wollte sie gewappnet
sein.
    Claudines Stimmung hob sich.
    Am Altmarkt tauchten die warmen Lichter
hinter den Fenstern der Restaurants die Straße in eine anheimelnde Atmosphäre. Dort
trafen sich jetzt Freunde und starteten gemeinsam entspannt in die neue Woche. Neid
nagte an ihrer Seele. Vielleicht im nächsten Monat, tröstete sie sich, wenn bis
dahin alles andere erledigt war. Dann würde auch sie am Abend mit Freunden in einer
der gemütlichen Kneipen sitzen.
    Es begann zu regnen, und der Wind frischte
merklich auf.
    Sie zog die Jacke fester um ihren Körper.
    Claudine bog nach links ab und folgte der
Straße in Richtung Stadthallenvorplatz, überlegte es sich dann aber anders, als
sie laute Stimmen von dort bis fast zum Altmarkt schallen hörte. Betrunkene, aggressive
Stimmen.
    Es war nicht nötig, sich leichtfertig in
Gefahr zu bringen, beschloss sie, ihre Tatkraft wurde noch gebraucht.
    Um den grölenden Jugendlichen auszuweichen,
überquerte sie die Straße und nahm den Weg über den Klosterkirchplatz zum Park.
Ihre Linke umkrampfte das Schutzamulett, als sie plötzlich rasche Schritte hinter
sich hörte.
    Der Tod war ihr auf den Fersen.

4
     
    Kriminalhauptkommissar Peter Nachtigall lag im Solebecken
der Therme in Burg und versuchte, sich zu entspannen. Missgestimmt betrachtete er
das, was sich unterhalb des Brustkorbes als fleischfarbener Berg aus dem Wasser
wölbte. Er streckte den Zeigefinger der rechten Hand und stupste dagegen. Kein Zweifel.
Das gehörte zu ihm. Er grunzte unzufrieden.
    Wieso war es dem Fett nicht möglich, sich
gleichmäßiger zu verteilen? Bei einer Körpergröße von fast zwei Metern gab es doch
wahrlich genug Platz, unauffällig mit dem Rest zu verschmelzen. Aber wie auf eine
geheime Absprache hin, versammelte sich bei ihm alles Fett an der Körpermitte. Gut,
räumte er ein und knurrte unwillig, als er einen athletisch gebauten jungen Mann
am Becken vorbeistolzieren sah, nicht nur dort. Conny meinte zwar immer aufmunternd,
sie liebe jeden Zentimeter an ihm, was hoffentlich auch stimmte, doch sein Hausarzt
hatte beim letzten Besuch die Stirn gerunzelt und ihm die Gefahren des ›Metabolischen
Syndroms‹ in den
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