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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale
Autoren: Ian Rankin
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Schotte, der Jock?« Die Stimme klang interessiert, aber ansonsten ziemlich
gefühllos. Rebus schwieg. LMAA. »Yeah, dacht ich mir. Haben den Fall wohl schon gelöst, was?« Das
Grinsen, das diese Frage begleitete, bestand zu drei Vierteln aus Spott und zu einem Viertel aus
Groll. »Wir brauchen keine Hilfe.«
»Ah«, sagte George Flight, »wie ich sehe, haben Sie DC Lamb bereits kennen gelernt. Ich wollte
Sie gerade vorstellen.«
»Sehr erfreut«, sagte Rebus und starrte mit steinerner Miene auf die gepunkteten Linien, die die
Pickel auf Lambs Stirn bildeten. Lamb! Kein Nachname in der Geschichte der Menschheit, so kam es
Rebus vor, war je weniger verdient, weniger zutreffend gewesen. Am Obduktionstisch räusperte Dr.
Cousins sich geräuschvoll.
»Meine Herren«, sagte er in den Raum hinein. Das sollte eigentlich nur heißen, dass er mit der
Arbeit beginnen wollte. Im Raum breitete sich wieder Schweigen aus. Ein an der Decke befestigtes
Mikrofon hing knapp einen Meter über dem Tisch. Cousins wandte sich an den Assistenten. »Ist das
Ding eingeschaltet?« Der Mann nickte diensteifrig, während er mit lautem Klappern eine Reihe
metallischer Instrumente auf einem Tablett anordnete.
Rebus kannte die Instrumente, hatte sie alle schon in Aktion erlebt. Die Messer, Sägen und
Bohrer. Einige von ihnen waren elektrisch, andere werden mit menschlicher Kraft bewegt. Die
Geräusche, die die elektrischen Geräte machten, waren fürchterlich, aber zumindest war die Sache
schnell vorbei; die manuellen Werkzeuge machten ebenso scheußliche Geräusche, die außerdem kein
Ende zu nehmen schienen. Es würde jedoch noch ein bisschen dauern, bis der Horror losging. Als
Erstes kam die langsame und sorgfältige Prozedur, mit der die Kleidung entfernt und für das Labor
in Plastiktüten verpackt wurde.
Während Rebus und die anderen zusahen, knipsten die beiden Fotografen munter drauflos, der eine
in Schwarzweiß und der andere in Farbe, um jeden einzelnen Schritt für die Nachwelt festzuhalten.
Der Videomann hatte allerdings aufgegeben, weil seine Kamera mittlerweile durch eines der
billigen Bänder hoffnungslos blockiert war. Oder zumindest war das die Geschichte, die ihm die
Anwesenheit in der Pathologie ersparte.
Schließlich war die Leiche nackt, und Cousins zeigte auf ein paar Stellen, von denen Nahaufnahmen
gemacht werden sollten. Dann rückten die Kriminaltechniker wieder an, mit noch mehr Klebeband
bewaffnet. Nun, wo die Leiche unbekleidet war, musste noch einmal die gleiche Prozedur
durchgeführt werden wie auf dem Treidelpfad. Nicht umsonst nannte man diese Leute auch die
Tesa-Männer.
Cousins schlenderte zu der Stelle hinüber, wo Rebus, Flight und Lamb zusammenstanden.
»Für eine Tasse Tee könnte ich einen Mord begehen, George.«
»Ich seh mal, was ich tun kann. Was ist mit Isobel?«
Cousins drehte sich zu Isobel Penny um, die dort stand und trotz der unzähligen Fotoaufnahmen
eine weitere Zeichnung von der Leiche anfertigte. »Penny«, rief er, »magst du ein Tässchen?« Ihre
Augen öffneten sich ein wenig, und sie nickte begeistert.
»In Ordnung«, sagte Flight und steuerte auf die Tür zu. Rebus hatte den Eindruck, dass der Mann
erleichtert war, rauszukommen, und sei's auch nur vorübergehend.
»Unangenehmer kleiner Kerl«, bemerkte Cousins. Rebus fragte sich einen Augenblick lang, ob er
George Flight meinte, doch dann wies Cousins mit einer lockeren Handbewegung Richtung Leiche. »So
etwas immer mal wieder zu machen, ohne Motiv, bloß aus einem Bedürfnis nach... nun ja, Spaß,
nehme ich an.«
»Es gibt immer ein Motiv«, sagte Rebus. »Sie haben es gerade selber genannt. Spaß, das ist sein
Motiv. Aber die Art und Weise, wie er tötet, was er tut. Da muss noch ein anderes Motiv dahinter
stecken. Wir können es bloß noch nicht erkennen.«
Cousins starrte ihn an. Rebus konnte ein wohlwollendes Aufleuchten in seinen tiefgründigen Augen
erkennen. »Na schön, Inspector, hoffen wir bloß, dass irgendwer bald herausfindet, was es ist.
Vier Morde in drei Monaten. Der Mann funktioniert so regelmäßig wie der Mond.«
Rebus lächelte. »Aber wir wissen doch alle, dass Werwölfe vom Mond beeinflusst werden, oder etwa
nicht?«
Cousins lachte. Es war ein tiefes und volles Lachen, das in dieser Umgebung merkwürdig fehl am
Platz klang. Lamb lachte nicht, er verzog nicht mal eine Miene. Er schien dem Gespräch kaum zu
folgen, und das gefiel Rebus. Doch man musste vor Lamb auf der Hut
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