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Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Titel: Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten
Autoren: Lori Handeland
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hatte, und ich wollte sie auch besitzen. Ich würde alles geben, um die Hexe davon abzuhalten, den Mann, den ich liebte, zu verletzen.
    Ian schrie vor Schmerzen; ein Fauchen drang aus meinem Mund. Wilder Zorn, der Wille, meinen Gefährten zu beschützen, explodierte in meinem Innersten. Ich öffnete die Augen.
    Die Rabenspötterin kauerte vor mir – ein riesenhafter Vogel, mit einer Flügelspannweite, die sich von einer Wand zur anderen erstreckte; in seinem schwarzen Antlitz rot glimmende Augen und ein Schnabel. Sein Schrei ließ den Berg erzittern. Die Kreatur besaß keinerlei Ähnlichkeit mit Quatie – nicht, dass eine Ähnlichkeit mich davon abgehalten hätte zu tun, was ich tun musste.
    „Stirb“, befahl ich mit einer Stimme, die halb Frau und halb Wildkatze war.
    Funken sprühten aus den Flügeln; über uns zuckte ein Blitz, der seinen himmlischen Glanz in einer Lichtsäule, die von den Wolken bis zur Erde reichte, zu verströmen schien; Donner krachte, erst laut, dann immer leiser, bis er vom Prasseln des Regens verschluckt wurde.
    Die Rabenspötterin kreischte ein letztes Mal, bevor sie zusammenbrach und der Schmerz in meiner Brust nachließ.
    Ian kämpfte sich in eine sitzende Position hoch. Ich rutschte zu ihm, legte den Arm um ihn, und wir beobachteten gemeinsam, wie der Rabe zu Adsila wurde, deren Gesicht nacheinander die Züge jedes ihrer Opfer annahm, zum Schluss das von Katrine. Ich fragte mich, ob wir ihre Leiche je finden würden.
    Zuletzt wurde sie wieder zu Quatie, und ich durchlebte einen Moment der Trauer um die Frau, die sie einst gewesen war; dann zerfiel sie langsam zu Staub, den die letzten Nachwehen des Sturms davontrugen.
    „Du hast es vollbracht“, flüsterte Ian. Ich sah ihn an, und er streichelte mit den Fingerspitzen über meine Wangenknochen, sein Gesicht voller Staunen. „Du besitzt die Kraft eines Panthers.“
    Ich fühlte mich nicht anders als zuvor, wenngleich ich, als ich durch die offene Tür spähte, sehr viel weiter sehen konnte, als in der totalen Finsternis unter einem wolkenverhangenen Himmel normal war. Ich hörte kleine, pelzige Tierchen in den Büschen rascheln; ich konnte sie auch riechen, und mein Magen meldete sich grummelnd. Ich musste mich beherrschen, nicht in die Dunkelheit hinauszustürzen und Jagd auf diese leckeren Kreaturen zu machen.
    „Wie verwandele ich mich zurück?“, fragte ich, ein wenig fassungslos über mein Verlangen, zu jagen und zu töten.
    „Schließ die Augen und sag ‚ Ahnigi’a ‘.“
    „Was heißt das?“
    „Zieh dich zurück.“
    Ich tat es, und als ich die Augen wieder öffnete, konnte ich nicht weiter als bis zur Türschwelle sehen und hörte kaum mehr als das Brausen des Windes.
    „Du warst fantastisch“, stellte Ian fest, dann küsste er mich.
    Leidenschaftlich erwiderte ich seinen Kuss. Um ein Haar hätte ich ihn verloren. Verdammt, um ein Haar hätte ich mich verloren. Die Erinnerung an das, was ich getan hatte, machte mich zittrig, gleichzeitig fühlte ich mich aber auch stärker, besser, mehr wie ich selbst als je zuvor.
    „Autsch.“ Ian betastete seinen verletzten Mund.
    „Tut mir leid.“
    „Ich habe dich geküsst. Ich dachte, wir wären tot, Grace.“
    „Das dachten wir beide.“
    „Was war anders? Als du die Beschwörungsformel das erste Mal sagtest, ist nichts passiert.“
    Ich sah weg, unsicher, ob ich ihm offenbaren sollte, was ich wusste. Dass er mein Seelengefährte war, meine Zukunft, mein ein und alles. Ich glaubte nicht, dass ich es überleben würde, wenn auch er mich verließe. Nicht nach dieser Erfahrung.
    „Ich erinnerte mich an meine Urgroßmutter, daran, wie sie mich beschützt hat und … “ Verunsichert brach ich ab.
    „Du hast es ihr nachgetan.“
    Ich zuckte die Achseln. „Ja.“
    „Du hast nicht nur dich beschützt, sondern auch mich.“
    „Das ist mein Job.“
    „War es nur das?“, fragte er. „Dein Job?“
    Ich zögerte; ich hatte noch immer Angst, ihm mein Herz zu öffnen, Angst, dass es wieder verletzt würde, dieses Mal unheilbar. Seine Arbeit war gefährlich; es war nur eine Frage der Zeit, bis irgendein böses Geschöpf ihn erwischen würde. Ich glaubte nicht, dass ich das überstehen könnte.
    „Wir sollten uns auf den Rückweg machen.“ Ich mied seinen Blick. „Vermutlich hat Claire inzwischen die Marines verständigt.“
    Wuff .
    Ich guckte zur Tür. Na toll. Der Botenwolf war zurück.
    „Was ist los?“ Ian folgte meinem Blick.
    Ich wusste es nicht. Die Hexe war tot;
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