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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus
Autoren: Brockhaus
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und des menschlichen Geistes beschäftigten.
    FINANZIELLE SORGEN
    Geld ist nicht nur ein zentrales Thema in den Romanen Balzacs, sondern war auch ein brennendes Problem seines eigenen Lebens. Ständig war er bemüht, sich neue Finanzquellen zu erschließen. Und als einer der Ersten erkannte und nutzte er die Möglichkeiten, die die aufkommende Feuilletonmode eröffnete. 1836 publizierte er erstmals einen Fortsetzungsroman in der Tageszeitung »La Presse»: Mit »Die alte Jungfer« begann die Ära des Feuilletonromans, dem im 19. und 20. Jahrhundert ein so großer Erfolg beschieden sein sollte. Der hoch verschuldete Romancier, stets auf der Flucht vor seinen Gläubigern, arbeitete bis zu 16 Stunden täglich. Er unterschrieb Verträge für künftige Werke und kassierte Vorschüsse, ohne bereits feste Pläne zu haben. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen – aber nicht ausschließlich in diesem Zusammenhang – schilderte Balzac häufig menschliche Willenskraft und die Gewalt der Leidenschaft bis hin zur Besessenheit, die sich nicht zuletzt in seiner eigenen Arbeitsenergie und Produktivität äußerten. Ohne Leidenschaft, zu der er auch die Kreativität des Künstlers zählte, gab es für ihn keine Größe. Neben der Zeit, die er sich seinem Werk widmete, fand der rastlose Balzac immer wieder Gelegenheit, teilweise utopisch anmutenden Projekten, die Gewinn versprachen, nachzujagen. So reiste er im März 1838 nach Sardinien, wo er durch Ausbeutung einer Silbermine das von ihm ständig benötigte Geld zu erwirtschaften hoffte. Aber die Konzession zum Abbau der Mine war bereits vergeben.
    HONORÉ DAUMIER
    (* 1808, † 1879)
    Die Karikatur des 19. Jahrhunderts ist vor allem mit dem Namen Honoré Daumiers verbunden, der auch die hier abgebildete Karikatur des Vater Goriot zeichnete. Mit Tausenden von Zeichnungen war er in seiner Zeit der wohl produktivste Vertreter des Genres, ebenso wie Balzac unermüdlich in seiner Schaffenskraft.
    Zielscheibe seines beißenden Spotts war immer wieder Louis Philippe, der nach der Julirevolution von 1830 auf den Thron gelangte französische »Bürgerkönig«, unter dem die Korruption blühte und die Großbourgeoisie gemäß der Parole »Enrichez vous!« (Bereichert euch!) große Reichtümer auf Kosten anderer anhäufte. Daumiers Karikaturen gingen oft bis an die Grenze des gerade noch Erlaubten. Louis Philippe direkt anzugreifen war riskant, weshalb er bei Daumier oft in Gestalt einer Birne erscheint, einer Frucht, die im Zusammenhang der Karikatur für die Zeitgenossen Habgier, Völlerei und den beschränkten Geist des Bürgerkönigs verkörperten. 1832 überspannte er jedoch den Bogen so sehr, dass ihm eine seiner Verunglimpfungen des Königs ein halbes Jahr Gefängnis einbrachte.
    »VERLORENE ILLUSIONEN«
    »Verlorene Illusionen«,1837–1843 entstanden, ist der große Desillusionsroman Balzacs, der am Beispiel von Lucien de Rubempré die Lebens- und Karriereträume eines Dichters aus der Provinz in der Hauptstadt zunichte werden lässt. Nach hoffnungsvollen Anfängen im behüteten Angoulême gerät Lucien in das Räderwerk von Presse und Politik. Der moralische Ruin des Helden ist eine Folge der Vereinnahmung eines sensiblen Menschen durch die Macht des Geldes. Der Schriftsteller Stefan Zweig bezeichnet die »Verlorenen Illusionen« als »ein Zeitgemälde von einem Realismus und einer Lebensbreite, wie es die französische Literatur bisher noch nicht kannte, daneben und im Tiefsten aber die entscheidende Auseinandersetzung Balzacs mit sich selbst.
    In zwei Gestalten stellt er dar, was aus einem Dichter wird und werden kann, wenn er streng und treu bei sich und seinem Werk beharrt, oder wenn er der Versuchung einer raschen und unwürdigen Berühmtheit nachgibt. Lucien de Rubempré ist seine innerste Gefahr, Daniel d’Arthez sein innerstes Ideal. Balzac weiß um die Doppelheit seiner Natur«.
    Schon wegen dieser und anderer Fehlschläge außerhalb des angestammten literarischen Terrains war er gezwungen, unermüdlich seine schriftstellerische Tätigkeit fortzusetzen. So entstand 1837 unter anderem der erste Teil der »Verlorenen Illusionen«, den Balzac in acht Tagen zu Papier brachte: »Alle meine Kräfte«, schrieb er, »waren angespannt, ich schrieb fünfzehn Stunden am Tage. Mit der Sonne stand ich auf und arbeitete, bis es Zeit zum Mittagessen war, ohne etwas anderes zu mir zu nehmen als schwarzen Kaffee.«
    Es folgten 1838/39 neben weiteren der erste Teil von
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