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Wolfspfade 6

Wolfspfade 6

Titel: Wolfspfade 6
Autoren: Lori Handeland
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kannst du dir sicher sein, dass deine DNA anders ist?“
    „Wenn ich Menschen beiße, werden sie wie ich.“
    Mir kam ein grauenvoller Gedanke. Wenn die Lykanthropie ein Virus war, das durch Körperflüssigkeiten übertragen wurde … Nun, ich hatte jede Menge Körperflüssigkeiten mit John Rodolfo ausgetauscht.
    Meine Befürchtung musste mir ins Gesicht geschrieben gewesen sein. Ich war noch nie gut darin, meine Gedanken zu verbergen. „Nur durch einen Biss in Wolfsgestalt, chica . Es gibt keine andere Möglichkeit.“ Er schaute mich eine endlos lange Minute an, bevor er flüsterte: „Du denkst doch nicht, dass ich dich zu meinesgleichen machen würde.“
    „Nein. Natürlich nicht.“
    Aber was, wenn er nicht mehr allein sein wollte? Was, wenn er sich nach jemandem sehnte, mit dem er die Ewigkeit verbringen konnte? Was würde ich ihm antworten, wenn er mich darum bäte?
    Ich würde Nein sagen. Denn wenn John mich beißen würde, würde ich nicht wie er werden, sondern wie Henri. Und obwohl ich den Mann nicht kennengelernt hatte, zumindest nicht wirklich, hatte ich genug über ihn gehört, um zu wissen, dass ich lieber tot als ein Werwolf wie er sein wollte.
    „Wo ist deine Sonnenbrille, Johnny?“, fragte King.
    John klopfte auf seine Hemdtasche und zog sie heraus.
    „Du musst sie weiterhin tragen. Die Leute könnten ein bisschen merkwürdig auf deine plötzliche Sehfähigkeit reagieren.“
    John schob die Brille vor seine Augen und wandte sich ab.
    „Wir müssen reden“, fuhr King fort.
    „Du bist einer von Edwards Männern. Du hast den Befehl, mich zu töten, falls ich anfange, die Gäste zu verspeisen.“
    „Johnny“, sagte King sanft, und John drehte sich seufzend zu ihm um. „Ich möchte dir helfen. Daran hat sich nichts geändert.“
    „Warum solltest du das tun wollen?“
    Verwirrung machte sich auf Kings Gesicht breit. „Weil ich es kann?“
    „Ich war der Besitzer deiner Großmutter. Verflucht, ich tat eine Menge mehr, als sie nur zu besitzen. Auch wenn es mich inzwischen krank macht, ändert das nichts an der Wahrheit.“
    „Das warst nicht du.“ King legte eine Hand auf Johns Schulter. „Daran glaube ich, und du solltest das auch tun.“
    „Wenn es nicht ich war, warum erinnere ich mich dann, als wäre es gestern gewesen? Ich muss noch nicht mal schlafen, um ihr Gesicht zu sehen. Um ihrer aller Gesichter zu sehen.“
    „John“, wagte ich einen Vorstoß, aber er ließ mich nicht zu Wort kommen.
    „Nicht, Anne. Von allen Menschen auf dieser Welt solltest gerade du nicht …“ Seine Stimme brach.
    Besorgt schaute ich zu King, aber der beachtete mich nicht. „Im Voodoo geht es um die Balance. Zwischen Gut und Böse. Glück und Unglück. Leben und Tod. Du wolltest wissen, warum ich dir helfe? Das ist der Grund. Du hast viel Böses verbrochen; Zeit, etwas Gutes zu tun. Doch das kannst du nur, wenn du geheilt wirst. Ich habe deine Qual gesehen. Du hast deine Schuld bezahlt.“
    „Das kann ich niemals. Sie ist zu groß.“
    „Du warst vom Bösen besessen“, erwiderte King leise.
    „Ich war schon davor böse.“
    „Der einzige Weg zu sühnen, besteht darin, anderen zu helfen. Jemanden zu lieben. Leben zu schenken, anstatt Tod zu bringen.“
    Mein Herzschlag beschleunigte sich. Falls John geheilt würde, wäre er ein normaler Mann. Was würde das für mich bedeuten? Doch ich wagte nicht zu hoffen.
    King nahm Johns Hand, drehte sie um und presste seinen Daumen auf die weiße Narbe, die das Handgelenk überzog. „Dein Tod würde nicht eine gottverdammte Sache ändern.“
    „Es gibt Menschen, die froh darüber wären.“
    „Zur Hölle mit ihnen! Sie müssen endlich vergeben.“
    John hob den Kopf. „Hast du mir vergeben?“
    „ Mich hast du nicht besessen, Johnny.“
    „Das spielt keine Rolle.“
    „Mag sein. Aber ich ebne mir meinen Weg in den Himmel, indem ich dir deine unglaublich gigantischen Scheißtaten vergebe.“
    „Danke“, flüsterte John.
    Es trat Stille ein, die wie ein Gewicht auf uns lastete, bis King weitersprach. „Wenn ich dir vergeben kann, kann sie es auch.“
    John erstarrte. Ich ebenso.
    „Wer sie?“, fragte ich schließlich.
    Die beiden Männer gingen nicht auf mich ein.
    „Nein“, widersprach John. „Das wird sie nicht.“
    „Sag es ihr“, forderte King ihn auf.
    „Sag ihr was?“, wollte ich wissen.
    Wir drei waren völlig auf unser Gespräch konzentriert, deshalb bemerkte keiner von uns, dass jemand zur Hintertür hereingekommen war, bis ein
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